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Hartmut und ich: Roman

Hartmut und ich: Roman

Titel: Hartmut und ich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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Ich verrate Hartmut noch nicht, dass das vor allem an meiner Katzenohrrandhärchen-Strategie liegt. Irgendeinen Vorsprung vor ihm muss ich ja auch mal haben. Und immer, wenn es irgendwie ungemütlich wird, essen wir Pudding. Yannick und ich.

LOKALSPORT
    Fußball war schon immer unsere Sache. Natürlich nicht so, wie es die Sache der meisten deutschen Männer ist. Unser Fußball findet auf der Playstation statt und auf Wettseiten im Internet, in der kleinen Stecktabelle in der Küche und in gelehrten Diskussionen über Spielstrategie und Vereinspolitik. Hartmut und ich stehen auf den SC Freiburg, weil er seit zig Jahren den gleichen Trainer, ein winziges Stadion und keine Hooligans hat. Wir verachten Manager, die mit Millionen um sich werfen, bewundern die Spieler, die sie dafür kaufen, und haben natürlich ein Wappen vom FC St. Pauli im Flur. In unserem Haushalt gibt es Fachbücher mit Titeln wie Der Ball ist rund, damit das Spiel die Richtung ändern kann, und auf dem Regal im kleinen Bad neben dem Klo liegen der Kicker und Elf Freunde . Selber gespielt haben wir nie, zumindest nicht in regulären Vereinen. Ich bin mit der Betriebsmannschaft Vierter in der Spaßliga, Hartmut zockt mit Kommilitonen in einem Indoor-Center auf Kunstrasen. Doch seit einigen Sonntagen treibt es uns auch in die eigentliche Welt des deutschen Fußballs, fernab von Studentengrüppchen und stylish-alternativen Sportfreunden. Jetzt gehen Hartmut und ich genau da hin, wo’s wehtut. In die Landesliga. Auf die kleinen Sportplätze, wo junge Schiedsrichter unter Beschimpfungen leiden und von einer Zukunft als Profi träumen und wo alte Männer an den Banden Jägerhüte tragen. Diese Welt der Kaffeeplastikbecher und Vereinskneipen, diese Welt von Bratwurst und Franz-Branntwein an schwitzenden Waden ist nun auch unsere Welt. Eigentlich ist es natürlich Hartmuts Welt, denn er ist es ja, der als Redakteur für Lokalsport bei der örtlichen Zeitung angeheuert hat, weil das Geld mal wieder knapp geworden ist. Und sicher: Der Job ist zum Schreien einfach und bringt etwas ein.
    Ich gehe seit drei Sonntagen mit zu Hartmuts Fußballaufträgen, denn irgendwie habe ich Spaß an kleinem, regionalem Live-Fußball, und außerdem bekommt man nirgendwo anders Kaffee und Kuchen sowie Bier für läppische 1,20 Euro! An Hartmuts allererstem Termin war ich nicht dabei, da ich gerade im Playstation-Fluss war und Medal Of Honor bis in den frühen Morgen durchgespielt hatte. Heute steht Hartmuts fünfter Arbeitstag an, und nach einem guten Frühstück mit Brötchen, Rührei und Kaffee mit Schuss ziehen wir unsere seriösen Journalistensachen an und gehen los. »Ich muss dich aber warnen«, sagt Hartmut, als wir vor dem Haus stehen und die Richtung zur Bushaltestelle einschlagen. »Da kommen zum Teil echt miese Sprüche von den Leuten. Musst du nicht so ernst nehmen.« Er sagt es schnell und leise und guckt etwas leer geradeaus. »Kannst ja nix für die«, murmele ich ebenso krümelig und fühle mich etwas unwohl. Dann unterhalten wir uns über die Bundesligaergebnisse vom Vortag und reden wieder lauter.
    Auf dem Platz angekommen, wird das Spiel gerade angepfiffen, und die gleichmäßige Sinfonie von vereinzelten Spielerrufen, Publikumsgemurmel, einer hörbar frischen Brise und dem trockenen »Pfupp«, wenn der Ball auf Füße und Körper trifft, weht uns entgegen. Wenn ein Pfiff ertönt, steigt die Lautstärkekurve ein wenig an und senkt sich nach dem Freistoß wieder. Nur bei Rudelbildung und mehreren kritischen Szenen hintereinander, bösen Fouls und spielentscheidenden Elfmetern türmt sich das Sonntagskonzert zu fast Wagnerschen Tumulten auf, die von der Stimmung her jederzeit in Kriegshandlungen kippen könnten. Heimlich warte ich natürlich auf so was. Und auch Hartmut hätte dann mehr zu schreiben.
    Wir stellen uns auf die hellen Betonstufen, die als provisorische Tribüne den kleinen Platz umgeben, es sind etwa achtzig Leute gekommen, auf der gegenüberliegenden Seite verkaufen Frauen Kaffee, Tee und Streuselkuchen. Bier gibt es nur im Vereinskiosk, einer kleinen Kneipe im Gebäude mit den Kabinen, in der Pokale, Wimpel und alte Fotos von historischen Mannschaften hängen. Die Heimmannschaft in Blau beginnt recht unsicher, das Auswärtsteam in Schwarz kann früh ein paar schnelle Konter ansetzen, die den Ball mehrmals gefährlich knapp über und neben das Tor des heimischen Keepers jagen. Der schimpft zu Recht mit seiner Abwehr und gestikuliert auf dem

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