Hauch der Verdammnis
Hintertür des Ladens geöffnet, da wusste er schon, dass irgend etwas nicht stimmte. Ken - »Kihei Ken«, wie er sich genannt hatte, als er vor zwei Jahren den Tauchladen aufgemacht hatte, seinen Ruf und einen Kredit von Takeo Yoshihara im Rücken - war ein penibler Mann. Für ihn hatte jedes Ding seinen Platz, und jedes Ding sollte auch immer an seinem Platz sein.
An diesem Morgen war manches nicht an seinem Platz.
Nichts, was einem direkt ins Auge stach, und als er das Hinterzimmer seines Ladens betreten hatte, war es auch kaum mehr als ein Gefühl gewesen. Aber als er das Licht anschaltete und sich umsah, wurde das Gefühl stärker.
Dann sah er die Pfütze auf dem Boden.
Ken Richter ließ keine Pfützen auf dem Boden seines Ladens zurück.
Er nahm ein Tuch und wischte das Wasser auf, wobei er in Gedanken bereits die Rede vorbereitete, die er Nick Grieco halten würde, weil der den Laden gestern abend nicht richtig saubergemacht hatte, bevor er gegangen war.
Er und Nick waren vor einem guten Dutzend Jahre als Surfkumpel nach Maui gekommen. Heute arbeitete Nick für Ken, aber trotzdem waren sie Freunde geblieben. Nick verdiente gerade so viel Geld mit der Arbeit im Laden oder mit Tauchkursen für Touristen, dass er die Miete für sein winziges Apartment in Kihei und das Benzin für seinen rostigen Volkswagen bezahlen konnte. Der Wagen brachte ihn dorthin, wo die Wellen sich am besten brachen. Nicks einziges Ziel im Leben war die Suche nach der perfekten Welle. Gestern abend hatte er offensichtlich nicht besonders viel gearbeitet. Nicht nur die Pfütze auf dem Boden fiel Ken auf, es sah sogar so aus, als hätte er nicht einmal die Ausrüstung überprüft, die an diesem Morgen bereitstehen sollte.
Das ärgerte Ken Richter noch viel mehr, besonders da er Nick gestern nachmittag, vor seiner Abfahrt nach Lanai, ausdrücklich ermahnt hatte, alles besonders genau zu überprüfen. Probleme bei einem Tauchgang, den das Büro von Takeo Yoshihara gebucht hatte, waren das letzte, was er gebrauchen konnte. Dieser schien wichtig zu sein, denn gestern war extra ein Lastwagen mit brandneuer Ausrüstung gekommen.
Nachdem er aufgewischt hatte, kümmerte sich Ken um die Tauchausrüstung. Er fragte sich, ob Nick überhaupt einen Blick darauf geworfen, geschweige denn, sie genau inspiziert hatte. Er hatte gerade begonnen, die Flossen und die Masken zu überprüfen, als Nick in der Tür erschien, begleitet von Al Kalama, der Nick bei dem Tauchgang helfen würde.
»Verlange ich wirklich zuviel von dir?« fragte Ken scharf. »Wenn ja, sag es mir bitte, dann suche ich mir jemand anderen.« Er sah Nick wütend an. »Und zwar statt deiner und nicht zusätzlich.«
Nick warf Al Kalama einen verwirrten Blick zu. »Wieso bist du so sauer auf mich?«
Ken Richter ließ seinen Blick durch den Lagerraum wandern. »Sieht das hier so aus, wie es sollte? Die Pfütze auf dem Boden habe ich schon weggewischt.«
»Wovon redest du eigentlich?« fragte Grieco. »Hier war keine Pfütze.«
»Habe ich dich nicht gebeten, diese Sachen hier zu checken, bevor du gehst?« fragte Ken, die Frage des anderen Mannes ignorierend. »Hast du gedacht, ich mache einen Witz?«
»Ich habe die Ausrüstung überprüft!« behauptete Nick. »Flossen, Masken, Mundstücke, Flaschen, alles.«
Ken Richter sah zu den fünf Flaschen hinüber, die er selbst gestern in die dritte Regalreihe gestellt hatte. »Hast du alle überprüft?« fragte er.
Nick folgte seinem Blick und stellte verunsichert fest, dass vier Flaschen fast völlige Leere anzeigten.
Hatte er die Flaschen wirklich überprüft?
Er versuchte sich zu erinnern.
Am Nachmittag war es ziemlich ruhig gewesen, und er hatte etwa eine halbe Stunde, nachdem die letzte Leihausrüstung zurückgegeben worden war, den Laden geschlossen.
Dann war er essen gegangen und hatte zwei Bier getrunken. Das musste er Ken nicht unbedingt erzählen. Aber er war später zurückgekommen und hatte wieder aufgeschlossen, wie vereinbart.
Er hatte sogar noch zwei Badeanzüge und ein Schnorchelset verkauft.
Dann hatte er gegen sieben den Laden endgültig geschlossen. Doch vorher hatte er noch die Ausrüstung für den Tauchgang heute morgen überprüft, wie Ken es ihm aufgetragen hatte.
Aber hatte er wirklich jede einzelne Flasche überprüft, oder...
Seine Gedanken wurden von einem lauten Klopfen an der Eingangstür unterbrochen.
»Das wird Yoshiharas Gruppe sein. Laß sie rein und versuch sie eine Zeitlang zu beschäftigen.
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