Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
meine Wohnung bringe, haben die uns gleich wieder“, sagte ich. „Dann wartet da nämlich jemand auf uns. Vorausgesetzt, wir reden hier von einer strikt menschlichen Überwachungsmethode.“
Morgan sah mich an. „Sie wollen mich doch hoffentlich nicht durch Chicago schieben, bis der Rat uns gefunden hat?“
„Nein“, sagte ich. „Ich bringe Sie in meine Wohnung.“
Das ließ ihn kurz stutzen. Aber dann nickte er. „In Ordnung!“
„Zurück in die Wohnung also, was die Bösen gleich mitkriegen und jemanden schicken, der uns umbringt.“ Molly seufzte. „Das soll keine bescheuerte Idee sein? Kein Wunder, dass ich noch Lehrling bin! Ich raff das nämlich nicht.“
„Na dann pass mal hübsch auf, Grashüpfer!“
21. Kapitel
W ieder verließen wir den Weg , und so tauchte ich zum zweiten Mal an diesem Tag in der Gasse hinter der alten Fleischfabrik aus dem Niemalsland auf. Nach zwei kurzen Zwischenstopps hielten wir ein Taxi an, dessen Fahrer von Mouse nicht gerade begeistert zu sein schien. Auch den Rollstuhl fand er nicht prickelnd, aber vielleicht war auch nur sein Englisch zu schlecht, als dass er seiner Begeisterung adäquat hätte Ausdruck verleihen können – so genau wusste man das ja nie.
„Dieses fette Süßzeug ist echt nicht gut für dich“, murmelte Molly mit vollem Mund, als wir das Taxi entluden.
„Daran hat Morgan Schuld. Was musste er denn von Donuts anfangen. Außerdem isst du sie schließlich auch.“
„Ich habe den Stoffwechsel der Jugend.“ Molly lächelte süß. „Du, edler Mentor, solltest anfangen, gesundheitsbewusster zu leben. Ich bin noch mindestens ein, zwei Jahre unbesiegbar.“
Wir wuchteten unseren Verwundeten mit einiger Mühe in seinen Rollstuhl, und ich bezahlte den Taxifahrer. Dann rollten wir Morgan zu den Stufen, die zu meiner Wohnung führten und schafften es, den Rollstuhl zu wenden und ihn die Treppe hinunter zu bugsieren, ohne ihn abstürzen zu lassen. Ich schnappte mir Mouse und seine Leine, ging die Post holen und schlenderte hinüber zu dem Gärtchen hinter meinem Haus, wo ein Fleckchen Sand für den persönlichen Gebrauch meines Hundes reserviert war.
Aber statt mich wie sonst ein bisschen herumzutreiben und Mouse seine Zeit zu lassen, führte ich ihn gleich nach Erledigung seines Geschäfts in die hinterste Gartenecke. Dort hatten Fliederbüsche, die seit dem Ableben Mr. Spunklecriefs nicht mehr beschnitten worden waren, einen kleinen Dschungel entstehen lassen. Der Flieder stand in voller Blüte, sein Duft hing schwer in der Luft. Bienen umschwirrten geschäftig die buschigen Pflanzen, und als ich mich näherte, schob sich eine Ecke des Wohnhauses zwischen mich und den Lärm des Straßenverkehrs.
Hier war die einzige Stelle im Außenbereich meines Hauses, die von den anderen Gebäuden der Straße nicht so ohne Weiteres einzusehen war.
Ich drückte mich durch den Flieder, bis ich auf eine kleine, relativ offene Lichtung zwischen den Büschen gelangte, wo ich wartete. Bereits Sekunden später hörte ich ein Summen in der Luft wie von den Flügeln einer besonders großen Libelle, und bald darauf schoss ein kleiner, geflügelter Elf durch das Gesträuch und kam dicht vor mir zum Halten.
Für einen aus dem kleinen Volk war der Elf enorm groß, gute vierundzwanzig Zentimeter. Er sah aus wie ein athletisch gebauter junger Mann, und seine Kleidung war eine sehr seltsame Mischung: teils Rüstung, die er sich aus irgendwelchen weggeworfenen Dingen selbst geschneidert hatte, teils Zusammengesuchtes. Früher hatte er den Verschluss einer alten Plastikflasche als Helm getragen – den hatte er jetzt durch die eine Hälfte eines ausgehöhlten Golfballs ersetzt, der zu groß für seinen Kopf war, was dem Kleinen allerdings nichts auszumachen schien. Sein Brustharnisch hatte sein erstes Leben als Pepto-Bismol-Flasche verbracht, an seiner Hüfte hing etwas, das aussah wie das Blatt einer Laubsäge, mit einem Bindfaden daran, der den Griff bildete. Auf dem Rücken surrten die Flügel, die wirklich denen einer Libelle glichen, wie eine durchsichtige Wolke aus Bewegung.
Der Kleine nahm mitten in der Luft Habachtstellung ein und meldete sich mit einem flotten Gruß: „Auftrag erledigt, oh Herr der Pizza.“
„So schnell?“ Ich hatte ihn erst zwanzig Minuten zuvor gerufen, nachdem wir die Donuts besorgt und bevor wir ins Taxi gestiegen waren. „Schnelle Arbeit, Toot-toot!“
Das Lob schien den kleinen Mann unendlich zu freuen, er drehte jedenfalls strahlend
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