Harry Potter - Der siebte Horkrux
Platz zu machen. Doch dieser setzte sich demonstrativ auf die gegenüberliegende Bank.
»Wo bringen sie die Gefangenen unter?«, wollte Harry wissen. Er fragte sich, wie es sich wohl anfühlte, diese Reise in dem Wissen zu unternehmen, dass auf der anderen Seite nur Schmerz und Inhaftierung warteten. Dieser Ausflug erschien ihm bereits unheilverkündend, obwohl er sich sicher sein konnte, dass er in wenigen Stunden zurückkehren würde.
»Die Gefangenen fahren nicht mit den Passagieren zusammen.«, antwortete Tonks kopfschüttelnd. »Es gibt ein schwer bewachtes Schiff, das einmal am Tag nach Askaban fährt. Die Gefangenen werden betäubt, während sie hin- und herfahren.«
»Sie werden betäubt, selbst wenn sie entlassen werden?«, fragte Ron mit leicht quiekender Stimme.
Tonks lächelte grimmig. »Nichts an diesem Ort ist angenehm.«
»Wie lange dauert diese Überfahrt?«, erkundigte sich Malfoy. Er stand auf und starrte die grobe Bank finster an. »Diese Unterbringung ist barbarisch.«
Das Boot ruckte leicht, als es den Hafen verließ, sodass Malfoy taumelte und sich das Knie an der Bank stieß. Er verzog schmerzerfüllt das Gesicht und hielt sich sein wundes Knie. Ron schnaubte laut, worauf Malfoy ihn anfunkelte, während er wieder Platz nahm.
»Was lachst du, Weasley? Nur weil eine Holzbank eine Stufe über dem ist, woran deine Familie gewöhnt ist, heißt das nicht – .«
»Nicht ein Wort über meine Familie, Malfoy.«, drohte Ron. Er war aufgestanden und ragte nun vor dem Blonden empor. Hier musste Ron sich vorbeugen, damit sein Kopf nicht an das Dach stieß. »Es gibt niemanden in diesem Boot, den es kümmern würde, wenn du dich plötzlich über Bord wiederfindest. Deshalb würde ich still sein, wenn ich du wäre.«
»Okay, das reicht jetzt, Bursche.«, sagte Malfoy glucksend und schob Ron auf seinen Sitz zurück.
Harry wandte sich ab, um zuzusehen, wie die Wellen an der Seite des Bootes brachen. Er konnte den kalten Sprühregen des Wassers spüren und zog den Kopf tiefer in die Jacke hinein, um sich warm zu halten. Die Insel, von der sie abgelegt hatten, war schnell zu einem entfernten Fleck am Horizont geworden. Nichts als kalte, graue See umgab sie, soweit das Auge reichte. Er war nicht sicher, wie weit sie gefahren waren. Doch es schien, als wären sie schon seit Stunden dem Wind ausgesetzt. Nebel war aufgekommen, so dass sich ihre Sichtweite deutlich verkürzte. Harry kniff die Augen zusammen und versuchte, in der Ferne etwas auszumachen.
Plötzlich rief der Kapitän über den Wind: »Land, ahoi!«
Harry versuchte vergeblich, ein Schaudern zu unterdrücken, als ein massives Steingebilde durch den Nebel brach, als hätte sich ein Vorhang gehoben. Gezackte, mit Seetang überdeckte Felsen ragten aus dem Wasser und säumten die kleine Insel. Die scharfen, rauen Kanten reichten aus, um jegliche Boote davon abzuhalten, hier anzulegen.
Die Mauern des Gefängnisses erhoben sich steil und bedrohlich aus der eisigen See, sodass Harry seinen Kopf in den Nacken legen musste, um die Spitze zu sehen. Er konnte die Wasserlinie erkennen, die die Strömung auf dem Gestein hinterlassen hatte.
Der Kapitän steuerte das Boot in eine kleine Einfahrt, die Harry zuerst nicht bemerkt hatte. Während er zuschaute, wie das Boot die tückische Fahrt durch die Fahrrinne hinter sich brachte, sah er, wie ihnen mehrere der gezackten Felsen aus dem Weg sprangen. Offensichtlich wurde der Fahrweg von Magie kontrolliert.
Als sie das Ende erreichten, legten sie an einen einfachen Holzsteg an. Sobald Harry aus dem Boot gestiegen war, spürte er, wie eine Kälte, die tiefer saß, als vom Wetter hervorgerufene Kühle, in seine Knochen drang. Dennoch brach er in Schweiß aus und sein Kopf war plötzlich benebelt. Es gab keine Zweifel, dass Dementoren in der Nähe waren.
Als die kleine Gruppe sich der Steinmauer näherte, erschien ein Durchgang einige Meter über ihren Köpfen. Eine Metallleiter wurde herabgelassen und sie stiegen in das Gefängnis hinauf. Tonks drückte ihren Zauberstab gegen die Tür, die eine Folge von leisen Popgeräuschen ausstieß, bevor sie aufglitt.
Der Luftstoß, der vom Gefängnis kam, war noch kälter als die Seeluft, in der sie standen. Harry folgte Ron hinein, mit klopfendem Herzen und umnebeltem Kopf. Instinktiv griff er nach seinem Zauberstab, um festzustellen, dass er ihn nicht bei sich trug. Er holte mehrmals tief Luft, um seine aufsteigende Panik zu bändigen.
Das wird schwerer werden, als er gedacht hatte.
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