Hass
starb.«
»Aber Sie haben zutiefst getrauert.«
Sie nickte.
Er bog ins Presidio-Viertel ab, lenkte den Audi gekonnt durch den ehemaligen Armeestützpunkt und hielt neben dem Friedhof an. Dann wandte er sich zu ihr um. »Aber Sie glaubten, dass er wirklich in Kontakt zu Ihrem toten Sohn stand?«
»Ja, ich zweifle nicht einen Moment daran. Wollen Sie nicht Wallace besuchen?«
»Wir haben Zeit.« Er wollte sie fragen, weshalb es für sie keine Zweifel gab, aber er sagte stattdessen: »Na gut, bitte sagen Sie mir doch, was Sie von Wallace Tammerlane halten.«
»Wie Sie schon wissen, haben er und Bevlin Wagner mich sehr gern. Sie bewunderten August und trauerten mit mir um ihn. Als die Polizei mich unter Druck setzte, ihnen Namen von Leuten zu geben, die August umgebracht haben könnten – von mir abgesehen -, da konnte ich einfach nicht Wallace oder Bevlin nennen. Sie sind beide gute Freunde. Aber …« Sie unterbrach sich und wandte das Gesicht von ihm ab.
»Ist schon gut. Lassen Sie sich Zeit.«
Sie atmete tief durch und drehte sich wieder zu ihm um. »In Wahrheit fühlte ich mich nach dem Mord an August so hilflos, als ob mir die Polizei ein Fadenkreuz auf die Stirn gepinselt hätte. Und dann stellt mir dieser Profikiller, Makepeace, nach.« Sie berührte seinen Arm. »Cheney, ich werde weiter Schießen üben, damit ich besser werde. Ich will mich selbst schützen. Und wissen Sie noch etwas? Vielleicht beschütze ich Sie irgendwann auch mal und gebe Ihnen Rückendeckung.«
Cheney sagte bedächtig: »Nicht viele Menschen haben mir je so ein Angebot gemacht. Danke vielmals.«
Julia lächelte. »Gern geschehen. Was halten Sie von den Polizeiakten zu den Befragungen von Wallace Tammerlane?«
»Es gab nur eine Befragung. Da ist nicht viel zu holen.«
Julia senkte die Stimme und kam mit ihrem Mund nah an sein rechtes Ohr. »Wussten Sie, dass manche Leute glauben, Wallace hätte damals in den späten Achtzigern seine Frau in Spanien umgebracht?«
Er konnte sie nur anstarren. »Das ist ja ein Ding! Sie machen Witze, oder?«
»Nein, das stimmt wirklich. Ich glaube das natürlich nicht eine Sekunde lang, aber ich weiß auch nicht genau, was wirklich passiert ist. Es war lange vor meiner Zeit.«
»Da stand nichts über eine ermordete Ehefrau in den Akten. Wenn sie davon gewusst hätten, hätten sie es möglicherweise überprüft. Warum haben Sie der Polizei nichts davon gesagt?«
»Ganz einfach, August hat nie geglaubt, dass Wallace ein Mörder ist, und ich glaube es auch nicht.«
»Lassen Sie nichts aus, Julia.« Er legte seine Hand auf ihre. »Hören Sie zu, Makepeace’ zwei Mordversuche haben ganz offensichtlich etwas mit dem Mord an Dr. Ransom zu tun. Ich muss alles noch einmal durchsehen und brauche sämtliche Informationen, die ich kriegen kann. Sparen Sie nichts aus, auch wenn Sie meinen, jemanden beschützen zu müssen. Okay?«
Sie nickte. »August sagte, Wallace und seine Frau Beatrice hätten an die sieben Jahre in Madrid gelebt, sie seien Anfang der achtziger Jahre dorthin gezogen. Wallace wurde der Hellseher von Spaniens Reichen und Schönen, selbst von König Juan Carlos und seinem spießigen Haufen, der spanischen Schickeria. Laut August war Beatrice eine entzückende Frau, wunderschön in einer ätherischen blonden Art, doch sie war eher wie Wallace’ allgegenwärtiger Schatten, still und aufmerksam. Er sagte, er habe sie selten mit anderen Männern reden gesehen. Sie war vollkommen auf ihn fixiert. Wallace hat sie 1988 zu einem Klienten in Segovia mitgenommen. Sie sprang vom römischen Aquädukt. Es wurde als Selbstmord behandelt, obwohl ein Zeuge einen Mann zusammen mit ihr auf der Brücke gesehen haben will. Aber dieser Mann wurde nie gefunden, also haben sie es nicht als das spanische Pendant zum Tod durch Unfall, sondern als Suizid eingestuft.«
»Hatte Tammerlane ein Alibi?«
»Nein. Er hatte das Haus des Klienten bereits verlassen.«
Cheney zuckte die Achseln. »Trotzdem hört es sich so an, als sei es Selbstmord gewesen. Hatte sie einen Grund, sich umzubringen?«
»August sagte, sie sei labil gewesen, und Wallace habe versucht, das Ausmaß ihrer Krankheit zu vertuschen, um sie vor Klatsch zu schützen. Da hat die Gerüchteküche natürlich gebrodelt. Als die spanische Presse unter Volldampf lief, wurde sogar der Name des Königs zur Mischung hinzugefügt. Juan Carlos war darüber natürlich nicht gerade erfreut. Wallace brachte eine Woche später die sterblichen Überreste seiner
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