Hast du mich nie geliebt
und gemerkt, dass ein älterer Mann, der aus der VIP-Lounge kam, sie anstarrte, als würde er einen Geist sehen.
Sicher wäre sie an ihm vorbeigegangen, wenn er sie nicht direkt angesprochen hätte.
"Louise?" fragte er mit erstickter Stimme. Dann hatte er noch etwas auf Griechisch hinzugefügt, und Janine war stehen geblieben.
Sie wusste, dass sie ihrer Mutter sehr ähnlich sah. Der Mann hatte genau das richtige Alter, um Louise in ihrer Jugend gekannt zu haben. Außerdem schien er sehr wohlhabend zu sein. Genau der Typ, den Louise bevorzugt hatte.
Sie antwortete ihm auf Englisch. "Ich bin nicht Louise, ich bin ihre Tochter."
Er schien sich langsam von dem Schock zu erholen.
"Ja, das … das habe ich mir gedacht. Aber Sie haben Ihre Schönheit geerbt, wenn ich das sagen darf."
"Danke." Sie lächelte ihn an, denn er war ihr gleich sympathisch.
"Wie geht es Louise?"
Ein Schatten fiel auf Janines Gesicht. "Sie ist vor drei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen."
"Oh, das tut mir Leid. Es muss schlimm sein für Sie – und für Ihren Vater."
Janine schüttelte den Kopf. "Meine Mutter hat nie geheiratet. Sie hat nicht an die Ehe geglaubt."
Er lachte. "Ja, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Schade eigentlich! Sie war eine der schönsten Frauen, denen ich je begegnet bin. Wir kannten uns … wann?" Er überlegte. "Ja, das war vor sechsundzwanzig Jahren im Mai. Es war in Monaco, wir hatten eine kurze, stürmische Affäre. Etwa zwei Monate lang, denke ich. Ich …" Er sah, wie Janine zusammenzuckte. "Was ist?"
"Ich … ich bin fünfundzwanzig", sagte sie. "Mein Geburtstag ist im Februar."
Der Mann antwortete nicht. Es hatte ihm offensichtlich die Sprache verschlagen.
Janine lehnte sich Halt suchend gegen die Wand.
Er … er könnte … vielleicht ist er mein …
Sie konnte es nicht glauben. Wie oft hatte sie davon geträumt, hatte sich diesen Moment ausgemalt? Und es war sehr gut möglich, dass sie diesmal ihren Vater getroffen hatte. Im Mai hatten er und Louise eine Affäre gehabt, dann waren sie zwei Monate zusammen gewesen. Und sie war im Februar des darauf folgenden Jahres zur Welt gekommen. Aber das konnte doch nur bedeuten …
Der Mann schien sich langsam von seinem Schock zu erholen.
"Bitte, sagen Sie mir, wer Ihr Vater ist."
Sie schüttelte benommen den Kopf. "Ich weiß es nicht. Um ehrlich zu sein, ich glaube, meine Mutter wusste es selbst nicht."
Seine Miene veränderte sich, er sah plötzlich viel älter aus.
"Das kann ich mir vorstellen", erwiderte er bitter. "Ich hätte sie gern geheiratet. Ich war wirklich bis über beide Ohren in sie verliebt. Aber sie wollte davon einfach nichts hören. Ich habe Jahre gebraucht, bis ich diese Kränkung überwunden hatte."
Dann sah er Janine direkt an. Da wusste sie, warum er ihr von Anfang an so vertraut vorgekommen war. Es waren seine Augen! Sie waren braun, genau wie die ihren. Sie hatte die blonden Locken ihrer Mutter und die braunen Augen ihres Vaters geerbt.
"Ich glaube, wir beide sollten uns einmal in Ruhe unterhalten", sagte der Mann mit bewegter Stimme.
Das hatten sie dann auch getan. Stephanos hatte Janine sofort als seine Tochter akzeptiert, ohne Wenn und Aber. Natürlich war es ein Schock für ihn gewesen, zu erkennen, dass er ihr Vater war. Aber als Gentleman hatte er sie sofort in sein Herz geschlossen.
Es war ein Wunder – ein Wunder, für das Janine einen hohen Preis zahlen musste. Denn Stephanos hatte ihr erzählt, dass er auf dem Weg zurück nach Athen war, wo seine Frau sich auf Grund ihrer langen Unfruchtbarkeit einer Operation unterziehen musste.
Janine war sofort klar gewesen, dass Stephanos sie in diesem Moment nicht als seine Tochter präsentieren konnte. Das wäre Demetria gegenüber zu grausam gewesen. Daher hatte sie seine Bitte akzeptiert – dass sie so lange noch im Verborgenen blieb, bis er seiner Frau sein Geheimnis offenbaren konnte.
"Janine, bitte! Ich muss mit dir sprechen, ich …" Die Stimme ihres Vaters drang in ihre Gedanken ein.
Langsam erhob sie sich und ging zur Tür. Alle Kraft hatte sie verlassen. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr, dass sie kalkweiß war.
Als sie die Tür öffnete, sah sie, dass sie nicht die Einzige war, die gelitten hatte. Stephanos sah aus wie ein alter Mann.
"Janine, ich …", seine Stimme brach. "Es tut mir so Leid! Es tut mir so entsetzlich Leid!"
Endlich konnte sie weinen. Mit einem Aufschrei warf sie sich ihrem Vater in die Arme.
"Vater!"
"Mein Kind! Mein
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