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Haus der Sünde

Haus der Sünde

Titel: Haus der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Costa
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doch keine Sorgen über die Ergebnisse dieser Tests? Dr. Colville hat ja gesagt, dass alles bestens ist. Nun brauchst du einfach nur etwas Zeit, ehe du nach und nach dein Gedächtnis wieder zurückgewinnst.«
    »Ich mache mir eigentlich keine Sorgen wegen der Tests«, erwiderte er. Claudia hatte den Blick auf die Straße gerichtet, doch sie spürte, dass er sich ihr zuwandte. Sie glaubte fast das atemberaubende Lächeln zu sehen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete. »Ich habe gerade darüber nachgedacht, woran ich mich bisher erinnern kann … Warum zum Teufel erinnere ich mich an die Nacht mit Vivian, aber an sonst nichts?« Er klopfte mit dem Zeigefinger auf den Sitz, auf dem er saß. »Du meinst doch wohl nicht, das könnte bedeuten, dass ich schwul bin?«
    Claudia hätte am liebsten gekichert, hielt sich aber zurück. Seine Stimme klang so ernst, es war wirklich nichts, worüber sie lachen sollte. »Nun, du kannst doch nicht … hm, wie soll ich das jetzt sagen? Du bist jedenfalls ganz offensichtlich kein eingeschworener Homosexueller, denn sonst würdest du ja
nicht mit mir schlafen wollen.« Sie machte eine Pause und fuhr dann ein wenig unsicher fort. »Es sei denn, du hast eine Möglichkeit gefunden, das alles nur vorzugeben.«
    »Nein, das sicher nicht«, erwiderte er ein wenig schroff. »Was ich für dich empfinde ist echt. Meine Reaktionen auf dich sind echt. Wie kannst du das in Zweifel ziehen?«
    O nein! Ich habe ihn gekränkt, dachte Claudia und verspürte einen Stich in ihrem Herzen. »Ich ziehe es gar nicht in Zweifel«, entgegnete sie. »Es tut mir Leid, das war töricht von mir … Es ist nur eine sehr seltsame Situation, in der wir uns befinden. Du musst dich doch furchtbar verwirrt fühlen, und ich werde den Eindruck nicht los, als zöge ich meinen Vorteil daraus.«
    »Wie kannst du nur so etwas denken!«, rief er mit einer plötzlich leidenschaftlich klingenden Stimme. »Ich kann mir nicht vorstellen, was mit mir hätte geschehen können, wenn ich dich nicht getroffen hätte. Ich verdanke dir alles.« Er lachte leise, und Claudia merkte, wie sie sich wieder entspannte. »Und ich kann kaum glauben, wie viel Glück ich hatte. Bestimmt wird nicht jeder mit Gedächtnisverlust, der verwirrt durch die Gegend stolpert, von einer Frau aufgenommen, die sich als klug, schön und noch dazu fantastisch im Bett herausstellt.«
    »Vielen Dank«, sagte Claudia, die sich besonders darüber freute, als fantastisch im Bett bezeichnet zu werden – auch wenn sie das nicht offen zugeben wollte. »Aber meinst du nicht auch, dass das jede Vermutung, du könntest schwul sein, hinfällig macht? Wenn du eine Frau als fantastisch im Bett erlebst, musst du doch zumindest eine gewisse Erfahrung im Liebesspiel mit Frauen haben.«
    »Das stimmt«, erwiderte er nachdenklich. »Es ist nur so, dass ich mich einfach nicht an eine Frau erinnern kann. Ich habe nur eine instinktive Erinnerung an den Akt und die dabei
erlebten Gefühle, das Verlangen und die Lust … Aber ich verbinde es nicht mit einem bestimmten Menschen. Wenn ich versuche, mich an Gesichter und Körper zu erinnern, sehe ich immer nur dein Gesicht und deinen Körper vor mir.«
    Claudia, die dieses letzte Geständnis besonders berührte, versuchte sich auf das Fahren zu konzentrieren. Plötzlich verspürte sie so etwas wie Angst vor dem jungen Mann, der neben ihr saß. Er war außergewöhnlich, und was sie für ihn empfand, war viel zu viel, und es ging auch viel zu schnell. Als sie am Friedhof von Rosewell vorbeifuhren, überkam sie das Bedürfnis anzuhalten, um wieder etwas Vertrautes um sich haben zu können.
    »Hast du was dagegen, wenn wir hier kurz anhalten?«, fragte sie und fuhr den Jaguar auf den kleinen Parkplatz vor dem Friedhof. »Ich … ich war schon eine ganze Weile nicht mehr hier, und ich glaube, es täte mir mal wieder ganz gut.«
    »Willst du allein sein?«, erkundigte sich Paul, als sie gerade aussteigen wollte. Sanft legte er seine Hand auf ihren Arm.
    »Nein … nein, ich glaube nicht«, antwortete sie. »Ich fühle mich in deiner Gesellschaft sehr wohl. Wie müssen nicht lange bleiben. Ich möchte mich einfach wieder auf meine Wurzeln besinnen – so könnte man es wohl nennen.«
    Paul nickte, ohne etwas zu sagen, und stieg dann ebenfalls aus dem Auto.
    Du verstehst das doch alles, nicht wahr, Gerry, fragte sie ihren verstorbenen Gatten in Gedanken, als sie auf die schlichte Inschrift blickte, die sich auf dem schwarzen Granitblock befand.

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