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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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als Ortsansässige durchgehen?“
    „Jemand, der sich keine Sorgen um Einreiseformalitäten, den Zoll, die Grenzpatrouillen, die Bullen oder sonstige Zeugen machen muss“, mutmaßte ich. „Jemand hat sie aus dem Niemalsland direkt hierher gebracht, wo sie auch immer ursprünglich herstammen.“ Ich warf Ramirez einen Blick über die Schulter zu. „Wie, glaubst du, wären die sonst an unseren Wachposten und Spähern vorbeigekommen, um mitten in unserem Lager aufzuschlagen?“
    Ramirez grunzte. „Ich war eigentlich der Meinung, diese Einflugschneisen würden ebenfalls bewacht.“
    „Das Niemalsland ist ein tückischer Ort“, antwortete ich. „Kaum möglich, es je völlig zu verstehen. Da war jemand gerissener als wir.“
    „Vampire?“, fragte Ramirez.
    Ich gab mir Mühe, den Schwarzen Rat mit keinem Sterbenswörtchen zu erwähnen. „Wer könnte es sonst gewesen sein?“
    Ramirez wandte sich auf Spanisch an sie.
    „Mensch“, sagt Meyers gedehnt. „Glaubst du, das hätte ich noch nicht versucht?“
    „He“, rief ich. Ich trat näher an den unversehrten Ghul heran und stieß ihn mit einem Fuß an. „Welche Sprache sprecht ihr?“
    Der nicht mehr ganz menschlich aussehende Mann warf mir und dann seinem Gefährten einen nervösen, verzweifelten Blick zu. Dann stieß er hastig einige Worte in einer ölig fließenden Sprache aus. Sein Gefährte brummte eine Erwiderung, die selbst durch seine Schnauze und seine Reißzähne annähernd ähnlich klang.
    Die Sekunden verstrichen, und zwei Kinder befanden sich in den Klauen einer dieser Kreaturen. Ich lenkte meine Gedanken in mein Innerstes, jenen Winkel meiner Gedanken, wo Lasciels Schatten weilten, und fragte: „Hast du das verstanden?“
    Lasciels Antwort ertönte augenblicklich in meinen Gedanken. „Der erste hat den zweiten gefragt, ob er versteht, was wir sagen. Der zweite hat dies verneint. Er ist der Meinung, dass wir gerade entscheiden, wer von uns sie umbringen wird.“
    „Ich muss mit ihnen sprechen“, meinte ich. „Kannst du für mich übersetzen?“
    Einen Herzschlag später fühlte es sich an, als stünde jemand in meiner unmittelbaren Nähe – das fast schon greifbare Gefühl der Gegenwart einer schlanken, femininen Gestalt, die sich an meinen Rücken presste, die Arme lässig um meine Taille gelegt, sanft atmende Lippen direkt neben meinem Ohr. Es war ziemlich seltsam, doch nicht im Mindesten unangenehm. Ich ertappte mich dabei, wie sehr ich es genoss, und erinnerte mich streng daran, welche Gefahr es darstellte, wenn ich dem Dämon derart viel Platz einräumte.
    „Mit deiner Erlaubnis, mein Gastgeber. Du brauchst einfach nur auf Englisch mit ihnen reden“, sagte Lasciel. „Ich werde zwischen deinen Gedanken und deinen Worten übersetzen, und sie werden ihre Zunge von deinen Lippen vernehmen.“
    Die Vorstellung von ihrer Zunge und meinen Lippen hatte ich so was von gebraucht ...
    Lasciel stieß ein vergnügtes Lachen aus, das durch meine Gedanken hallte, und ich grinste verhalten, als ich mich an den Ghul wandte. „Na schön, Arschloch. Mir fehlen zwei Kinder, und deine einzige Chance, das hier zu überleben, besteht darin, dass ich sie lebendig wiederbekomme. Verstehst du?“
    Beide Ghule sahen verblüfft zu mir auf. Die Verwirrung war selbst auf dem Gesicht des nicht länger menschlichen Ghuls klar abzulesen. Die Reaktion Ramirez’ und Meyers’ war ähnlich.
    „Verstehst du mich?“, knurrte ich leise.
    „Ja“, stotterte der verletzte Ghul anscheinend auf Englisch.
    Ramirez ’ buschige, dunkle Augenbrauen gaben ihr bestes, unter die Krempe seines Safarihutes hochzuklettern.
    Ich musste mir einbläuen, dass das alles andere als cool war. Ich benutzte ein brandgefährliches Werkzeug, das sich eines Tages gegen mich wenden konnte. Egal, wie gerissen und pfiffig ich jetzt vor den anderen Wächtern dastand.
    „Kinder, Harry“, sagte ich mir. „Konzentrier dich auf die Kinder!“
    „Warum habt ihr diese Kinder entführt?“, wollte ich von dem Ghul wissen.
    „Sie müssen Murzheks Position zu nahe gekommen sein“, antwortete der menschenähnlichere der beiden Gefangenen. „Wir sind nicht gekommen, um Geiseln zu nehmen. Das war ein Überfall. Wir sollten euch angreifen und dann verschwinden.“
    „Wohin?“
    Die Ghule erstarrten und warfen einander Blicke zu.
    Ich holte mit einem meiner in Wanderschuhen steckenden Füße aus und trat dem menschenähnlicheren Ghul in die Fresse. Er stieß ein schrilles Winseln aus – kein

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