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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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wie Merlin es hier beschreibt, und schon gar nicht unmittelbar unter den wachsamen Augen der Inquisition. Aber ich denke, ich habe durchaus ein gewisses Gespür dafür, welche Schwierigkeiten sich ergeben können. Und auch dafür, in welchem Ausmaß man vorausschauen und planen muss. Gut, Ahnzhelyk hatte Jahre – ja, sogar Jahrzehnte – Zeit, das alles vorzubereiten und aufzubauen. Aber ich bin trotzdem tief beeindruckt.«
    »Tja ...«, sagte Merlin mit grimmiger Miene, »ich bin ebenfalls beeindruckt, Euer Hoheit. Aber Ahnzhelyk wird meinen, sie verdiene dergleichen nicht.« Er atmete tief durch. »Sie mag ja über zweihundert Personen aus den Tempel-Landen gerettet haben. Aber nach Owls letzten Berichten hat Clyntahn fast zweitausend festnehmen lassen.«
    »Zwei tausend? «, wiederholte Sharleyan sehr leise. Sie klang kummervoll. Merlin nickte langsam.
    »Wylsynns ›Kreis‹ war größer, als wir gedacht hatten«, erklärte er mit schwerer Stimme. »Neben ihm und seinem Bruder gehörten mindestens zwanzig weitere Vikare dazu – vielleicht sogar noch mehr. Laut den Fernsonden, die Owl in Zion eingesetzt hat, wurden mittlerweile mehr als dreißig Vikare festgenommen. Zusätzlich hat Clyntahn die Familien sämtlicher beschuldigter Vikare in Gewahrsam nehmen lassen – von denen abgesehen, die Ahnzhelyk hat fortschaffen lassen können –, und ebenso die Mitarbeiter jeglichen Stabes besagter Vikare und deren Familienangehörige. Außerdem wurden auch noch fünfzig Bischöfe und Erzbischöfe und deren unmittelbare Familienangehörigen festgenommen.«
    » Dreißig Vikare?« Staynair schüttelte den Kopf. Noch nie hatte Merlin den Erzbischofs derart bestürzt erlebt. »Das ist ja ein Zehntel des gesamten Vikariats!«
    »Ich weiß, Eure Eminenz. Ich fürchte aber, dass Clyntahn noch nicht einmal fertig ist. Offensichtlich nutzt er die Gelegenheit, das Vikariat von allen zu säubern, die vielleicht den Mut besitzen, sich ihm entgegenzustellen. Und«, nun schien Merlins PICA-Gesicht aus Granit gemeißelt, »die Inquisition hat bereits verkündet, sie wolle das gesamte Strafmaß aus dem Buch Schueler vollziehen, und zwar an jedem schändlichen, abtrünnigen und verdammenswerten Verräter, der seinen Eid vor Gott, den Erzengeln und Mutter Kirche gebrochen habe, wer auch immer er sei und welches Amt auch immer er bekleidet haben mag. Das sind viele.«
    Sharleyan schlug die Hand vor den Mund, und Cayleb stieß einen heftigen Fluch aus. Nahrmahns Miene veränderte sich nicht. Doch da war etwas in seinen Augen: Sie wurden viel eisiger, auch wenn man es kaum merkte. Seahampers Gesichtsausdruck entsprach Caylebs. Am erschreckendsten war Staynairs Mienenspiel.
    Maikel Staynair war ein sanfter, mitfühlender und liebevoller Mensch. Jeder, der ihn kannte, wusste das. Doch Sanftheit und Mitgefühl hatten einen Gegenpart – Staynair war stets bestrebt, seine Mitmenschen zu beschützen. Genau das hatte ihn zu einem wahren Hirten seiner Gemeinde gemacht. Ein Blick verriet Merlin, dass der Erzbischof von Charis eben jetzt ein Hirte war, der zwischen seiner Herde und einem von Safeholds sechsbeinigen, räuberischen Catamounts stand, einen Speer in der Hand und Mordlust im Herzen.
    »Kann Clyntahn das wirklich fertigbringen, Merlin? Was denkt Ihr?« Nahrmahns Sachlichkeit vermochte niemanden am Tisch zu täuschen. Alle blickten ihn an, und der Emeraldianer zuckte mit den Schultern. »Ich meine: Denkt Ihr, Trynair, Maigwair und Duchairn werden zulassen, dass Clyntahn eine derartige Torheit begeht?«
    »Ich weiß es nicht«, gab Merlin offen zurück. »Ahnzhelyk hat ein deutlich besseres Gespür dafür, was im Inneren des Vikariats und auch im Inneren der ›Vierer-Gruppe‹ vorgeht als wir. Nach allem, was sie mir erzählt hat, könnte Duchairn Clyntahn vielleicht aufhalten, wenn er es darauf anlegen würde. Aber Maigwair wird sich dem Großinquisitor nicht entgegenstellen. Schlimmer noch, so meint Ahnzhelyk: er könnte der gleichen Ansicht sein wie Clyntahn und jegliche potenzielle Opposition gänzlich ausmerzen wollen. Trynair ist schlau genug, zu wissen, welchen Schaden ein derartiger Exzess anrichten könnte. Aber er ist wohl leider zugleich auch verzweifelt genug, um zumindest vorerst Clyntahns Absichten zuzustimmen. Die Frage, die mich umtreibt, ist also: Wird Duchairn versuchen, Clyntahn aufzuhalten oder nicht ... oder wird er begreifen, dass er das überhaupt nicht kann . Dass ein Eingreifen seinerseits nur eines bewirken würde:

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