Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
darüber reden sollen“, sagte ich. „Du hättest mit ihr reden sollen.“
Mab bewegte sich so schnell, dass ich sie buchstäblich nicht kommen sah. Plötzlich war die Waffe einfach aus meiner Hand verschwunden, und sie drückte sie mir ins Gesicht – an genau die Stelle, an der Maeve getroffen worden war.
„Ich“, sagte Mab kühl, „bin nicht deine Dienerin, Dresden. Du bist mein Diener.“
„Dämonenwind“, sagte ich. „Wenn unser Gast abdrückt, bring ihn nach unten und behalte ihn dort.“
Der gewaltige Schatten des Hütergeistes fiel über uns, obwohl ihn eigentlich nichts warf, und Mab riss die Augen auf.
„Diener“, sagte ich. „Ich mag dieses Wort nicht. Ich schlage vor, du überdenkst deinen Standpunkt und überlegst dir eine andere Bezeichnung. Meine Königin. Du wirst sanft zu diesem Mädchen sein, sonst wirst du es bereuen, so wahr mir Gott helfe.“
Mabs Mund zuckte leicht – und ihre Augen stärker. Fast liebevoll blickte sie zu mir auf, atmete aus und sagte: „Endlich ein Ritter, der die Mühe wert ist.“ Sie senkte die Waffe und gab sie mir ruhig zurück.
Ich nahm sie.
„Noch Fragen?“, fragte sie.
Ich runzelte nachdenklich die Stirn. „Tatsächlich ja. Jemand hat Thomas angerufen und ihm gesagt, er solle sich auf dem Boot bereithalten, als ich wieder in der Stadt auftauchte. Weißt du etwas darüber?“
„Das habe natürlich ich arrangiert“, sagte Mab mit einer Stimme, die genau wie Mollys klang. „Als Höflichkeitsgeste dem Uralten gegenüber, unmittelbar bevor deine Party losging.“
Bei diesen Worten erzitterte ich. Mollys Stimme, die aus diesem unmenschlich kalten Antlitz erklang, war ... einfach falsch.
„Lily“, sagte ich. „Sie strich mit der Hand über meine Brust, als könne sie den Einfluss des Widersachers spüren.“
Mabs Lippen wurden schmal wie Klingen. „Ja.“
„Konnte sie das?“, fragte ich.
„Natürlich nicht“, sagte Mab. „Wäre das so einfach, würde der Widersacher keine Gefahr darstellen. Nicht einmal der Torwächter im Fokus seiner Macht kann ganz sicher sein.“
„Warum sollte sie dann glauben, sie könnte es?“, fragte ich. Dann beantwortete ich mir die Frage selbst. „Weil Maeve es ihr suggeriert hat. Maeve musste nur lügen und vielleicht ein paar Bauern des Gegners opfern, um es wahr erscheinen zu lassen. So konnte sie Lily dazu bringen, die Hände in ihre Richtung auszustrecken und ihr so zu ‚beweisen‘, dass Maeve unbefleckt war. Lily war zu unerfahren, um es besser zu wissen. Danach hätte Lily Maeve so ziemlich alles abgekauft.“
„Offensichtlich“, sagte Mab in leicht beißendem Tonfall. „Hast du auch Fragen, die du dir nicht selbst beantworten kannst?“
Ich biss wütend die Zähne zusammen und entspannte dann ein paarmal meine Kiefer. Dann fragte ich: „War es schwer für dich? Heute Nacht?“
„Schwer?“, fragte Mab.
„Sie war deine Tochter“, sagte ich.
Mab wurde sehr still und sehr starr. Sie musterte den Boden rings um uns und ging langsam ein wenig auf und ab, wobei sie die Stirn runzelte, als versuche sie, sich an den Text eines Liedes aus ihrer Kindheit zu erinnern.
Schließlich blieb sie wieder stehen und schloss die Augen.
„Nicht einmal heute Nacht, als alles zum Teufel ging, konntest du ihr wehtun“, sagte ich.
Mab öffnete die Augen und starrte durch eine Lücke zwischen den Bäumen auf die weiten Wasser des Lake Michigan hinab.
„Vor ein paar Jahren wurdest du zornig. So zornig, dass den Leuten Blut aus den Ohren lief, als du sprachst. Deshalb. Weil du begriffen hattest, dass der Widersacher sich Maeve geschnappt hatte. Das tat weh. Zu wissen, dass der Widersacher an sie herangekommen war.“
„Es war das Messer“, sagte Mab.
„Messer?“
„Morganas Athame“, sagte Mab in neutralem Tonfall – doch ihr Blick war in weite Ferne gerichtet. „Das sie bei Biancas Maskerade vom Roten Hof bekommen hatte. So wurde die Leanansidhe befleckt – und deine Patin gab den Makel an Maeve weiter, ehe ich es richten konnte.“
„Oh“, sagte ich. Bei der Party war ich gewesen.
Mab wandte sich abrupt zu mir und sagte: „Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich die gefallenen Ladys gerne auf der Insel zur Ruhe betten.“
„Ich habe nichts dagegen“, sagte ich. „Aber frage auch die Insel.“
„Das werde ich. Bitte entschuldige mich.“ Sie wandte sich um und begann, sich zu entfernen.
„Du hast meine Frage nicht beantwortet“, sagte ich.
Sie blieb mit geradem Rücken
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