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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Herz, meinen Cholesterinspiegel und all die Blumen und Hündchen und kleinen Kinderchen waren. Das stand auf der Packung.
    Nach einiger Zeit wandte sich der gefallene Engel wieder an mich, und seine leisen Worte trieften vor bitterem Gift. „Sie hat einen freien Willen. Sie hat die Wahl. So ist sie.“
    „Nein. Es kommt darauf an, was sie tut“, sagte ich ruhig. „Sie könnte sich auch entscheiden, sich erneut zu ändern. Sie könnte sich wieder dafür entscheiden, schwarze Magie zu praktizieren.“ Ich biss von meinem belegten Brot ab. „Oder sie kann diese Wahl ignorieren. So tun, als existiere sie überhaupt nicht. Oder so tun, als hätte sie keine Wahl, obwohl sie sie in Wirklichkeit hat. Das ist auch eine Art, eine Entscheidung zu fällen.“
    Lasciel sah mich sehr scharf an. Die Schatten in ihrem Gesicht wurden tiefer, als wäre es in der Wohnung dunkler geworden. „Wir sprechen nicht über mich.“
    Ich nippte Cola und sagte milde: „Ich weiß, wir reden über Molly.“
    „Genau“, sagte sie. „Ich habe eine Aufgabe. Einen Auftrag. Daran hat sich nichts geändert.“ Sie wandte sich von mir ab, und die Schatten um sie wurden immer düsterer. Ihre Gestalt verschwamm förmlich mit der Dunkelheit. „Ich ändere mich nie.“
    „Apropos“, fiel ich ihr ins Wort. „Eine Freundin hat mich darauf hingewiesen, dass ich in den letzten Jahren eventuell ein Problem mit Wutausbrüchen entwickelt habe. Vielleicht wurde das ja … von Gott weiß was beeinflusst.“
    Der Schatten des gefallenen Engels wandte den Kopf in meine Richtung. Das konnte ich nur ausmachen, weil ihr liebliches Profil eine Spur heller war als die schwarzen Schatten um sie herum.
    „Ich dachte, du weißt da unter Umständen etwas“, fuhr ich fort. „Raus mit der Sprache.“
    „Wie gesagt, mein Gastgeber“, antwortete der Schatten. „Man kann sich einfacher mit dir unterhalten, wenn du schläfst.“
    Das ließ mir in diesem Zusammenhang eisige Schauer über den Rücken laufen. Jeder von uns besaß einen Teil, den er im Zaum halten musste. Es war dieses winzige Verlangen, in großer Höhe über die Absperrung zu springen, wenn man von einem Wolkenkratzer in die Tiefe blickte. Es war das unwillkürliche Aufflackern von Zorn, wenn jemand einem die Vorfahrt nahm, wenn man den Vollidioten am liebsten einfach überfahren wollte. Es war der Schreck, der einen überkam, wenn jemand einen in der Nacht überraschte, wenn der Körper, der auf Flucht oder Kampf getrimmt war, nervös zu zittern begann. Ich war kein Psychofritze. Ob man es Hinterstübchen, Unterbewusstsein oder wie auch immer nannte – es war da, und es war real.
    Mein geheimer Teil hatte selbst vor Lasciels Erscheinen viel Schwarz getragen.
    Wie gesagt. Kalte Schauer.
    Wie auf ein Stichwort wandte sich der gefallene Engel zum Gehen, wahrscheinlich, weil er mir so vortrefflich gruselige letzte Worte um die Ohren gehauen hatte.
    Ich streckte die Hand und damit auch meinen Willen aus und hinderte sie mit einer einfachen Willensanstrengung am Gehen. Schließlich existierte Lasciel nur in meinen Gedanken. „Mein Kopf“, belehrte ich sie. „Meine Regeln. Wie sind noch nicht fertig.“
    Sie drehte sich um, um mir ins Gesicht zu sehen, und in ihren Augen funkelten plötzlich orange, gelbliche und dunkelrote Funken von Höllenfeuer. Es war das Einzige an ihr, das nicht schwarz war.
    „Sieh mal, es ist so“, sagte ich. „Mein böser innerer Zwilling mag viele Begierden hegen, denen ich besser nicht nachgebe – aber er ist kein Fremder. Er ist ich.“
    „Ja. Das ist er. Voller Wut. Voller Machtgeilheit. Voller Hass.“ Sie lächelte, und ihre Zähne waren weiß und ganz schön spitz. „Er belügt sich nur nicht im selben Ausmaß selbst.“
    „Ich belüge mich nicht“, widersprach ich. „Wut ist einfach nur Wut. Sie ist nicht gut. Sie ist nicht schlecht. Sie ist nur da. Was man damit tut, darauf kommt es an. Es ist wie mit allem anderen auch. Man kann damit etwas erschaffen oder zerstören. Man muss nur die richtige Wahl treffen.“
    „Konstruktive Wut?“, fragte der Dämon, und seine Stimme troff vor Sarkasmus.
    „Man kennt das auch unter dem Begriff Leidenschaft“, erklärte ich leise. „Leidenschaft hat schon Despoten gestürzt, Gefangene und Sklaven befreit. Leidenschaft hat Freiheit geschaffen, wo zuvor nur Angst herrschte. Leidenschaft hat Seelen geholfen, sich über die Asche ihrer furchtbaren Leben zu erheben und zu etwas Besserem, Schönerem, Stärkerem zu

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