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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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sicher, dass das der Fall sein würde.
    Höchstwahrscheinlich hätte ich mein Blut benutzen können, um Thomas aufzustöbern. Aber genauso gut konnte ich auch mein Drudenfußamulett verwenden. Meine Mutter hatte mir eines geschenkt, das ich aus Gewohnheit ständig trug, und sie hatte auch Thomas eines gegeben. Ich wusste, dass er seines ebenso gewohnheitsmäßig trug wie ich, und es baumelte auch jetzt sicher um seinen Hals.
    Also wirkte ich den Zauber, befestigte das Amulett am Rückspiegel des Käfers und stürzte mich in den Verkehr Chicagos. Ich schielte immer wieder aus dem Augenwinkel zu dem Amulett hinüber, das sich in eine bestimmte Richtung neigte, als würde es von einem Magneten in Richtung von Thomas ’ Gegenstück gezogen. Das war jetzt vielleicht nicht die optimalste Art, etwas aufzustöbern, vor allem, da dem Zauber alltägliche Dinge wie Straßenverlauf und Verkehrsfluss vollkommen schnuppe waren, aber ich hatte auf diese Weise schon oft Sachen gesucht, und so steuerte ich den Käfer zielsicher durch das Labyrinth der Gebäude und Einbahnstraßen, die unsere schöne Stadt ausmachten.
    Elaine beobachtete mich die ganze Zeit über stumm. Ich wusste, sie zermarterte sich das Hirn, welchen Ankerpunkt ich wohl verwendete, um unseren mutmaßlichen Entführer/Mörder anzupeilen. Sie drängte mich aber nicht. Sie saß einfach nur da und vertraute mir. Oder so.
    Als ich den Wagen endlich abgestellt hatte, nahm ich das Amulett mit und beäugte finster die Kette, da sie weiter beständig Richtung Osten wies. In Richtung der Piers von Burnham Harbor, die sich von hier in den Michigansee erstreckten. Man hatte einen eigenen Ankerplatz am Seeufer angelegt, wo eine ganze Reihe angedockter Handelsschiffe, Rundfahrtsboote und Yachten schaukelte.
    „Boote“, murmelte ich. „Warum müssen es immer Boote sein?“
    „Was ist an Booten verkehrt?“, fragte Elaine.
    „Ich habe keine guten Erfahrungen mit Booten“, sagte ich. „Wenn man es so betrachtet, wage ich sogar zu sagen, dass der See und ich auf Kriegsfuß stehen.“
    „Es stinkt ja auch nach totem Fisch und Motoröl“, bemerkte Elaine.
    „Du hast mein Rasierwasser noch nie gemocht.“ Ich nahm meinen Stab aus dem Wagen. „Du solltest dir auch einen großen Stock zulegen!“
    Elaine schenkte mir ein Lächeln und zog eine schwere Kette aus der Handtasche. Sie hielt beide Enden mit einer Hand fest und ließ die restlichen, massiven Metallglieder in einer doppelten Bahn von über einem halben Meter Länge herabhängen. Auf jedem einzigen Glied glitzerten Kupferziselierungen, die sich wie ein sinnlicher Text über das Metall wanden. „Du bist ein Traditionsfetischist, Großer. Du solltest lernen, etwas anpassungsfähiger zu sein.“
    „Achtung! Wenn du mir jetzt noch erzählst, dass du dort drin Handschellen und ein magisches Lasso hast, garantiere ich nicht, dass ich nicht die Kontrolle über meinen Sexualtrieb verliere.“
    Elaine schnaubte. „Man kann nichts verlieren, was man nie besaß.“ Sie sah zu mir auf. „Aber mir gefällt dein neuer Schild.“
    „Sexy, nicht?“
    „Komplex“, erwiderte sie. „Ausgewogen. Stark. Eine schwierige Arbeit. Bin nicht sicher, ob ich einen ähnlichen Fokus hätte herstellen können. Dafür war Talent notwendig, Harry.“
    Ich spürte, wie ich errötete. Dieses Kompliment bereitete mir eine widersinnige Freude. „Na ja. Er ist nicht perfekt. Er schluckt viel mehr Saft als der alte Schild. Aber ich ziehe es vor, schneller schlapp zu machen als schneller zu sterben.“
    „Klingt vernünftig“, sagte sie und musterte die Docks mit zusammengekniffenen Augen. „Weißt du, welches Boot es ist?“
    „Noch nicht. Aber der Spruch wäre längst geerdet worden, läge es weiter als zwei- bis dreihundert Meter auf dem Wasser. Also muss es sich um eines an den Docks handeln.“
    Elaine nickte. „Willst du vorgehen?“
    „Ja. Wir sollten es eigentlich schnell finden. Am besten, du bleibst fünf Meter hinter mir.“
    Elaine verzog das Gesicht. „Weshalb?“
    „Wenn wir näher zusammenbleiben, präsentieren wir einfach ein zu gutes Ziel. Jemand könnte uns mit einer Maschinengewehrsalve gleichzeitig erledigen.“
    Sie erbleichte ein wenig. „Ich dachte eigentlich, du traust ihm.“
    „Das tue ich auch“, sagte ich. „Aber ich weiß nicht, wer noch bei ihm ist.“
    „Das hast du doch nicht etwa bei der Arbeit auf die harte Tour gelernt? Maschinengewehre?“
    Ich spürte, wie sich meine linke Hand verkrampfte.

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