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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Bar«, meinte er, begeistert von der langen Mahagonitheke und der traditionellen Messingstange. In das kristallklare Harz der Thekenplatte waren Patronen, Knöpfe und Münzen aus der Bürgerkriegszeit eingelassen. Gleich darauf begrüßte ihn ein vertrauter – und erfreulicher – Anblick. Hinter der Bar glänzten Kessel mit Jungbier – der letzte Schritt des Gärungsprozesses vor dem Verbrauch – in goldenem Licht, fassartige Gefäße der Größe von Kompaktwagen. Eine Kreidetafel pries die Spezialitäten an: General Lee Rubin, Stonewall Jackson Maibock, Pickett’s Pils und Cusher’s Bürgerkriegsbier . Collier eröffnete mit seiner Kreditkarte die Bierdeckelrunde und bestellte zwei Lagerbiere bei einer Barkellnerin, die unscheinbar gewesen wäre, hätte sie nicht eine Oberweite wie Dolly Parton gehabt.
    »Ich schätz’, in den großen Dingern da wird’s Bier gebraut.« Jiff deutete auf die Messinggefäße.
    »Die heißen Jungbierkessel«, erklärte Collier. »Das eigentliche Brauen erfolgt in größeren Gefäßen, sogenannten Sudpfannen, in den oberen Stockwerken, aber den Anfang machen Maischbottiche. Insgesamt durchläuft die Bierherstellung etwa zehn Schritte, und Biere wie dieses – Lager – brauchen zum Fermentieren mindestens zwei Monate.«
    Jiff interessierte sich eindeutig nicht im Geringsten dafür; er sah sich nur nach bekannten Gesichtern um.
    Der junge Mann schien unter den Gästen nach jemandem Ausschau zu halten, und nach einer Weile begann Collier selbst, sich umzusehen, damit ihm nichts entging. Bestimmt sichtet er Frauen ... Kurz darauf schlenderte eine attraktive Kundin Mitte zwanzig vorbei; enge, ausgewaschene Jeans und ein Schlauchtop, das beeindruckende Brüste erkennen ließ. Was für eine heiße Braut ... Collier verrenkte sich den Hals, als er beobachtete, wie sie sich den Weg zwischen den Tischen hindurchbahnte, doch dann bemerkte er, dass Jiff keinen einzigen Blick für sie übrig hatte.
    Bevor sich sein neu erwachter Sexismus auf andere weibliche Gäste richten konnte, wurden zwei Pils vor ihn gestellt. Als ihm die knallgelbe Farbe auffiel, erwartete er auf Anhieb die Nachahmung eines Samuel-Adams-Biers, aber als er das Glas anhob und daran roch ...
    »Oh Mann. Herrliches Bukett«, sagte er.
    Jiff schaute verwirrt drein. »Wo?«
    Collier seufzte. »Jiff, so bezeichnen Bierkenner das Aroma eines Biers. Ein volles, aber dichtes Aroma wie dieses hier bedeutet, dass vom Brauer gutes Wasser mit wenig Mineralien benutzt wurde. Außerdem ist es ein Zeichen dafür, dass ausreichend gefiltert wurde und keine Verfälschungen durch Pasteurisierung vorhanden sind.«
    »Aha.«
    Collier betrachtete erneut die Farbe des Biers, als wäre das Glas eine Kristallkugel, dann probierte er den ersten Schluck und behielt ihn im Mund.
    Das Getreide kam sofort zur Geltung. Die Adstringenz des – zweifellos sechsrippigen – Hopfens legte sich nach dem ersten Eindruck, den Experten als Mundgefühl bezeichneten. Nach dem ersten Schluck erfreute sich Colliers Gaumen an dem komplexen, nahezu perfekten Abgang. »Das ist herausragend«, befand er.
    Jiff hatte sein Glas bereits halb geleert. »Ja, guter Stoff.«
    Guter Stoff. Dieser Bursche würde den Unterschied zwischen Schlitz und Schutzenberger Jubilator nicht erkennen. Aber was erwartete er? Auch nach zwei weiteren Schlucken behielt das Bier seinen gesamten Charakter bei. »Bestellen wir uns doch etwas zu essen, Jiff. Nehmen Sie, was immer Sie möchten. Ich esse nur einen Burger.« Doch im Augenblick interessierte ihn kaum etwas weniger als essen. Weitere Schlucke senkten den Schaum an der Seite des Glases tief ab. Die letzten zwei Zentimeter ließ Collier einige Minuten stehen, um zu beobachten, welche Eigenschaften sich zeigten oder verschwanden, wenn die Temperatur des Biers anstieg.
    »Schmeckt Ihnen also, was?«
    »Und ob, Jiff, und ob.« Collier saß ruhig und selig da, ehrfürchtig wie jeder anspruchsvolle Biertrinker, der auf eine Überraschung gestoßen war. »Das könnte eines der besten amerikanischen Lagerbiere sein, die ich je gekostet habe.«
    »Haben Sie nich’ gesagt, Sie hätten von wem anderem von Cusher’s gehört?«
    »Ja, stimmt. Ein paar Kollegen hatten es probiert – nur konnten sie sich nicht an den Namen des Ortes erinnern. Also habe ich im Netz recherchiert, um die Stadt zu finden.« Collier holte einen zusammengefalteten Ausdruck hervor. »Vielleicht könnten Sie mir bei etwas helfen.«
    »Jederzeit, Mr. Collier. Sagen Sie,

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