Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
nicht in der Lage, Magie einzusetzen. Das gilt auch für den Fluch: Entweder hat sich LaFortier entschieden, ihn nicht einzusetzen oder er war dazu nicht in der Lage. Die Frage ist: weshalb nicht?“
Ich nickte. „Klingt gut. Wie hilft uns das jetzt bei der Suche nach dem Mörder?“
Murphy zuckte die Achseln. „Keine Ahnung.“
So lief Detektivarbeit, meist jedenfalls. Bullen, Privatdetektive und edelmütige Magier wussten kaum je, welche der von ihnen gesammelten Informationen wichtig waren. Das kristallisierte sich meist erst dann heraus, wenn sie schon ziemlich genau kapiert hatten, wie der Hase lief. Man sammelte alles, was einem in die Finger geriet und hoffte, es möge sich irgendwann einmal ein erkennbares Muster abzeichnen.
„Gut beobachtet!“ Ich seufzte. „Aber das bringt uns derzeit nicht weiter. Was haben wir sonst noch?“
Murphy schüttelte den Kopf. „Auf den ersten Blick nichts. Aber darf ich einen Vorschlag machen?“
„Natürlich.“
Sie hielt das Blatt mit den inkriminierenden Bankauskünften hoch. „Geh dem Geld nach.“
„Dem Geld?“
„Zeugen können sich irren oder gekauft sein, Hypothesen und Schlussfolgerungen können einen völlig am Ziel vorbeischießen lassen.“ Sie legte die Seite wieder auf den Couchtisch. „Aber Geld sagt einem immer irgendetwas. Vorausgesetzt, du kannst es finden.“
Ich nahm mir die Seite noch einmal vor. „Eine ausländische Bank, Amsterdam. Kriegst du die soweit, dass sie dir sagen, von wem die Zahlung stammt?“
„Träum weiter“, sagte Murphy. „Auf dem Amtsweg würde ich Tage, Wochen, vielleicht sogar Monate brauchen, um solche Infos aus einer amerikanischen Bank herauszuleiern. Falls ich sie je bekäme. Bei einer ausländischen Bank, die sich auf Verschwiegenheit spezialisiert hat? Da hätte ich ja bei Korblegern gegen Michael Jordan bessere Chancen.“
Ich reckte mich seufzend, holte die Wegwerfkamera aus meiner Tasche und gab sie an Murphy weiter. „Ich habe am Tatort Fotos gemacht, weitere Bilder befinden sich in der Akte. Ich wüsste gern, was dir dazu einfällt.“
Sie nahm mir die Kamera ab. „Gut, ich bringe sie in ein Foto...“
In diesem Moment klingelte mein uraltes Telefon, das noch über eine Wählscheibe verfügte. Ich hob die Hand, um Murphy zu unterbrechen und nahm ab.
„Harry?“ Thomas klang hektisch. „Wir brauchen dich hier. Sofort.“
Ich spürte, wie sich jede einzelne meiner Muskelfasern verspannte. „Was ist los?“
„Beeil dich!“, herrschte mein Bruder mich an. „Ich schaffe die nicht allei...“
Damit wurde die Verbindung unterbrochen.
Mein Gott!
Ich blickte auf. Murphy warf einen Blick auf mein Gesicht und sprang auf, die Autoschlüssel in der Hand, schon halb auf dem Weg zur Tür. „Ärger?“
„Ärger.“
„Wo?“
Ich stand auf und schnappte mir Stab und Sprengstock. „Lagerhäuser hinter dem Deerfield Square.“
„Die kenne ich“, sagte Murphy. „Los!“
18. Kapitel
M it einem Cop Auto zu fahren hatte insofern praktische Vorteile, als man mit Hilfe der coolen Spielsachen, die so ein Mensch in seinem Fahrzeug bei sich führte, echt schneller von links nach rechts kam, selbst während des morgendlichen Berufsverkehrs in Chicago. Kaum war Murphy mit Schwung vom kleinen Parkplatz meines Wohnhauses gefahren – wobei der Wagen leicht abhob –, als sie auch schon ein Blaulicht aufs Autodach knallte und die Sirene einschaltete. Das fand ich ziemlich klasse.
Der Rest war dann nicht mehr ganz so schön. „Schnell“ wurde zum relativen Begriff, wenn man sich durch vollgestopfte Straßen quälte und bedeutete in diesem Fall jede Menge abrupter Bremsmanöver mit anschließendem ruckartigem Gasgeben. So schossen wir etwas abgehackt durch ein halbes Dutzend Seitengassen, umgingen eine besonders schlimm verstopfte Kreuzung, indem wir einfach den Bürgersteig enterten und über einen Parkplatz fuhren, und schlängelten uns generell mit solchem Tempo durch den Verkehr, dass sich der gerade genossene Kaffee mit dem Donut in meinem Bauch ganz und gar nicht mehr wohlfühlte.
„Stell den Lärm und das Blaulicht ab“, ordnete ich an, als wir nur noch wenige Blocks vom Lagerhaus entfernt waren.
Murphy tat, worum ich sie gebeten hatte, wollte allerdings wissen, warum.
„Thomas fand, er würde nicht allein mit der Sache fertig werden, es sind also mehrere – wer immer sie auch sein mögen.“ Ich zog meine .44er aus der Tasche meines Staubmantels und sah nach, ob sie geladen war. „Noch
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