Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
gescheut, meiner Autorität in Frage zu stellen. Ihre Zeit mit meiner Feenpatin, der Leanansidhe, Mabs Mädchen für Alles, zeigte Wirkung. Lea hatte feste, unveränderliche Standpunkte, was Grenzen anging. Leute, die diese überschritten , verwandelte sie in Hunde – oder in Hundefutter.
Der Yachthafen war einer von mehreren in der Stadt. Lake Michigan bot einen idealen Ort für Boots-, Segel- oder Schifffahrt aller Art, und es gab eine nautische Szene, die an den Stränden des großen Sees fest etabliert war. Ich war nicht Teil davon. Ich sagte „Wand“ statt „Schott“, und ich war mir noch immer nicht sicher, was back- und was steuerbord war. Ich nutzte die Begriffe oft falsch. Es war mir egal.
Yachthäfen waren Parkplätze für Boote. Auf den Piers waren viele Stege gebaut worden oder schwammen wie Pontonbrücken in langen, geraden Reihen. Viele Boote sahen aus, als habe man sie bereits winterfest gemacht – der November konnte eine riskante Zeit für Ausflüge auf dem Lake Michigan sein, und die meisten Leute packten um Halloween herum zusammen. Fenster und Luken waren abgedeckt, Türen geschlossen, und nur wenige Lichter brannten an der Anlegestelle.
Was gut war, denn ich brach wieder ein.
Einst hatte ich einen Schlüssel für die Schlösser des Hafens besessen, aber ich hatte ihn verloren, als ich erschossen wurde, ertrank, starb, wiederbelebt und ins Koma versetzt wurde, eine Weile bei meinen Freunden herumspukte und in Mabs Bett aufwachte.
(Mein Leben. Herrjemine!)
Jedenfalls hatte ich weder einen Schlüssel noch Zeit zu verlieren, deshalb missbrauchte ich meine coole neue Superkraft, als wir am verschlossenen Tor des Hafens ankamen, und brach das Maschendrahttor mit einem dumpfen Stöhnen des sich verformenden Metalls auf. Ich brauchte dafür etwa drei Sekunden.
„Cool“, brummte Molly hinter mir. „Warte. Hast du auch das Auto angehoben?“
Ich grunzte, etwas außer Atem nach der Anstrengung.
„Heiliger Strohsack“, sagte Molly. „Du bist so stark wie Spider-Man.“
„Nee“, keuchte ich. „Spider-Man kann zehn Tonnen drücken. Ich kann nur 400-Kilo-Hanteln stemmen.“
„Kilo“, sagte Molly.
„Ich hab die Hanteln meines Vorgängers geerbt“, sagte ich. „Das sind so ausgefallene europäische Dinger. Bin mir nicht wirklich sicher, wie viel das in amerikanischen Gewichtseinheiten ist.“
„In England nutzt man Kilo“, sagte Molly trocken. „Aber zugleich sind 400 Kilo auch etwas zwischen 60 und 65 Stone.“
Ich hielt inne und sah sie an.
Sie lächelte lieblich zurück.
Ich seufzte und schritt weiter zum Boot.
Es trug den Namen Wasserkäfer . Es hätte das Stuntdouble des Bootes des mürrischen, alten Fischers in Der weiße Hai gewesen sein können, nur, dass es jetzt frisch gestrichen und lackiert war und etwas zu gut dafür aussah. Ich hielt auf dem Dock davor inne.
Da. Da hatte ich gestanden, als es passiert war, mit Blick zum Parkplatz. Meine Brust fühlte nicht wirklich einen plötzlichen, stechenden Schmerz, aber die Erinnerung daran war so scharf und klar, dass ich es genauso gut gerade fühlen könnte – damals hatte es zunächst nicht geschmerzt, erst, als ich bereits eine Weile im Wasser gewesen war, aber es hatte gebrannt wie das pure Feuer nachdem Mab und Dämonenwind es geschafft hatten, meine Seele und meinen Körper verbunden zu halten.
Das musste man sich mal vorstellen: Ich hatte einen großen Gefallen einfordern müssen, damit der Kerl kam und auf mich schoss. Unter den jetzigen Umständen schien es pure Verschwendung. Ich war mir sicher gewesen, dass ich, wenn ich an diesem Tag gewonnen hätte, dank meines Paktes mit Mab ein Monster geworden wäre, das man dringend hätte notschlachten müssen. Ich hatte meine eigene Ermordung geplant, und Molly hatte ihre einzigartigen Fähigkeiten genutzt, um mir zu helfen, diesen Umstand zu vergessen. Sobald die Situation wirklich gerettet war, sollte, so hatte es der Plan vorgesehen, die Evolution Monsterharrys durch ein leistungsstarkes Gewehr verhindert werden.
Nur, dass ich überlebt hatte. Als nächstes, so dachte ich, kam wohl der Monsterharry-Teil.
Ich wusste aus sicherer Quelle, dass es nicht mit mir als bösen Verrückten enden musste – vorausgesetzt, man konnte sich auf das Wort eines Erzengels verlassen, was ich nicht tat. Ich wusste außerdem aus sicherer Quelle, dass es auf jeden Fall so enden würde. Im Endeffekt wusste ich nicht wirklich, was zukünftig mit mir passieren würde.
Hehe. Wieso
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