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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Neggers
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mochte.
    „So ist es besser“, entgegnete Barbara in neutralem Tonfall. „Würdest du deiner Mutter und deinem Bruder bitte nicht sagen, dass ich hier bin? Ich bitte dich nicht gerne darum, ihnen etwas zu verheimlichen, aber sie würden zwei und zwei zusammenzählen.“
    „J. T. sicher nicht. Mama schon …“
    Da Lucys Erinnerung an die tote Fledermaus noch sehr frisch war, würde sie möglicherweise falsche Fragen stellen und zu gefährlichen Schlussfolgerungen kommen. Barbara fühlte sich zwar äußerst unbehaglich, wenn sie ein Kind bat, etwas vor seiner Mutter zu verheimlichen, doch unter den gegebenen Umständen war es die einzige Möglichkeit.
    Das Mädchen lachte. „Ich liebe Geheimnisse. Natürlich werde ich keinem etwas von Ihnen erzählen. Ich möchte schließlich nicht, dass Sie Ärger mit Großvater bekommen.“
    „Nein, nein, darum geht es nicht. Ich möchte ihm nur nicht seine Überraschung verderben.“
    Madison nickte. „Er hat uns immer gern überrascht.“ Sie drehte sich abrupt um und fragte: „Waren Sie schon bei den Wasserfällen?“
    Ja, während des heimlichen Besuchs in der vergangenen Woche, dachte Barbara. Sie schüttelte den Kopf.
    „Sie müssen sie sehen. Sie sind nicht weit von hier. Haben Sie Zeit? Ich könnte sie Ihnen zeigen. Es dauert nicht lange.“
    „Für eine Wanderung bin ich nicht richtig angezogen.“
    „Es gibt einen Pfad, der vom Waldweg abzweigt. Er ist zwar ein bisschen länger als der Weg, der am Fluss entlangführt, aber er ist leichter zu laufen.“
    Madison war so eifrig. Das lag nur an ihrem bemitleidenswerten Leben. Eigentlich müsste sie jetzt in einem exklusiven Sommerlager sein oder ein Schuljahr im Ausland verbringen. Barbara bemühte sich, ihren Zorn zurückzuhalten. Wenn Jack nur seine Reserviertheit ihr gegenüber aufgäbe und endlich sähe, was sie ihm bieten konnte, dann hätte sie Einfluss auf seine Enkelkinder nehmen können. Er hasste es, dass sie allmählich zu Bauerntölpeln verkamen. Sie wusste es ganz genau.
    Sie lächelte gezwungen, als sie sich erhob.
    „Na, dann wollen wir mal“, sagte sie. „Zeig mir den Weg.“
    Madison sprang die Stufen von der Veranda hinunter. Barbara folgte ihr in langsamerem Tempo. In ihrer schwarzen Hose, der gestärkten weißen Bluse und den bequemen Slippern sah sie wirklich so aus wie die langjährige Mitarbeiterin eines amerikanischen Senators.
    Sie gingen über den Kiesweg zur Vorderseite des Hauses und bogen in den Waldweg ein. Da das Gebäude das letzte in der Sackgasse war, machte Barbara sich keine Sorgen darüber, dass jemand vorbeifahren und sie entdecken könnte. Es war zwar ein Risiko, jedoch eins, das sie einschätzen konnte – ein weiterer Beweis ihrer klugen Voraussicht. Madison brauchte etwas Abwechslung von den eintönigen Alltäglichkeiten ihres Sommerlebens.
    Barbara kannte sich auf den Waldwegen und den Pfaden in den Bergen, die oberhalb von Lucys Haus begannen, besser aus, als sie es zuzugeben wagte.
    In der vergangenen Nacht war sie allein zu dem gemieteten Haus zurückgekehrt, noch bevor sie den Vertrag mit dem Makler unterzeichnet und die Schlüssel bekommen hatte. Die verglaste Veranda war nicht abgeschlossen gewesen, und als Barbara hineinschlüpfte, flatterte ihr eine Fledermaus ins Gesicht.
    Es war noch sehr früh am Abend für Fledermäuse, und sie hatte befürchtet, dass diese möglicherweise Tollwut hatte.
    Und dann war ihr Lucy eingefallen.
    Barbara kannte sich mit Fledermäusen überhaupt nicht aus. Sie tötete keine wehrlosen Tiere. Sie hätte sie in Ruhe lassen oder versuchen können, sie herauszulocken, falls das Flattertier die Absicht gehabt hatte, sich auf der Terrasse häuslich niederzulassen.
    Aber ihre plötzliche Eingebung hatte sie erst wieder losgelassen, nachdem sie einen Stock gefunden und die Fledermaus erschlagen hatte. Anschließend hatte sie den Kadaver in eine Brottüte gesteckt, die vom Frühstück übrig geblieben war.
    Sie hatte ihren Wagen neben einer Kiefer am Rand des Waldwegs geparkt. Dann hatte sie den Fluss überquert. Auf dem gegenüberliegenden Ufer hatte sie einen günstigen Platz entdeckt, von wo aus sie den Garten hinter der Scheune in Augenschein nehmen konnte. Sie sah, wie Madison mit ihren Freundinnen das Haus verließ und J. T. mit seinem schmuddligen kleinen Freund fortging. Als Lucy schließlich mit ihrem Fernglas über die Felder lief, wog Barbara das Risiko und das Vergnügen gegeneinander ab. Sie wusste, dass sie erst dann aufhören

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