Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
jedem der kleinen Raketenpäckchen dann noch ein imprägniertes Streichholz beizugeben. Es handelte sich um Goldregen und winzige Böller, Molly und Will hatten sie auf meine Bitte hin an zwanzig verschiedenen Stellen im Wald verteilt, allerdings nicht, ohne mir vorher mit eindeutigen Blicken zu verstehen zu geben, was sie vom Zustand meines Verstandes hielten.
Ich wusste schon, dass diese Feuerwerkskörper nicht als schwere Waffen gelten konnten, dass sie weder jemandem körperlichen Schaden zufügen, noch zur allgemeinen Zerstörung beizutragen vermochten. Das sollten sie auch gar nicht: Sie sollten laut und hell sein und ablenken.
Mehr brauchte ich unter den gegebenen Umständen nämlich nicht.
Auf meinen Pfiff hin schossen Toot-toot und ein halbes Dutzend Mitglieder seiner Garde winzigen Kometen gleich aus dem Nichts herbei, zischten blinkend durch die Schatten der Bäume und verteilten sich auf den niedrigsten Zweigen. Dann flackerten überall kleine Lichter auf, wurden imprägnierte Streichhölzer an wasserdichte Lunten gehalten. Als außerdem eine winzige, schrille Trompete zum Angriff blies, setzte ein Dutzend Feuerwerkskörper einen Goldregen aus brennenden Chemikalien frei, und keine vierzig Meter von mir entfernt sah man mindestens zehn von Binders Männern in ihren grauen Anzügen geduckt durch das Unterholz rennen. Das plötzliche pyrotechnische Schauspiel ließ sie wie angewurzelt stehen bleiben. Unsicher sahen sie sich um, versuchten zu bestimmen, woher Lärm und Licht stammten und als wie bedrohlich dieser Angriff zu werten war.
Perfekt!
Noch während die Dämonen in Menschengestalt ob des plötzlich aufgetauchten grellen, lärmenden Lichts heftig aufkreischten, ließ ich mich auf das rechte Knie sinken und hob meinen Sprengstab. Ich richtete ihn auf den Grauen, der mir am nächsten stand, rammte meinen Willen in den hölzernen Schaft und zischte: „Fuego!“
Klar wäre diese Aktion einfacher gewesen, hätte es nicht geregnet, aber der Sprengstock erwies sich seiner Aufgabe mehr als gewachsen: Gefolgt von einem Schweif aus weißem Dampf zischte ein rotgoldener Flammenspeer durch den Regen, traf meinen anvisierten Gegner an der Flanke, und schon brannte dessen grauer Anzug lichterloh, als sei er statt mit Kunstseide mit Teer gefüttert.
Der Graue schlug laut heulend wie wild um sich. Bald sah man ihn gar nicht mehr, sondern nur noch die Flammen des Feuers, die in einem Umkreis von dreißig Metern alles hell erleuchteten, auch die Gefährten des Brennenden.
Ich hatte mich bäuchlings auf den Boden fallen lassen. Keine Sekunde zu spät: Hinter mir spie der Wald magische Kraft und gewaltsamen Tod aus.
Vollautomatische Gewehre ratterten mit vollem Gedröhne los – das mussten die Raiths sein, bei den Schusswaffen Laras und ihrer Schwestern handelte es sich, wie ich gesehen hatte, um leicht modifizierte Maschinengewehre, bei denen man die Magazine vergrößert hatte. Man musste sich schon das übermenschliche Maß an Stärke, Wahrnehmungskraft und Koordinationsvermögen der Vampirinnen vor Augen halten, um zu verstehen, dass sie sehr wohl in vollem Tempo durch einen dunklen Wald laufen und dabei mit einer Hand eine Waffe abfeuern konnten, die man eigentlich im Liegen und mit dem gesamten Oberkörper gestützt bedient. Ein Mensch schaffte so etwas nicht. Ach ja: Die Raith-Schwestern schossen noch dazu sämtlich mit der linken Hand. Drei der grauen Dämonen gingen im Kugelhagel unter und verwandelten sich in Ektoplasma, jeder von elf, zwölf Schuss getroffen.
Danach waren die Wächter an der Reihe.
Bei Kampfmagie entschied sich ein Magier am ehesten für den Einsatz von Feuer. Das verlangte seinem Willen und Stehvermögen zwar allerhand ab, man konnte so aber am ehesten eine Menge Energie auf einen relativ kleinen Bereich konzentrieren. Noch dazu sorgte Feuer bei Dunkelheit für Licht, was sich für den Magier fast immer als vorteilhaft erwies, und tat weh. Jedes lebende Wesen hat Angst oder doch zumindest einen gesunden Respekt vor Feuer. Ein weiterer zweckdienlicher Aspekt war die reinigende Kraft des Feuers: Wenn man wollte, konnte man mit Feuer dunkle Magie verzehren und vernichten lassen.
Die Wächter nutzten die umherschwirrenden kleinen Feuerbälle des Goldregens und meinen eigenen improvisierten Scheiterhaufen, um ihre Magie sauber und gezielt einzusetzen. Dann ging das richtige Feuerwerk los.
Wenn es darum ging, seine Kräfte zu nutzen, hatte jeder Magier seine Eigenheiten; Kampfmagie
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