Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
mich kurz, wieso ich in dieser Stadt immer wieder an die gleichen, nur unterschiedlich genutzten Örtlichkeiten geriet. Das war nicht das erste Mal, dass ich böse Jungs abfertigen musste, die einen Ort wiederverwendeten, den vor ihnen schon andere böse Jungs benutzt hatten. Vielleicht gab es eine Mietsharing-Community für Schurken. Möglicherweise war mein Leben eigentlich eine Show im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, und sie konnten es sich nicht leisten, dauernd Geld für neue Spielorte zu verschwenden.
Oder – und das schien glaubhafter – es gab hierfür einen Grund. Möglicherweise fühlte sich diese spezielle Atmosphäre bestimmter Plätze für Raubtiere wie ein Zuhause an. Raubtiere mochten es, an einem Ort mit mehreren Ein- und Ausgängen zu lagern, abgeschirmt von gelegentlichen Gästen, mit Nachschub von, was auch immer sie so gerne aßen, in der Nähe. Übernatürliche Jäger hatten überdies ein Maß an Wahrnehmung für die Natur des Niemalslandes, das an irgendeinen gegebenen Teil unserer Welt angrenzte, selbst wenn es nur ein Instinkt war. Es schien logisch, dass sie an Orten, die Eigenschaften mit dem Niemalsland gemeinsam hatten, an denen sie sich wohlfühlten, entspannter waren. Ich meinte, jeder mochte es, dort zu essen, wo er sich wie zuhause fühlte.
Sollte ich den nächsten Tag überleben, musste ich anfangen, eine Liste zu führen, wo diese Clowns ihren blutrünstigen Scheiß auslebten. Sie mochte mir eines Tages einen Vorteil verschaffen. Oder zumindest eine Liste von Orten, die ein nettes Niederbrennen vertragen könnten. Ich hatte schon seit Jahrhunderten kein Haus mehr abgefackelt.
Zweihundertneunundneunzig. Dreihundert.
„Bereit oder nicht“, brummte ich, „ich komme.“
Ich verließ die Gasse gegenüber dem Lagerhaus, formte meinen Willen zu einem Schild um die linke Hand und bereitete eine Energielanze in meiner rechten vor. Herrje, ich vermisste meine Ausrüstung. Mab hatte mich gezwungen zu lernen, wie ich ohne sie klar kam, aber das bedeutete nicht, dass ich nicht besser mit ihr arbeiten konnte. Ich vermisste mein Schildarmband. Ich vermisste meinen Sprengstock. Ich vermisste meinen mit Zaubern gewappneten Mantel. Mit dieser Ausstattung wäre das ziemlich einfach geworden. Ich hätte mich besser in alle Richtungen schützen können und eine größere Reichweite meiner Zauber gehabt, um die bösen Jungs ihren Kopf unten halten zu lassen. Aber ich würde Wochen brauchen, um neue anzufertigen, und musste mit dem arbeiten, was ich hatte – was ziemlich genau nur ich war.
Mein Schild würde genauso stark sein, aber ich konnte ihn nicht genauso lange aufrecht erhalten oder in alle Richtungen zugleich – deshalb konnte ich nicht mit einer schönen, bequemen Energieblase um mich herumlaufen. Ohne das Armband oder ein ähnliches Werkzeug konnte ich mich zwar frontal schützen, aber nur für ein paar Sekunden. Meine Angriffszauber würden genauso hart treffen, aber sie hatten eine geringere Reichweite, und sie würden einige weitere, entscheidende Sekundenbruchteile benötigen, bis sie verfügbar waren.
Mann, ich vermisste meine Spielereien.
Das Lagerhaus war von einem kleinen Zaun umgeben, der von Plastikplanen umhüllt und von Stacheldraht gekrönt war. Vor dem Haupteingang befand sich ein Bereich, der von einem Tor abgeschottet werden sollte, aber es war von einem geistesgestörten Schläger, der nicht so aussah wie ich, egal was die Zeugen sagten, aus den Angeln gerissen worden, und scheinbar hatte es seitdem niemand ersetzt.
Da draußen gab es furchtbar viel freien Raum. Ich würde ein wirklich attraktives Ziel abgeben, was ja irgendwie auch Sinn der Sache war: Mich selbst so attraktiv verletzlich darzustellen, dass niemand auf die Hintertür achtete. Es war nicht die beste Idee der Welt, dort hineinzugehen, aber bis zur Halloweennacht war es vielleicht noch eine Stunde, und ich hatte keine Zeit, um besonders schlau zu sein.
Außerdem gab es einen kleinen Unterschied zwischen waghalsig und wahnsinnig. Ich mochte die Vorstellung nicht, über einen Stolperdraht zu fallen, der beispielsweise mit einer Antipersonenmine verbunden war, deshalb schwang ich den rechten Arm mit einer großen, ausladenden Geste der Hand, als versuche ich, eine Bowlingkugel auf die Kegel zwei Bahnen entfernt zu werfen. Während ich den Zauber warf, murmelte ich „Forzare!“ und konzentrierte mich darauf, die Kraft, die ich freigelassen hatte, so zu formen, wie ich sie benötigte.
Energie
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