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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Neggers
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sie Witwe Daisy genannt.“
    „Hast du ein Problem damit?“
    „Ich weiß nicht so recht. Jedenfalls bin ich zufrieden mit meinem Leben. Und ich denke, sie war das auch.“
    „Und ob, denn sie ist hier geblieben, um hier zu leben, und nicht, um sich zu verstecken. Sie hat nie mehr geheiratet, aber sie hatte ein schönes, erfülltes Leben.“
    „Glaubst du, dass ich mich hier draußen verstecke?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Ist es nicht egal, was ich denke?“
    „Doch. Eigentlich schon.“ Sie grinste ihn an, um ihrer Bemerkung die Schärfe zu nehmen. „Jedenfalls was mein Leben angeht. Tote Fledermäuse in meinem Bett sind allerdings eine andere Geschichte.“
    Er legte die Hühnchenbrust auf den Teller neben das Gemüse. So häuslich war er schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Vielleicht noch nie. Aber er hatte ein gutes Gefühl dabei. Und wenn er jetzt nicht fortfuhr, dann würde er wieder ins Grübeln geraten und sich so seine Gedanken machen über Lucy; Gedanken, die er seit mehr als fünfzehn Jahren verdrängt hatte. Dass er sie neulich geküsst hatte, war vielleicht ein bisschen unpassend gewesen, aber er spürte beim besten Willen kein Bedauern darüber.
    Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
    „Was gibt’s?“ wollte er wissen.
    „Der Ausdruck in deinem Gesicht. Du hast doch nicht etwa wieder irgendwas in meinem Bett gefunden?“
    Er schaute sie an. Sie rutschte tiefer in ihren Stuhl und trommelte mit einem Fuß nervös auf den Boden. Er wusste Bescheid. Sie dachte ebenfalls gerade daran, wie sie sich geküsst hatten – und ihre Gedanken gingen noch viel weiter. „Lucy, ich habe dir doch versprochen, dass es nicht wieder passieren wird. Und das wird es auch nicht.“
    „Es ist mir egal, dass es passiert ist.“
    Sie bewegten sich auf dünnem Eis. „Dann ist es ja gut.“
    Sie sprang hoch, wobei sie es vermied, ihn anzusehen. „Jetzt sollten wir aber mal das Essen auf den Tisch stellen.“

10. KAPITEL
    N ach dem Abendessen verschwand J. T., und Lucy und Madison machten noch einen Ausflug mit dem Wagen. Sebastian hatte den Fehler begangen, den Jungen nicht in sein Zimmer einzuschließen. Während der Mahlzeit war er stumm gewesen. Das Hühnchen und den Salat hatte er gegessen, das gegrillte Gemüse aber nur auf dem Teller hin und her geschoben. Und jetzt war er wie vom Erdboden verschluckt.
    Sebastian sah in der Garage nach. Die Angelrute des Jungen stand nicht an ihrem Platz.
    Er ging um die Scheune herum und schlug den nur gemächlich abfallenden, dafür längeren Weg zum Fluss ein. Auf der anderen Seite der Scheune führte ein steiler Pfad direkt zum Ufer hinunter; hier hätte er nicht so lange gebraucht, um sein Ziel zu erreichen. Wäre er am vorhergehenden Tag nicht in den Fluss gestürzt, hätte er diesen Pfad genommen, denn der führte auf dem kürzesten Weg zur besten Angelstelle.
    Die Luft war kühl, feucht und ruhig. Der Fluss lag im Schatten von Schierlingstannen und Kiefern, und das Wasser war flach und kristallklar. Er ging hinunter zum Ufer. Beim Gehen hatte er zwar Schmerzen und fühlte sich steif, aber es tat gut, sich zu bewegen.
    Sebastian entdeckte J. T. auf einem Felsen an einer Biegung des Flusses. Neben ihm lag die Angelrute. Er schaute kurz auf, als er auf ihn zukam, und dann vergrub er wieder das Gesicht in den Händen.
    Er fluchte leise vor sich hin. Was sagte man zu einem weinenden Kind?
    „Hast du was gefangen?“ fragte er, als er näher kam.
    J. T. schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen.
    „Hast du was dagegen, wenn ich mich neben dich setze? Beim Laufen habe ich mich wohl ein bisschen zu sehr angestrengt, und jetzt habe ich Kopfschmerzen.“
    Als Antwort bekam er nur ein Schulterzucken.
    Sebastian nahm die Geste für ein Ja und ließ sich auf den Felsen nieder. Er war riesig und sah noch genauso aus wie damals, als er selbst ein Junge war. Nur die Bäume und das Unterholz waren dichter geworden und erinnerten ihn daran, wie die Zeit verging.
    „Das war mein Lieblingsplatz zum Angeln, als ich ein Junge war“, sagte er. „Aber viel habe ich nicht gefangen. Meistens bin ich hierher gekommen, um allein zu sein.“
    Keine Antwort.
    „J. T.“ Sebastian seufzte. Er hasste es, davon zu sprechen. „Es ist wegen dem Kanu-Ausflug von Vater und Sohn, stimmt’s? Rob hat mir davon erzählt. Er würde dich gerne mitnehmen. Aber er ist nicht dein Vater.“
    Der Junge sah auf. Tränen liefen ihm über die Wangen und hinterließen Spuren im schmutzigen Gesicht. Er

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