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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
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aus meinem Gesicht weicht. »Vielleicht«, sagt sie. »Bei Hirnverletzungen kann man nie wissen.«
    Doch sie weiß es, und ich auch, und während ich aus dem Pflegeheim marschiere, spiele ich im Kopf durch, was es bedeutet hätte, wie es gewesen wäre, wenn Bridget sich zu mir umgedreht und mich angelächelt hätte, wie es gewesen wäre, wenn sie mit mir nach Hause gekommen wäre, während die verblüfften Ärzte von einem Wunder gesprochen hätten, weil das »Man kann bei Hirnverletzungen nie wissen« auf den Plan getreten ist.
    Als ich meinen Wagen erreiche, schaue ich zum Fenster zurück und hoffe insgeheim, dass dort meine Frau steht, obwohl ich eigentlich weiß, dass das nicht passieren wird. Als ich allerdings sehe, wie ihr Gesicht durch die aufgezogenen Vorhänge hinausstarrt, zucke ich fast zusammen. Ihre bleichen Züge und ihr Pyjama werden von den roten und blauen Lichtern der Streifenwagen unter ihr beleuchtet. Ich verharre mit der Hand an der Wagentür und beobachte sie, in der Hoffnung, dass sie sich bewegt. Neben ihr erscheint Schwester Hamilton, sie legt Bridget den Arm um die Schulter und verfolgt das Geschehen vor dem Gebäude, doch mich bemerkt sie nicht. Schließlich führt sie meine Frau vom Fenster fort.
    Als ich zu John Morgan fahre, zittern mir die Hände, ich bin mir allerdings nicht sicher, warum. Weil ich elektrisiert bin vor Hoffnung, weil ich es unheimlich fand, Bridget wie einen Geist aus dem Fenster starren zu sehen,
weil ich einen Kaffee brauche, oder liegt es an dem Fall? Um fünf erreiche ich schließlich John Morgans Haus. Ich kriege den Anblick von Bridgets Gesicht, das auf die Autos hinunterstarrt, nicht mehr aus dem Kopf. Ich könnte schwören, dass sie sie richtig angeschaut und nicht nur durch sie hindurchgeblickt hat.
    Aber vielleicht hoffe ich das auch nur.

Kapitel 16
    Der Arzt besitzt ein hübsches Haus, und wenn Caleb könnte, würde er hierbleiben. Er wünschte, er könnte, nachdem er die letzten Leute auf der Liste getötet hat, hierher zurückkehren und sich in aller Ruhe um den guten Arzt und seine Familie kümmern. Hier die Nacht verbringen. Sich Frühstück machen. Sich unten auf der großen weichen Couch ausruhen und fernsehen. Doch das Haus des Arztes ist nicht der Ort, den er sich fürs große Finale auserkoren hat.
    Caleb fallen fast die Augen zu, als er die Kofferraumklappe über Dr. Stanton zuschlägt und zur Fahrerseite geht. Er hat Schmerzen. Das kommt von den ständigen Prügeln. Der Knast hat ihn kleingekriegt. Im Laufe der Jahre hat man ihm viermal das linke Bein gebrochen, das rechte nur einmal, als hätten die Männer, die ihm das angetan haben, von Kindesbeinen an eine Abneigung gegen Symmetrie gehabt. Seinen linken Arm haben sie ihm zweimal gebrochen, seinen rechten gar nicht. Und fast all
seine Finger hat man ihm zertrümmert und umgebogen, und die rechte Hand kann er nur unter Schmerzen zur Faust ballen. In seinem früheren Leben ist er mal Mathematiklehrer gewesen. Er wusste eine Menge über Zahlen. Zum Beispiel, dass der menschliche Körper zweihundertacht Knochen hat. Und achtzehn davon, in seiner Hand, hat man ihm gebrochen.
    Er wurde im Knast immer wieder verprügelt, denn die anderen Insassen glaubten, er hätte seine Tochter vergewaltigt und umgebracht. Die Bullen hatten ihnen das erzählt. Weil Caleb einen von ihnen getötet hatte. Er steckte die Prügel einfach weg, und je öfter sie ihn zusammenschlugen, desto mehr starb er innerlich ab, und er ließ es einfach geschehen. Sie beraubten ihn seiner Menschlichkeit, und wenn man einem Mann das nimmt, kann aus ihm alles werden.
    Er hat mehrere Decken eingepackt und eine Tüte mit den Lebensmitteln aus dem Kühlschrank und der Speisekammer gefüllt. Dann hat er ein paar Minuten die aktuellen Meldungen im Internet gelesen, um zu erfahren, was über ihn geschrieben wurde. Er wird nicht direkt erwähnt. Die Medien haben ihm den Namen Sensenmann verpasst, weil die beiden ersten Opfer schon recht alt waren. Opfer Nummer drei wird ebenfalls erwähnt, wenn auch nicht namentlich. Das vierte kommt gar nicht vor.
    Opfer Nummer drei. Caleb ist von der Liste abgewichen, und das war ein Fehler. Was, wenn der Typ nicht allein gewesen wäre? Wenn dort Kinder gewesen wären?
Wenn eines von ihnen in die Garage gekommen wäre? Wäre er dann abgehauen?
    Caleb geht wieder nach oben. Katy und Melanie hocken zusammen in einem der Schlafzimmer. Sie haben dort auf ihn gewartet, weil er sie geknebelt und gefesselt hat.

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