Haus des Blutes
er Cindys Leiche zu Gesicht bekam.
Chad erkannte Mitgefühl in den Augen des Mannes, als dieser ihn durchdringend anstarrte. »Eins kann ich dir versprechen: Die Arschlöcher, die das zu verantworten haben, werden heute Nacht sterben.« Er streckte Chad seine Hand entgegen. »Okay, dann wollen wir mal.«
Chad nahm die angebotene Hand entgegen und wurde mit einem kräftigen Ruck auf die Füße geholt. Dann kniete der Mann sich neben Cindy und zog die Decke über ihren Kopf und Oberkörper. Er hob sie vom Boden auf, bedeutete Chad mit einem Kopfnicken, ihm zu folgen, und trug die Leiche in die Baracke hinein. Chad, noch immer wie betäubt, aber dennoch fasziniert vom plötzlichen Auftauchen dieses Superhelden, folgte ihm.
Der Mann bettete Cindy sanft auf die Matratze, griff nach einem zerknitterten, durchlöcherten Laken und bedeckte damit die untere Hälfte der Leiche. Dann nahm er eine ihrer leblosen Hände in seine, küsste die fahle Haut und murmelte etwas, das Chad nicht verstehen konnte. Er schloss die Augen, kniff sie ganz fest zusammen und atmete tief ein.
Anschließend richtete er seinen stählernen Blick wieder auf Chad, hoch konzentriert und eindringlich zugleich. »Zieh dich an, Chad. Da gibt’s noch eine Revolution, um die wir uns kümmern müssen.«
Chad begab sich auf die Suche nach seinen Klamotten.
Es überraschte ihn kaum, dass der Mann seinen Namen kannte.
Seitdem waren mehrere Stunden vergangen. Chad hatte inzwischen mehr über Jack Paradise erfahren, und der Mann schenkte ihm mehr Zuversicht, als Lazarus es je vermocht hätte. Er strahlte einen unglaublichen Tatendrang und eine immense Energie aus. Fraglos ein faszinierender Mensch, der eine Menge zu sagen hatte. Paradise riet ihm, seine Trauer und seine Wut »zwischenzeitlich einzulagern«, wie er sich ausdrückte. Aber nicht für immer. Später würde Chad erkennen, dass seine Wut, wenn er sie denn richtig kanalisierte, ein nützliches Werkzeug sein konnte, erklärte er ihm. Möglicherweise verlieh sie ihm sogar den nötigen Mut, um sich direkt in die Höhle des Löwen vorzuwagen.
Paradise brachte ihn zurück zum Außenposten, wo Lazarus bereits im Hinterzimmer auf ihn wartete. Den alten Sänger nahm die Nachricht von Cindys Tod sichtlich mit. Sein Gesicht wirkte aufgequollen, und seine Augen waren tiefrot. Sein Atem roch nach Alkohol, aber der Geruch war nicht so stark, wie Chad befürchtet hatte. Er umarmte den Neuankömmling und klopfte ihm auf den Rücken. Chad hielt den alten Mann in seinen Armen und versuchte, sich Jacks Rat zu Herzen zu nehmen.
Zwischenzeitlich einlagern.
Zwischenzeitlich einlagern, verdammt noch mal.
Leichter gesagt als getan.
Im Raum hielten sich noch andere Personen auf. Weitere Verschwörer. Zwei von ihnen sahen aus, als wären sie aus demselben Holz geschnitzt wie Jack. Ein anderer, ein Mann mit gebeugten Schultern, schien ihm mindestens zehn Jahre älter als Lazarus zu sein. Chad erkannte außerdem eine Frau als eine der beiden Befreiten wieder, die vor dem Sexclub mit ihren Peitschen geknallt hatten. Und dann war da noch ein junger Bursche, offensichtlich im selben Alter wie Chad bei seiner unerwarteten Rettung durch Dream damals an der High School.
Ungläubig registrierte Chad, dass allem Anschein nach auch ein Kind Mitglied dieses inneren Zirkels war. Ein zweiter Blick auf den Jungen enthüllte jedoch Augen, die wache Intelligenz und wilde Entschlossenheit ausstrahlten. Allein dieser Blick verriet Chad, dass der Junge größeren Mut besaß, als er selbst in seinem Alter je zu träumen gewagt hätte.
Jack stellte sie einander vor. »Ihr wisst ja alle, wer Chad ist, aber er ist da noch leicht im Nachteil. Ich übernehme das mal, wenn ihr erlaubt.«
Er nickte in Richtung der Frau. »Das ist unsere Wütende Wanda.«
Die Miene der Frau wirkte finster und ihr Mund verzerrte sich zu einer schmalen Linie.
»Wanda und Cindy standen sich sehr nahe, Chad. Man könnte sagen, sie waren enge Vertraute.«
Dann machte er ihn mit den bulligen Männern bekannt, die Chad im Stillen als Jack-Klone bezeichnete, und tatsächlich handelte es sich auch bei ihnen um ehemalige Soldaten. Ihre Namen lauteten Shaft – inspiriert von Richard Roundtree – und Joe – nach G. I. Joe. Shaft war ein imposanter, dunkelhäutiger Mann mit glänzendem, kahl rasiertem Schädel, während Joe wie ein bärenstarker Farmbursche aus dem Herzen Amerikas wirkte.
»Der alte Knacker hier heißt Jake Barnes.«
Barnes lachte auf. »Von
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