Haus der Vampire 03 - Rendezvous mit einem Unbekannten-ok
Raumes stand, sah zwar aus wie Myrnin – aber es rührte sich nicht. Vampire atmeten ein wenig; das Blut, das sie den Menschen entzogen, brauchte Sauerstoff, hatte Claire herausgefunden, wenn auch viel weniger als bei einem normalen Menschen. Aber seine Brust hob und senkte sich nicht, seine Augen waren geöffnet und starr und er bewegte sich überhaupt nicht. Er sah sie nicht einmal an. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf irgendeinen Punkt an der Seite.
»Myrnin?« Sie stellte langsam ihre Tasche ab. »Ich bin’s, Claire. Können Sie mich hören?«
Seine Brust hob sich ein klein wenig und er flüsterte: »Raus hier. Geh.«
Und Tränen quollen aus seinen großen, starren Augen und liefen über seine bleichen Wangen.
»Was ist? Was ist passiert?« Sie vergaß alle Vorsicht und ging auf ihn zu. »Myrnin, bitte sagen Sie mir, was nicht stimmt!«
»Du«, sagte er. »Es ist falsch.«
Und dann brach er einfach zusammen. Fiel zu Boden, als hätten seine Knie versagt, und der ganze Rest ebenfalls. Es war kein eleganter Fall und ein normaler Mensch hätte sich dabei verletzt, vielleicht sogar schlimm. Myrnins Kopf schlug mit einem massiven Knall auf dem Boden auf und Claire kauerte sich neben ihm nieder und legte ihm die Hand auf die Brust – sie war sich nicht sicher, was sie tun, wonach sie tasten sollte. Nicht nach dem Puls – Vampire hatten keinen, zumindest keinen, den ein Mensch entdecken konnte. Das wusste sie, seit sie sich mal an Michael angelehnt hatte.
»Ich kann das nicht«, sagte Myrnin. Seine kalte Hand zuckte nach vorne und packte sie am Arm, so heftig, dass es bestimmt blaue Flecken gab. »Warum bist du da? Du solltest doch gar nicht kommen!«
»Wovon reden Sie?« Claire versuchte, sich loszureißen, aber sie hätte genauso gut an einem Brückenkabel ziehen können.
Myrnin konnte ihr alle Knochen brechen, wenn er wollte. Oder wenn er nicht aufpasste. »Myrnin, Sie tun mir weh. Bitte...«
»Warum?« Er schüttelte sie und sie konnte die Panik in seinen Augen sehen. Deshalb holte sie tief Luft und vergaß, dass es wehtat, wo er sie festhielt. »Es war nicht vorgesehen, dass du wieder hierherkommst!«
»Amelie schickte mir eine Nachricht. Sie schrieb, ich hätte nur zwei Tage, um zu lernen...«
Myrnin stöhnte und ließ sie los. Er bedeckte seine Augen mit den Händen, rieb sich über das Gesicht und sagte: »Hilf mir auf.« Claire legte ihre Hand unter seinen Arm und schaffte es, ihn aufrecht hinzustellen, sodass er sich gegen einen massiven Laborschrank lehnen konnte, der am Boden festgeschraubt zu sein schien. »Zeig mir die Nachricht.«
Sie ging zurück zur Treppe, schnappte sich ihren Rucksack und holte die Nachricht hervor. Myrnin faltete sie mit zittrigen Fingern auseinander und schaute sie sich genau an.
»Was? Ist sie gefälscht?«
»Nein«, sagte er langsam. »Sie hat dich zu mir geschickt.« Er ließ die Notiz in seinen Schoß sinken, als wäre sie unerträglich schwer geworden, und lehnte seinen Kopf gegen die harte Oberfläche des Laborschranks. »Dann hat sie wohl die Hoffnung aufgegeben. Sie handelt aus Angst, aus Panik. Das sieht ihr nicht ähnlich.«
»Das verstehe ich nicht!«
»Genau das ist das Problem«, sagte Myrnin. »Du verstehst es nicht. Und du wirst es nicht verstehen, Kind. Das hatte ich ihr zuvor schon erklärt – auch der intelligenteste Mensch kann das nicht schnell lernen. Und du bist so wahnsinnig jung.« Er klang müde und sehr traurig. »Und nun kommen wir zum letzten Teil, Claire. Denk mal darüber nach: Amelie schickt dich zu mir, obwohl sie weiß, dass du meiner Meinung nach unsere Probleme nicht lösen kannst. Warum sollte sie das wohl tun? Du weißt, was ich bin, was ich mache, wonach ich lechze. Warum würde sie dich mir vor die Nase setzen, wenn sie nicht wollte, dass ich... dass ich...«Er schien sie anzuflehen, ihn zu verstehen, aber was er sagte, ergab keinen Sinn. »Du weißt nicht, wozu sie fähig ist, Kind. Du weißt es nicht!«
Es lag so viel Furcht in seiner Stimme und in seinem Gesicht, dass sie echtes Grauen packte. »Wenn sie nicht wollte, dass Sie mich unterrichten, warum hat sie mich dann zu Ihnen geschickt?«
»Die Frage ist: Warum hat Sie dir immer so gewissenhaft eine Begleitung zur Verfügung gestellt und schickt dich jetzt ganz allein zu mir?«
»Ich...«Sie hielt inne, weil sie sich an etwas erinnerte. »Sam sagte, ich solle Sie nach den anderen fragen. Nach den anderen Lehrlingen. Er sagte, ich sei nicht die
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