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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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George-Orwell-förmigen Vitamintabletten mit meiner Schüssel Großer-Bruder-Frühstücksflocken einzunehmen. Ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie sich mit mir eine Weile wie mit einem normalen menschlichen Wesen unterhalten würden.“
    Sie betrachtete mich ein wenig misstrauisch. Viele Leute reagierten so auf meine Witze. „Warum sollte ich?“
    „Weil ich Ihnen helfen will.“
    „Das müssen Sie ja sagen“, sagte sie. „Woher weiß ich, dass Sie es auch so meinen?“
    „Miss Ash“, warf Murphy leise ein, „er meint es so. Wir sind hier, um zu helfen, wenn wir können.“
    Anna kaute eine Weile an ihrer Unterlippe herum, ließ ihren Blick zwischen uns schweifen und blickte dann zurück in den Raum hinter sich. Schließlich wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder mir zu und meinte: „Das Äußere täuscht häufig. Ich kann einfach nicht sagen, ob Sie wirklich der – oder das – sind, der Sie zu sein vorgeben. Im Zweifelsfall bin ich lieber zu vorsichtig.“
    „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“, stimmte ich zu. „Aber Sie sind schon hart an der Grenze zur Paranoia, Miss Ash.“
    Sie begann, die Tür zu schließen. „Das ist mein Zuhause, und ich lade Sie nicht nach drinnen ein.“
    „Formidabel“, grinste ich und trat über die Schwelle in die Wohnung, wobei ich sie sanft zur Seite rempelte, bevor sie die Tür schließen konnte.
    Als ich das tat, fühlte ich den Druck ihrer Schwelle, eine Aura schützender magischer Energien, die ein wahres Heim umgaben. Die Schwelle bot einen kaum spürbaren Widerstand, als meine eigene Aura der Macht dagegen prallte – und sie nicht überschreiten konnte. Wenn Anna, die Besitzerin der Wohnung, mich hereingebeten hätte, hätte sich die Schwelle wie ein Vorhang geteilt. Das hatte sie aber nicht getan, und so musste ich nun, wenn ich herein kommen wollte, einen beträchtlichen Teil meiner magischen Macht draußen vor der Tür zurücklassen. Wenn ich drinnen hätte zaubern wollen, wäre ich gleichsam verkrüppelt, ja praktisch völlig machtlos gewesen.
    Ich drehte mich um und sah, dass Anna mich völlig entgeistert anstarrte. Sie war sich ganz klar dessen bewusst, was ich gerade getan hatte.
    „So“, sagte ich zu ihr. „Wenn ich aus der Geisterwelt käme, hätte ich Ihre Schwelle nicht überschreiten können. Wenn ich vorgehabt hätte, hier drinnen jemandem Leid zuzufügen, hätte ich mich dann selbst entwaffnet? Sterne und Steine, wäre ich hier mit einem Bullen als Zeugen aufgekreuzt, der mich beobachtet?“
    Murphy verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und trat auf dieselbe Weise ein.
    „Ich …“, stammelte Anna verdattert. „Wie … woher haben Sie gewusst, dass Ihnen das Schutzzeichen nicht einfach um die Ohren fliegt?“
    „Reine Schlussfolgerung“, erklärte ich. „Sie sind eine vorsichtige Person, und in diesem Gebäude befinden sich Kinder. Ich glaube nicht, dass Sie je etwas zusammenbasteln würden, das in die Luft geht, sobald jemand durch diese Tür da kommt.“
    Sie atmete tief ein und nickte dann. „Ihnen hätte ganz und gar nicht gefallen, was geschehen wäre, wenn Sie versucht hätten, sich mit Gewalt Zutritt zu verschaffen.“
    „Das glaube ich Ihnen aufs Wort“, versicherte ich ihr, und genau so war es auch. „Miss Ash, ich bin weder hier, um irgendjemanden zu bedrohen noch um Ihnen Leid zuzufügen. Ich kann Sie nicht zwingen, mit mir zu reden. Wenn Sie wünschen, dass ich verschwinde, werde ich gehen“, versprach ich. „Aber im Interesse Ihrer eigenen Sicherheit bitte ich Sie, zuerst mit mir zu sprechen. Ein paar Minuten. Mehr will ich nicht.“
    „Anna?“, erklang Abbys Stimme. „Ich denke, du solltest dir anhören, was sie zu sagen haben.“
    „Ja“, pflichtete die tiefe, leise Stimme einer weiteren Frau bei. „Ich stimme zu, und ich kenne ihn ein wenig. Wenn er dir sein Wort gibt, hält er es.“
    Wenn ich mich recht erinnerte, hatte ich Helen Beckitts Stimme noch nie zuvor gehört, wenn man Gestöhne nicht mitzählte. Aber diese ruhige Bestimmtheit und der Mangel jeglicher Betonung passten ausgezeichnet zu ihren quasi leblosen Augen.
    Ich wechselte einen unbehaglichen Blick mit Murphy und sah dann wieder Anna an.
    „Miss Ash?“, fragte ich sie.
    „Geben Sie mir Ihr Wort. Schwören Sie es bei Ihrer Macht.“
    Das war schwerwiegend, zumindest für Magier meiner Gewichtsklasse. In Versprechen lag Macht. Wenn man auf das eigene magische Talent schwor, brach man diesen Eid nicht leichtfertig – das kostete magische

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