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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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wütendes oder schmerzerfülltes Knurren, viel eher den Laut, den ein Hund von sich gibt, wenn er seine Unterwürfigkeit einem Angreifer gegenüber andeutete.
    „Wohin?“, fauchte ich.
    „Unser Leben“, zischelte der verwundete Ghul. „Versprich uns unser Leben und unsere Freiheit, Einzigartiger. Gib uns dein Wort der Aufrichtigkeit!“
    „Ihr habt eure Freiheit in dem Augenblick verwirkt, in dem ihr unser Blut vergossen habt“, knurrte ich. „Doch wenn ich die Kinder zurückbekomme, behaltet ihr euer Leben. Mein Wort darauf.“
    Die Ghule wechselten erneut Blicke, und der menschlichere der beiden sagte: „Die tiefen Höhlen oberhalb dieser Ansiedlung. Das erste tiefe Loch abseits des Sonnenlichtes. Im Fels ganz in der Nähe befindet sich ein Eingang ins Reich der Schatten.“
    Ich schickte meiner Übersetzerin einen Gedanken. „Meint er das Niemalsland?“
    „Ein Teilgebiet davon, ja, mein Gastgeber.“
    „Bleibt hier“, befahl ich ihnen. „Rührt euch nicht. Versucht nicht, zu entkommen. Beim ersten Anzeichen von Unbotmäßigkeit oder Verrat werdet ihr sterben.“
    „Einzigartiger“, winselten beide und pressten ihre Gesichter in den grauen Staub und den sandigen Felsboden darunter. „Einzigartiger!“
    „Man hat sie in die Mine verschleppt“, unterrichtete ich Ramirez. „Wir gehen hin.“ Ich wandte mich an den anderen Wächter. „Meyers, sie haben sich ergeben. Lass sie keine Sekunde aus den Augen. Wenn die auch nur seltsam zucken, bring sie um. Lass’ sie ansonsten in Frieden.“
    „Geht klar“, bestätigte er. „Lasst mich nur ein paar der Azubis hier reinholen. Dann komme ich mit.“
    „Das sind Azubis“, sagte Ramirez hart. „Du bist der Wächter.“
    Meyers blinzelte ihn an, doch dann atmete er tief aus und nickte. „Gut. Pass auf deinen Arsch auf, ‘los.“
    „Los jetzt“, spornte ich Ramirez an, und wir beide duckten uns unter den Trümmern der Ruine hindurch und rannten zu unserem Zelt. Dort angelten wir unseren Kram – Stäbe, Ramirez’ Silberschwert und grauen Umhang, meinen Revolver, Sprengstock und Staubmantel. Dann hasteten wir so schnell es unsere Kondition zuließ den Hang hinauf.
    Ramirez war zwar wie ein Supermann gebaut, doch war er eher für kurze Sprints und gezielte Kraftanstrengungen veranlagt. Wahrscheinlich stemmte er Gewichte und kam deswegen nicht dazu, dem Laufen genauso viel Zeit zu widmen wie ich. Er schnaufte bereits auf halbem Weg zur Mine wie eine Dampflok und war gute fünfzig Meter hinter mir zurückgefallen, als ich unser Ziel erreicht hatte. Auch meine eigenen Lungen arbeiteten schwer, und ich fühlte, wie sich eine Übelkeit, die sich gewaschen hatte, in meinen Eingeweiden zum Ausbruch sammelte. Meine Beine fühlten sich an, als hätte sie jemand mit Isopropanol übergossen und dann in Brand gesteckt. Doch mir fehlte einfach die Zeit, mich zu erholen.
    Die Ghule waren nicht gekommen, um Gefangene zu nehmen. Dieser war vielleicht gerissen genug, die Kinder am Leben zu lassen, um sie als Geiseln zu verwenden, doch mir war noch kein einziger Ghul über den Weg gelaufen, der eine besondere Leuchte gewesen war, und ich hatte beobachten müssen, dass es ihnen verdammt schwer fiel, ihren Appetit über einen längeren Zeitraum im Zaum zu halten.
    Ich schmetterte das Ende meines Stabes gegen den Fels, bündelte meinen Willen und ließ in diesen noch zur zusätzlichen Verstärkung Höllenfeuer fließen, eine mystische Kraftquelle, die ich durch Lasciels Anwesenheit anzapfen konnte. Durch den ungeschickten Feuerzauber und das ganze Herumgerenne war ich erstaunlich erschöpft und hatte kaum eine andere Wahl, als mich dieser nach Schwefel stinkenden Magie zu bedienen und auf das Beste zu hoffen.
    Die Runen in meinem Stab erwachten glosend zum Leben, und mit einer schwachen Willensanstrengung verstärkte ich diesen Effekt noch weiter, bis das blutrote Glühen sich in einem weiten Kreis um mich ergoss. Der Eingang der Mine war fast vollständig von Büschen überwuchert, und einer der Stützpfeiler nicht einmal drei Meter hinter dem Mineneingang war eingestürzt, was das Bergwerk fast vollständig von der Außenwelt abschnitt. Ich musste mich seitlich hinein quetschen, und sobald ich das Hindernis hinter mir hatte, war außer dem letzten Dämmerlicht vom Eingang her das blutrote Flackern, das aus meinem Stab drang, meine einzige Lichtquelle.
    Da ich wusste, dass Ramirez bald hier sein würde, aber nicht gewillt war, auf ihn zu warten, hastete ich weiter.

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