Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
sagte Murphy in einem Tonfall, den ein aufmerksamer Beobachter als Vorbereitung zu einer handfesten Auseinandersetzung hätte deuten können, und verschränkte ihre Arme. „Sie müssen eine Familie ernähren.“
Rawlins seufzte. „Ja, ja. Bin draußen auf der Straße.“ Er nickte mir zu und ging von dannen. Er hatte sich ziemlich gut davon erholt, dass man ihn in den Fuß geschossen hatte, und hinkte nicht mehr. Gut für ihn. Auch gut für mich. Ich hatte ihn in dieses Schlamassel hineingezogen.
„Abstreiten?“, fragte ich Murphy.
„Wir haben nichts Konkretes“, sagte Murphy, „aber ein paar Leute weiter oben in der Sonderabteilung haben sich äußerst klar ausgedrückt, dass du bei uns eine Persona non grata bist.“
Das tat ein wenig weh, und meine Stimme klang etwas harscher, als ich es eigentlich beabsichtigt hatte. „Oh, klar. Die Art, wie ich der Sonderabteilung bei Dingen weitergeholfen habe, die sie nicht in den Griff bekommen hat, ist auch wirklich unentschuldbar.“
„Ich weiß“, sagte Murphy.
„Da habe ich ja Glück, dass sie mir keine Anzeige wegen überbordender Kompetenz angehängt haben, oder mich einsperren wollen, weil ich die öffentliche Ordnung aufrechterhalte.“
Sie wedelte müde, aber beschwichtigend mit der Hand. „So läuft es immer. Große Organisationen funktionieren nun mal so.“
„Abgesehen davon, dass niemand stirbt, wenn der Golfclub beschließt, jemandem eine lange Nase zu drehen“, giftete ich. „Meist zumindest.“
Murphy funkelte mich an. „Was soll ich tun, Harry? Ich habe jeden Gefallen, den ich irgendwo gut hatte, eingelöst, nur um meinen Scheißjob zu behalten. Es besteht nicht die geringste Chance, dass ich je wieder Befehle erteilen werde, noch viel weniger, dass ich jemals wieder in eine Position komme, wo ich die Abteilung ernsthaft verändern kann.“
Ich biss die Zähne zusammen und spürte, wie ich rot anlief. Sie hatte es nicht gesagt, doch sie hatte ihre Führungsposition und die Hoffnung auf eine strahlende Karrierezukunft verspielt, weil sie mir den Rücken gedeckt hatte. „Murph …“
„Nein“, unterbrach sie mich in einem ruhigeren, gelasseneren Tonfall, als in dieser Situation verständlich gewesen wäre. „Eine Sache möchte ich echt wissen. Ich habe dich aus eigener Tasche bezahlt, wenn die Stadt kein Geld herausrücken wollte. Der Rest der Sonderabteilung wirft alles Geld, das die Jungs entbehren können, in das Sparschwein, damit wir dich bezahlen können, wenn wir dich wirklich brauchen. Willst du, dass ich Spätschicht in einem Burgerschuppen schiebe, um dein Honorar zu begleichen?“
„Herrjemine, Murphy“, seufzte ich. „Es geht nicht ums Geld. Es ging nie um Geld.“
Sie zuckte die Achseln. „Warum jammerst du dann?“
Ich ließ mir das durch den Kopf gehen und sagte: „Du solltest einfach nicht um die ganzen Befindlichkeiten der Emporkömmlinge um dich herum tänzeln müssen, um deinen Job zu erledigen.“
„Nein“, antwortete sie kurz angebunden. „Nicht in einer normalen Welt. Aber falls es dir noch nicht aufgefallen ist, hat diese Welt ganz augenscheinlich eine völlig andere Postleitzahl. Außerdem glaube ich mich zu erinnern, dass du deinen eigenen Vorgesetzten auch das ein oder andere Schnippchen schlagen musstest.“
„Pah“, brummte ich. „ Touché .“
Sie grinste schwach. „Ich weiß, es ist Scheiße, aber es ist alles, was wir haben. Bist du jetzt mit dem Gejammer fertig?“
„Zur Hölle damit“, sagte ich. „An die Arbeit.“
Murphy nickte mit dem Kopf in Richtung der trümmerübersäten Gasse zwischen dem beschädigten Gebäude und seinem Nachbarn, und wir betraten sie, wobei wir immer wieder über herabgestürzte Ziegel und Balken klettern mussten.
Wir waren kaum einen Meter weit gekommen, als mir der scharfe Gestank von Schwefel in die Nase drang, kaum überlagert vom Geruch des ausgeweideten Gebäudes. Es gab nur eine Sache, die so roch.
„Kacke“, brummte ich.
„Dachte mir doch, dass mir der Geruch bekannt vorkommt“, sagte Murphy. „Wie damals in der Festung.“ Sie warf mir einen Blick zu. „Und … zu den anderen Zeiten, wo ich es roch.“
Ich gab vor, ihren Blick nicht zu bemerken. „Ja. Das ist Höllenfeuer“, sagte ich.
„Da ist noch mehr“, flüsterte Murphy leise. „Komm.“
Wir kämpften uns weiter die Gasse entlang, bis wir am Rand des verwüsteten Teils des ausgeweideten Gebäudes vorbeischritten. Eben noch hatte totale Verwüstung geherrscht. Im
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