Hauptsache, es knallt!
wieder auf. Ein paar Leute suchen nach ihren Namensschildern auf den Tischen und setzen sich schon mal, andere stehen in kleinen Gruppen zusammen, und drei Kinder spielen um einen der Tische herum Fangen. Bis Frau von Weckenpitz es ihnen verbietet. Der dritte Monitor zeigt das leere Foyer. Ich sehe, wie die nimmermüde Frau von Weckenpitz auch dort auftaucht, sich umschaut, angewidert den Kopf schüttelt und einmal mehr verschwindet. Der vierte Monitor zeigt eins der Salonzimmer. Dunkle Holzvertäfelung, Kronleuchter und in der Mitte ein großer, alter Billardtisch. Tolle Atmosphäre. Ein paar Leute sind bereits in das erste Spielchen vertieft. Aber auch hier haut Frau von Weckenpitz alsbald dazwischen und untersagt mit eindeutigen Gesten jedes weitere Berühren des antiken Spielgeräts. Und wieder eilt sie zum nächsten Ort, immer rastlos im verwegenen Kampf gegen die Übermacht der bösen Gäste. Sie ist tatsächlich noch viel schlimmer, als wir es uns vorstellen konnten.
Ein Räuspern in meinem Rücken. Herr Unzicker steht hinter mir.
»Hat irgendjemand gesagt, dasse sich hier hinsetzen dürfen?«
Allerhand. Was sagt man dazu? Ich entscheide mich für ein gepfeffertes: »Also hören Sie mal!« Das Problem an diesen Worten ist natürlich, dass sie irgendwie nie so richtig gepfeffert klingen. Und wenn man gleichzeitig schuldbewusst aufsteht, schon gleich drei Mal nicht. »Hast’n Problem, oder was?«, hätte ich sagen sollen. Und dazu die Füße auf den Tisch legen. Nächstes Mal, Herr Unzicker, ich schwöre. Er mustert mich schon wieder ohne jede Gefühlsregung. Doch, der muss früher wirklich bei der Stasi gewesen sein.
»Ich hab hier ne Augenklappe für Sie.«
»Vielen Dank auch.«
»Keine Ursache.«
Er wartet, bis ich sie mir aufgesetzt habe. Erst jetzt wird mir klar, dass das Ding nicht nur doof aussieht, sondern mir auch völlig unnötig die Sicht verdeckt. Denn so hart der Pfarrerhieb vorhin auch gewesen sein mag, gesehen habe ich noch ganz prima mit dem blauen Auge.
»Und nicht absetzen«, verabschiedet mich Herr Unzicker.
Während ich durch das Foyer gehe, spüre ich seine Blicke im Rücken.
Prachtstück
Ich treffe den Rest meiner Mannschaft auf der Terrasse. Es grummelt und grummelt am Himmel, aber noch immer will sich nichts entladen. Als würde der finstere Riese hinter den Wolken noch warten wollen, bis sich genug Ameisen im Schlosspark versammelt haben, damit sich der Kraftaufwand auch lohnt, wenn er mit seiner schrecklichen Keule zuschlägt. Die anderen stören sich nicht daran. Während ich mich nähere, höre ich, wie Henriette über die Ritterrüstungen im Foyer lästert. Die könnten unmöglich von hier stammen, sagt sie. Das Schloss wäre lange nach der Ritterzeit gebaut worden. Mir fällt so was nie auf. Schon irgendwie peinlich.
»Hallo, Pirat.«
»Schnauze, Bülent. Alles gut so weit?«
»Im Großen und Ganzen schon. Sven und Maik sind in unterschiedlichen Ecken. Wir haben Glück, dass Sven raucht. Rauchen darf man nur im hintersten Winkel der Terrasse. Und die meidet Maik wie die Pest, weil er, seit er dies Yogadingens macht, Nichtraucher ist. Linda hängt allerdings schon wieder an ihm dran. Da müssen wir aufpassen.«
»Und Sinja?«
»Bis jetzt ist nichts davon zu erkennen, dass sie eine durchgeknallte Idee hat. Sie macht sich eher nützlich, weil sie mit den Kindern spielt.«
»Brauchst du noch was, um dein Auge zu kühlen, Tim?«
»Nein, geht schon wieder, Jil. Außerdem, wie soll ich das anstellen? Den Lappen unter die Augenklappe klemmen? Die Weckenpitz macht ein Müsli aus mir.«
Alle sehen mich noch einmal an, keine Ahnung, ob aus Mitleid oder um sich an meinen neuen Anblick zu gewöhnen. Dann holt Henriette Luft.
»Okay, wir sind wieder komplett. Schnell Kriegsrat. Wir haben den Supergau: Frau von Weckenpitz ist hier. Irgendwelche Vorschläge? Bülent?«
»Betrunken machen.«
»Patrick?«
»Wir verhalten uns so ungebührlich, dass sie ihre Kräfte ausschließlich an uns verschwendet und nicht an die anderen Gäste.«
»Tim?«
»Töten.«
»Jil?«
»Im Weinkeller einschließen.«
Henriette seufzt.
»Okay, ich wollte etwas mit Ablenken vorschlagen, wie Patrick. Also, vier Ansätze. Schnelle Entscheidung, was machen wir?«
»Jils Vorschlag, Frau von Weckenpitz im Weinkeller einzuschließen, hat durchaus auch einen romantischen Aspekt, finde ich.«
Patrick versucht sich doch tatsächlich an Jil heranzuarbeiten. Allerhand. Und Mist. Ich bin
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