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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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verwandelte sich das Entsetzen in Triumph, dann in Vorsicht.
    Woher war die Echse gekommen? Er ließ sich in die Hocke nieder und betrachtete sie aus der Nähe. Sie glich keinem der Wesen auf den Leinwänden seines Meisters. War es eine Schöpfung Contrario-Buntfingers? Die Form war die einer gewöhnlichen Eidechse, nur etwas länger, etwas aggressiver und mit einigen höchst gefährlichen Zusätzen versehen: Giftzähne, messerscharfe Krallen, eine Sprungkraft, die unglaubliche Geschwindigkeiten ermöglichte.
    Rasend schnell hatte sie ihn angegriffen und sich auf seinen Nacken gestürzt. Doch eine noch schnellere Bewegung und diese blauen Blitze hatten sie abgleiten lassen. Beinahe
leblos war sie von seiner Schulter geplumpst und vor ihm auf dem Boden gelandet. Dann hatte er gedankenschnell seinen Fuß auf den Leib des Tieres gesetzt. Jetzt war es nur noch eine Hülle. Gedankenverloren betrachtete Jan die rot schillernden Schuppen, die im Todeskampf in allen Farben geglüht hatten, um jetzt auszubleichen. Im Tod war es weiß geworden wie eine gekalkte Wand. Wie das alles zugegangen war, konnte er nicht sagen. Zu schnell, zu ungewöhnlich war es gewesen. Mit der Hand fuhr er sich über den Nacken. Das Vieh hatte versucht, ihn zu beißen. Gelungen war es ihm nicht. Doch wo um alles in der Welt kamen die blauen Blitze her? Stammten sie von diesem Tier? Nein. Andererseits konnte Jan auch kaum glauben, dass er sie selbst aussandte. Doch sie waren erst erschienen, nachdem das Tier ihn angesprungen hatte. Ihm war, als beschützten sie ihn.
    Das Mal am Rücken juckte, und er war versucht, sich zu kratzen. Hatten die Blitze etwas mit dem Mal zu tun? Hatten sie etwas mit seiner Herkunft zu tun? So viele Fragen türmten sich auf und keine wurde beantwortet.
    Jan drehte sich nach Julia um, doch die war nicht mehr zu sehen. Er würde nicht mehr erfahren, was Julia ihm hatte sagen wollen. Jetzt war sie im Haus und für ihn unerreichbar.
    Er trat beiseite. Sein Fuß schmerzte vom andauernden Druck. Er schüttelte das Bein aus und suchte nach einer Möglichkeit, das Vieh mitzunehmen. Er brauchte einen Beweis, musste seinem Meister etwas von dem Treiben seines Adlatus berichten. Er suchte im Garten und fand endlich einen Lederlappen, der vor dem Hühnerstall zum Trocknen aufgehängt worden war. Er wollte das Wesen in diesen Lederlappen einwickeln. Doch als er zu der Stelle zurückkehrte, an der die Dämonenechse gelegen hatte, war sie leer. Das Tier war verschwunden.
    Jan stutzte, glaubte zuerst, er hätte sich im Ort geirrt,
doch es gab keinen Zweifel. Einzig ein Stück der rötlichen Schwanzspitze war zurückgeblieben, die das Tier im Todeskampf abgeworfen hatte.
    Jan bückte sich und hob sie auf. Es war ein ledernes Stück Etwas, das sich anfühlte, als hätte er einen Lederbändel in der Hand. Er steckte ihn ein. Obwohl die Eidechsenschlange eigentlich hätte tot sein müssen, hatte sie offenbar überlebt.
    Jan schauderte es bei dem Gedanken, das Vieh könnte irgendwo sitzen und auf ihn lauern. In seinem Nacken kitzelte es, aus Angst vor einem weiteren Angriff. So rasch es die Umstände zuließen, verschwand er aus dem Garten.
    Jan entschied sich, nicht auf direktem Weg zu Messer Arcimboldos Haus zurückzukehren. Der Umweg verschaffte ihm die Muße, nicht nur auf das silberne Band der Moldau hinunterzublicken, die von der schwarz im Wasser liegenden Karlsbrücke überspannt wurde, sondern sich auch ein wenig von dem Schrecken zu erholen. Er konnte seine Gedanken sammeln, während er die Flößer beobachtete, wie sie ihre gewaltigen Gefährte um die Moldaubiegung herumsteuerten und geschickt zwischen den Pfeilern der Brücke hindurchlenkten. Ihre Rufe klangen wie die Gesänge der Bergriesen, von denen ihm seine Mutter einmal erzählt hatte. Weil diese Wesen so gewaltig und himmelragend waren, hörten sich ihre Gesänge an wie das Heulen des Windes und das Grummeln des Donners – und kein Mensch konnte darin die wundersamen Melodien erahnen, die alle Bergriesen so in Bann zogen.
    Auch Jan verstand nichts von den Rufen der Flößer. Er sah nur, wie mit jedem Ruf das Floß eine neue, eine wichtige Wendung nahm und so dem gefährlichen Zusammenstoß mit der Brücke oder dem Anlanden im Moldaubogen entging.

    Jan streunte durchs kniehohe Gras, trat mit dem Fuß gegen Stängel und Blüten und dachte nach. Er musste sich darüber klar werden, ob er bei Messer Arcimboldo bleiben wollte. Diese merkwürdigen Ereignisse, dieser Adlatus und

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