Haus der Lügen - 8
nicht kehrtmachen lassen, und wir haben auch keine acht Fünftage Zeit, um Granaten fertigen und zur Flotte schaffen zu lassen. Also bleibt uns nur noch eine Möglichkeit.«
»Wir haben eine Möglichkeit? Wirklich?« Cayleb grinste; das Grinsen wirkte bitter. Der High Admiral stieß ein raues Lachen aus.
»Von ›gut‹ habe ich bei dieser Möglichkeit ja auch nicht gesprochen!«, merkte er an.
»Nun, dann klären Sie uns doch bitte über diese nicht-so-gute Möglichkeit auf!«
»Leider werden wir den Druck auf die Desnairianer vermindern müssen – was mir ganz und gar nicht recht ist! Sollte jemand eine Möglichkeit sehen, wie wir sie dazu bewegen könnten, gegen Maigwairs ausdrücklichen Befehl doch nicht die Heimat zu verlassen und sich nicht der neuen Flotte der Kirche anzuschließen, würde ich die zu gern hören! Aber bis dahin lautet mein Plan, nach Norden aufzubrechen. Ich glaube zwar nicht, dass der Gegner einfach wendet und nach Hause fährt, sobald meine Marssegel am Horizont auftauchen. Aber zwei Dinge stehen doch fest: Der Gegner weiß dann, dass ich in der Gegend bin, und er weiß nicht , wie viele Schiffe wir aufgrund ihrer ›Desinformation‹ nach Chisholm geschickt haben. Also wird man mich als potenziell ernst zu nehmende Bedrohung ansehen müssen, und sei es auch nur anfänglich. Ich nehme genug Schoner mit, um die Gegenseite die ganze Zeit über genau im Auge zu behalten. Das allein sollte sie schon nervös machen. Mit ein bisschen Glück wird das den Gegner so vorsichtig werden lassen, dass er die Fahrt verlangsamt. Und wenn uns die Kirchen-Flotte zu ausgelassen wird und meint, ein bisschen Abenteuer würde ihr guttun, kann ich vielleicht wenigstens einige ihrer Kapitäne dazu verleiten, mich zu verfolgen. Damit würden sie sich schon einmal von der Hauptflotte lösen.«
»Und was genau soll das bringen?«, fragte Cayleb, dessen Tonfall verriet, dass er dem High Admiral konzentriert zuhörte und seiner Strategie zu folgen begann.
»Während ich die Flotte beschäftige, wird Domynyk die Heimat ansteuern. Über Kom bleiben wir in Kontakt. Dann wissen wir beide jederzeit, wo sich die Flotte der Kirche befindet. Domynyk wird alle Granaten an Bord nehmen, die Ehdwyrd bis dahin hat fertigstellen können, und erst dann wieder in See stechen, wenn es nicht mehr anders geht. Angenommen, die Gegenseite zerstreut sich nicht, aber ich kann sie immer noch im Auge behalten, wird er mir entgegensegeln. Falls die Feindflotte sich aufteilt und ein paar von deren Schiffen mich verfolgen, dann kann Domynyk sie ignorieren und sich um die Hauptflotte kümmern. Er wird natürlich furchtbar in der Unterzahl sein – ach verdammt, wir werden selbst dann furchtbar in der Unterzahl sein, wenn wir es schaffen, unsere beiden Flottillen vor Beginn der Schlacht zu vereinigen! Aber Domynyk hat dann wenigstens ein paar Tausend Granaten in seinen Munitionskammern. Dann sieht das Weitere so aus: Wir erwischen die gegnerische Flotte, und unsere Granaten tun in der Praxis genau das, was Ahlfryds Probeschüsse vermuten lassen. Die andere Seite dürfte in Panik geraten, sobald sie begreift, was wir ihr da gerade antun. Und wenn das geschieht, könnte es sein, dass wir in der Lage sind, sie zurückzuschlagen.«
»Erinnern Sie sich noch? Mein Vater hat immer gesagt, ein Flaggoffizier, der seine Strategie darauf aufbaue, dass alles genau so funktioniere wie geplant, sei ein Idiot.«
»Ja, daran erinnere ich mich. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich niemals auf eine derartige Strategie vertrauen. Bedauerlicherweise haben wir wohl keine andere Wahl!«
»Bryahn hat Recht, Euer Majestät«, warf Rock Point ein. »Gott allein weiß, wie wir die Desnairianer dazu bewegen könnten, brav zu Hause zu bleiben – oder zumindest so lange zu zögern, dass wir uns um die Nordflotte kümmern können. Aber das scheint mir das einzige Vorgehen zu sein, das überhaupt funktionieren könnte , ganz egal, wie viel dabei schieflaufen kann. Außerdem stehen wir, falls es nicht funktionieren sollte, nicht schlechter da, als wenn wir nichts unternähmen. Wir dürfen uns nur nicht in Nahkämpfe verwickeln lassen, bei denen uns das passiert, was Thirsk seinerzeit Gwylym angetan hat.«
»Aha, und wie zur Hölle wollen Sie das vermeiden, wenn Sie nicht genug Granaten haben oder diese nicht so funktionieren wie geplant?«, verlangte Cayleb zu wissen. »Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage, aber mein überragender Verstand sagt mir
Weitere Kostenlose Bücher