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Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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des Krematoriums mit seinen Heißluftröhren und Abluftessen konnte man von der anderen Seite anfahren. Vor der Pforte für den Arzt stand ein grünweißer Streifenwagen.
    Verdammt, dachte ich, was macht der da? Und schon stiegen zwei Beamte aus. Sie ähnelten einander wie Zwillinge. Ehe ich umdrehen konnte, schielte ich in eine Pistolenmündung. Der andere schubste mich gegen das Auto – Hände aufs Dach – und griff mir zwischen die Beine. Fahrenheit. Im nächsten Moment schlug er mir die Handschellen aufs Gelenk, schloss mich auf dem Rücken und bugsierte mich auf den Rücksitz des Polizeiwagens. Als ich gegen das Plastikpolster fiel, rasteten die Zähne der Fesseln noch enger. Bis ich endlich den Feststellknopf ertastet hatte, zwiebelten die Eisen schon.
    Da hatten die Arbeitszwillinge Zabel/Juncker bereits den Wagen gestartet und fuhren aus dem Friedhof heraus Richtung Südmilchgelände, dem derzeitigen Sitz von TVCinema.
    Ich protestierte lauthals. Der auf dem Beifahrersitz drehte sich um, grinste und fuchtelte mit seiner Walther bedrohlich kindisch vor meinem Gesicht herum. Ich dachte an mein bibberndes Häuflein, das auf der anderen Seite des Friedhofs auf meine Rückkehr aus dem Reich der Zombies wartete. Warum, verflucht, hatte Richard mich vor den Ermittlungsrichter gezerrt und ließ Zabel/ Juncker unbehelligt herumgeistern?
    Sie bogen ab, aber nicht raus auf die Nordbahnhofsstraße, sondern vorher aufs Kopfsteinpflaster einer namenlosen Straße, die über halb tote Schienenstränge des Nordbahnhofs hoppelte und an niedrigen Gebäuden mit Toren und Laderampen endete. Dort stand an den Kies- und Sandhaufen einer Baustofffirma ein anthrazitfarbener Daimler der Diplomatenklasse. Zabel oder Juncker zerrte mich aus dem Auto. Dem anderen Wagen entstieg, flink trotz seines Bauches, Bollach.
    Da hatte ich den Beweis, aber Bollach würde dafür sorgen, dass ich ihn nicht verwerten konnte, das war todsicher. Zabel oder Juncker schubste mich vorwärts. Mit auf dem Rücken geschlossenen Händen war schwer das Gleichgewicht zu halten, zumal die Eisen bei jeder Zuckung die Knochen zermalmten.
    Bollach zog sein Hängegesicht hoch, winkte Zabel/Juncker auf Abstand, streckte mir die Hand hin und grinste. »Ah, ich sehe, Sie haben die Hände nicht frei. Tut mir leid, dass es so laufen musste, aber ich kann es mir nicht leisten, dass Sie mich noch einmal reinlegen. Das hatten Sie doch vor, gell? Was hätten Sie mir schon wirklich Wichtiges mitzuteilen?«
    »Ihr Kontakt mit Zabel und Juncker bricht Ihnen das Genick«, behauptete ich. »Sie sind …«
    Bollach schlug mir ohne Vorwarnung ins Gesicht, so dass ich gegen seinen Wagen taumelte und, während Pa nik in mir hochschoss, weil ich mit geschlossenen Händen nichts abfangen konnte, mehlsackmäßig umkippte. Der Asphalt sprang mir ins Gesicht. Bollachs Schuhsohlen knisterten nahe. Doch noch mochte er mich nicht stie feln, sondern zog mich am Kragen wieder hoch.
    »Was wollten Sie sagen?«
    Mein Kiefer schwoll und brannte. Aber wirklich erschüttert hatte mich die eine Sekunde blanker Panik beim Fallen. Dass ich so schnell zerbrach, entsetzte mich bis in die Kniekehlen. Nur keine Schläge mehr, nicht solche, denen ich ausgeliefert war. Was sollte ich antworten? Welches Zauberwort besänftigte den Zorn über meine Dummheit? Vergiss die Argumente. Der Minister verlangt bedingungslosen Respekt vor seiner Macht. Er ist groß, schwer und schlagfertig. So funktioniert das.
    »Schalten Sie mal Ihr Spatzenhirn ein«, sagte er. »Was glauben Sie denn, warum ich die Polizei gleich mitgebracht habe? Glauben Sie,“ ich lasse mir von Ihnen auf der Nase herumtanzen?« Er hob die Hand zur väterlichen Geste unmittelbar bevorstehender Ohrfeigen. Ich duckte mich unwillkürlich. Er lachte, dass der Bauch sprang.
    »Warum sind Sie dann überhaupt gekommen?«, fragte ich und war erschrocken über meine magere Stimme.
    »Sagen wir, aus alter Freundschaft«, gestand Bollach gemütlich.
    »Sie wollten mir eine Falle stellen. Das wollte ich mir anschauen, wie Sie das anstellen. Und nun? Was ist bewiesen? Ich habe Ihre E-Mail erhalten, und was weiter? Die Polizei wird Sie abführen. Erpressungsversuch. Das wird Sie teuer zu stehen kommen. Ich habe Sie gewarnt.«
    »Wenn das so ist«, sagte ich, »dann rate ich Ihnen: Pa cken Sie Ihre Sachen, räumen Sie Ihren Stuhl und setzen Sie sich nach Paraguay ab. Wenn mir was passiert, sind Sie dran. Im Übrigen schulden Sie mir was, denn ich habe Ihre

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