Hauptsache, es knallt!
die Hand. Und er hat auch nicht sein Schwamm-drüber-Lächeln herausgeholt. Was seine Hände betrifft, ist es vielmehr so, dass er sie dem Pfarrer um den Hals gelegt hat. Und er drückt den Hals samt dem Mann gegen die Kirchenwand. Und er lächelt auch nicht. Sein Kopf ist rot vor Wut. Der Pfarrerkopf ebenfalls. Der allerdings mehr so vor Luftmangel.
»WO IST ER?«
»Keuch … wer … denn?«
»DER PORSCHE!«
Hä? Was für eine abwegige Idee.
»Sie vermissen … einen Porsche, Herr … Mitscherlich?«
»DAS WAR UNSER BRAUTAUTO, SIE UNMENSCH!«
Was für ein Quatsch! Pfarrer stehlen doch keine Brautautos. Oder bin ich zu naiv? Pfarrer Kühlbrodt guckt zornig. Kann man verstehen. Dennoch, für die Gesamtsituation wäre es besser, er würde sich um Deeskalation bemühen. Tut er aber nicht. Auch als Herr Mitscherlich seinen Griff wieder lockert, um ihm Gelegenheit zum Reden zu geben, verschwindet das ungute Funkeln nicht aus den Pfarreraugen.
»Nun, Herr Mitscherlich, nehmen wir einmal an, ich hätte ihren Brautauto-Porsche.«
»WAS …?«
»Was ich mit ihm gemacht habe? Ja, das interessiert Sie natürlich. Aber sagen wir mal, ich habe noch gar nichts damit gemacht. Sagen wir mal, ich überlege noch.«
Respekt. Er könnte auch einfach versuchen, Herrn Mitscherlich in die Eier zu treten. Aber nein, er gibt mit Worten heraus. Völlig unerschrocken und, muss man sagen, auch ziemlich kreativ. Nur halt nicht gerade um Frieden bemüht.
»Ich könnte Ihnen zum Beispiel einen günstigen Leasingvertrag anbieten, Herr Mitscherlich.«
Okay, Volltreffer. Aber dieses Thema könnte jetzt mal langsam vom Tisch, finde ich.
»Wäre ein völlig neues Vertragsmodell, nicht wahr, Herr Mitscherlich? Loose & lease back. Könnte Furore machen.«
Jetzt ist es aber wirklich genug, Kühlbrodt.
»Aber irgendwie sind solche Geschäfte auch nicht so richtig meine Baustelle, Herr Mitscherlich. Wissen Sie, ich bin ja Pfarrer. Ich glaube, ich werde den Porsche lieber auf unserem Sommerfest zugunsten von Waisenkindern in Aserbaidschan versteigern lassen, was halten Sie davon?«
Herr Mitscherlich sagt zwar nichts, aber dass er sofort anfängt, Pfarrer Kühlbrodt wieder die Luft abzudrücken, sagt ganz klar, dass er nichts davon hält. Im gleichen Moment kommen Patrick und Jil um die Ecke. Einerseits ist das ein Glück, denn hier muss dringend etwas passieren. Andererseits könnte man auch sagen, sie kommen viel zu spät. Eine Minute früher hätte Herr Mitscherlich sicher sofort losgelassen, wenn Leute kommen, weil Skandal und so. Aber inzwischen ist er so in Rage, dass ihm jeder Skandal egal ist. Wenn man ihn nur von dieser fixen Idee abbringen könnte, dass der Pfarrer den Porsche hat stehlen lassen.
Dass Patrick beruhigend auf ihn einredet, nützt leider gar nichts. Ebenso wenig, dass ich nun endlich aus meinem Versteck herauskomme und mit den Armen fuchtele. Die Rettung bringt mal wieder Jil, die im nächsten Moment mit Maik Proschitzki im Schlepptau um die Ecke biegt. Und wie durch ein Wunder (wir sind ja auf kirchlichem Gelände) taucht im gleichen Moment Sven Wiesenhöfer aus seinem Raucherwinkel auf. Und wie die beiden jetzt einträchtig Herrn Mitscherlich von Pfarrer Kühlbrodt lösen, wirklich, mit welcher Ruhe und dennoch entschlossen und zielgerichtet. Und vor allem wie einträchtig. Wie vorhin beim Gesangbuch. Nur ist jetzt Markus’ Vater das Gesangbuch. Und sie bringen das Mitscherlich-Gesangbuch, nachdem die Messe gelesen ist, ganz sanft zu seinem Platz neben dem Brautpaar zurück, das immer noch die Gratulanten abarbeitet. Nicht eine Seite ist verknickt.
Jil, Patrick und ich kümmern uns derweil um Pfarrer Kühlbrodt. Der arme Kerl. Muss man ihm hoch anrechnen, dass es keine Schlägerei gab. Er hätte allen Grund gehabt, sich zu wehren. Aber nein, seine Waffe blieb am Ende das Wort. Bewundernswert. Und wirklich, was für eine abartige Idee von Herrn Mitscherlich, er hätte das Brautauto stehlen lassen, um ihm eins auszuwischen. Ein Mann der Kirche!
Nicht wahr?
»Und ich sage euch, er war es! Pfarrer Kühlbrodt hat den Porsche!«
Natürlich war er es.
»Jetzt komm mal runter, Tim. Nur weil er dir eine aufs Auge gehauen hat, heißt das noch lange nicht, dass er den Porsche hat.«
»Pah!«
»Es war eben einfach keine kluge Idee von dir, ihn zum Abschied zu fragen: ›Ähm, nur um ganz sicherzugehen, Sie haben unser Brautauto wirklich nicht, ja?‹«
»Man wird ja wohl noch mal nachhaken dürfen!«
»Du
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