Haus des Blutes
wurde und sich das Fenster an der Fahrertür öffnete, bekundete er seine Dankbarkeit daher mehr als überschwänglich.
Dann hatte er Miss Wickman gesehen.
Eine in gewisser Weise attraktive Frau, die jedoch furchtbar kalt und unnahbar wirkte.
Trotzdem war er in den Bentley gestiegen und mit ihr über den kurvigen Abschnitt des ländlichen Highways gefahren, bis sie das Haus erreichten, das sie als »Zuhause des Meisters« bezeichnete. Sie hatte diesen Typen in jedem einzelnen Satz ihrer Beiträge zur einsilbigen Konversation erwähnt, die sie unterwegs geführt hatten.
Der Meister.
Na klar.
Mark schüttelte den Kopf. Die Bezeichnung beschwor Bilder von irgendwelchen Grafen herauf, die in alten Schwarz-Weiß-Filmen auf mächtigen Burgen residierten. Dieses Gebäude hier konnte man jedoch nur schwerlich als imposant bezeichnen, zumindest nicht von außen. Es war zwar relativ groß – die Art, die in der Vorstadt locker eine halbe Million Dollar gekostet hätte – wirkte aber ganz und gar nicht wie das angemessene Domizil für einen Mann, dessen Angestellte ihn »Meister« nannten.
Mark blieb jeglicher Spott im Hals stecken, als er durch das Eingangstor trat. Es baumelten zwar keine Leichen an Fleischerhaken von der Decke und er war auch nicht in die Kulissen eines Horrorklassikers von Wes Craven gestolpert. Aber irgendetwas an diesem Haus war unbestreitbar … schräg. Die Atmosphäre schien mit einer beinahe greifbaren Gefahr aufgeladen zu sein. Er zuckte bei jedem flackernden Schatten aufs Neue zusammen. Als Miss Wickman ihn gefragt hatte, ob irgendetwas nicht in Ordnung war, gab er sich alle Mühe, den Anflug eines Grinsens zu ignorieren, der einen ihrer Mundwinkel umspielte.
Sie hatte ihn angewiesen, im Wohnzimmer Platz zu nehmen, sich an der Bar einen Drink einzuschenken, wenn ihm danach war, und auf die Ankunft des Meisters zu warten. Er erkundigte sich in gespielt entspanntem Tonfall nach dem Namen des Meisters, aber sie bedachte ihn lediglich mit einer versteinerten Miene, die dem Mount Rushmore Konkurrenz machte.
Hier saß er nun also.
Wartete noch immer.
Und klappte den Deckel seines Zippos nervös auf und zu.
Auf und zu.
Dann, zur Hölle damit, flackerte schließlich doch eine Flamme auf, und die Marlboro, die in seinem Mundwinkel baumelte, erwachte glimmend zum Leben. Mark inhalierte den Rauch tief in die Lunge, genoss ihn einen wunderbar süßen Moment lang und blies ihn dann langsam wieder aus. Er fühlte sich sofort besser. Aber nur ein bisschen. In der Ecke tickte eine Standuhr. Tick. Tack. Wie das Ticken einer Uhr in einer Todeskammer, wenn es auf Mitternacht zuging.
Er dachte über diesen Kerl nach. Den Meister.
Was immer er auch sonst noch sein mochte, es musste sich auf alle Fälle um ein selbstgefälliges Arschloch handeln, dass er ihn so lange warten ließ.
Mark nahm einen weiteren tiefen Zug, als er das klatschende Geräusch von Slippern auf dem Parkettfußboden hörte. Er nahm die Kippe aus dem Mund, deponierte sie in einer der Kerben des Aschenbechers und stand auf.
Er runzelte unbewusst die Stirn.
Das sollte der Meister sein?
Er versuchte, sich ein Schmunzeln zu verkneifen, was ihm jedoch nur bedingt gelang. Er wusste nicht genau, was er erwartet hatte, aber das auf keinen Fall. Er war auf eine imposante Erscheinung gefasst gewesen, so etwas wie eine Mischung aus einem altmodischen Plantagenbesitzer und einem knallharten Geschäftsmann der Gegenwart. Aber dieser Typ dort sah ganz und gar nicht danach aus. Scheiße, dieser alte Trottel erinnerte ihn verdächtig an seinen Professor für Altgriechisch an der Southern Florida State University.
Dann hallte seine Stimme durch den Raum. »Mr. Cody, nehme ich an?«
Mark streckte eine Hand aus. »Ganz genau.« Er verwandelte das Schmunzeln in ein Lächeln, das falsche Ernsthaftigkeit ausstrahlte. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Der alte Mann erwiderte das Lächeln. »Ebenfalls.«
Mark räusperte sich. »Entschuldigen Sie … aber wäre es sehr indiskret, Sie nach Ihrem Namen zu fragen? Miss Wickman hat ihn mir nicht genannt.«
Der Mann spitzte die Lippen und nickte professorenhaft. »Miss Wickman ist eine sehr loyale … Angestellte.«
Marks Lächeln wurde noch breiter. »Ja, na ja, wir sind ja keine Fremden mehr, oder? Jetzt, wo wir uns einander vorgestellt haben, meine ich.«
Der Fremde betrachtete ihn mit einem leicht amüsierten Grinsen. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, wandte dann jedoch seinen Kopf
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