Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
Vom Netzwerk:
war.
    »Und, wa s … was hast du in den Winterferien gemacht?«, fragte ich widerwillig.
    »Ich war mit meinen Eltern auf den Malediven. Echt super, ich wollte gar nicht mehr zurück.«
    Schön für sie. Sie erkundigte sich nicht, was ich gemacht hatte. Vielleicht auch besser so. Ich hätte ja die Geschichte mit der herabgestürzten Installation erzählen müssen.
    »Sag mal, wie findest du, dass Reagan Amiland regiert? Und was denkst du so über die Pershingsache, findest du das in Ordnung?« Überraschungsangriff meinerseits. Manchmal stellte ich Larissa Fragen, um sie zu ärgern. Um wenigstens unberechenbar zu bleiben. Wenn man schon als merkwürdig und »irgendwie doof« galt.
    »Was du einem wieder für Dinge zwischen Tür und Angel an den Kopp knallst! Typisch Julika. Aber, wenn dir meine Meinung dazu so wichtig ist: Mich interessiert diese Politikscheiße überhaupt nicht. Die sollen ihre doofen Bomben doch zu den Marsmännchen schießen, heißt doch ›der rote Planet‹, ha ha, das ist meine Meinung dazu.«
    Zwei, drei Leute applaudierten. Larissa drehte mir den Rücken zu und lächelte Herrn Knecht an. Herr Knecht humpelte in ihre Richtung.
    Larissa hatte von der gleichen Grundschule wie ich zum Gymnasium gewechselt; wir kannten uns schon lange. Zu lange. Es war Larissa gewesen, die mir einmal gesagt hatte, sie finde mich total merkwürdig. Seitdem mochte ich dieses Wort. Ich hatte die Slimy-Mode nicht mitgemacht und mir kein Monchichi gekauft. Barbiepuppen besaß ich auch nicht. Anders als Wiebke glaubte ich nicht, dass der Untergang des Abendlandes mit dem Besitz einer Barbiepuppe besiegelt werden würde, aber nach einer Stunde Frisieren und An-und Ausziehen wusste ich einfach nicht, was ich mit den langweiligen Puppen noch anstellen sollte. Und dann hatte ich nicht einmal Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna gelese n – wie alle Mädchen, bis auf Fiona, während unserer Klassenfahrt im letzten Jah r –, sondern stattdessen Konsaliks Fahrt nach Feuerland . Und ich war nie in eines dieser neuen Fitnesscenter oder zum Rollerskaten mitgegangen. Ich blieb lieber zu Hause, kickte in Rekordzeit Dosen um Kunstwerke herum, spielte Schac h – nach Regeln, die Falk und ich uns ausgedacht hatten und die niemand außer uns begriff, ging ins Planetarium (im letzten Jahr mein Lieblingsort) oder züchtete Kakteen. Die bekamen niedliche hellgrüne Ärmchen, hatten flauschige weiße Härche n – es war überhaupt ein Gerücht, dass Kakteen so viele Stacheln hatten, die meisten hatten mehr Flauschs als Stacheln. Manche sahen regelrecht wie kleine Wollknäuel aus. Aber in meiner Klasse interessierte sich niemand für Kakteen. Zu all diesen Dingen kam noch meine Linkshändigkeit dazu. Niemand mochte neben mir sitzen, weil ich meinen Sitznachbarn mit dem Ellbogen rammte. Es ging nur, wenn der Linkshänder links und der Rechtshänder rechts saß. Ich hatte großes Glück, dass Fiona auch linkshändig war. Aber bei dieser neuen Gruppensitzordnung, die unsere Lehrer vor zwei Jahren eingeführt hatten, um den schlimmen, autoritären Frontalunterricht aufzulockern, rammte man immer irgendjemanden, der einen dann, über kurz oder lang, hasste. Ich war knallhart für Frontalunterricht.
    Klaus und Wiebke hatten nicht eingesehen, dass die Gruppensitzordnung für Linkshänder das Letzte war, sie fanden es im Gegenteil begrüßenswert, dass es keine »erste Reihe«, überhaupt keine »starre Ordnung« mehr gab, sondern alle Tische und Stühle ständig neu arrangiert wurden. Von den Tricksereien in der vermeintlich so gleichberechtigten, »bunten« Gruppensitzordnung hatten sie keinen Schimmer.
    Sie waren aber aus einem anderen Grund nicht gut auf meine Schule zu sprechen: Wiebke war der Meinung, dass in meiner Klasse »zu viel Wert auf Äußerlichkeiten« gelegt werde. In einer »Popperklasse« sei ich gelandet! Wiebke klang dabei sehr alarmiert. In einem ähnlichen Tonfall sprach sie später nur über unsere asbestverseuchte Aula, Atomkraft und Giftfleisch. Auf keinen Fall wollte ich ein Popper werden. Wurde Isa zum Popper mit ihrem neuen rosa-hellblau-gelb-gestreiften Anorak und ihrem merkwürdigen asymmetrischen Pony? Und ihrer Vorliebe für New Romantic-Bands wie Spandau Ballet ?
    Wenn Wiebke über Popper meckerte, konnte ich das noch einsehen, ihr schien es egal zu sein, was sie anzog, Hauptsache beque m – aber Klaus? Er schimpfte über »diese ganzen neuen gesichtslosen Kettenläden«, die seiner Meinung nach Berlin bald

Weitere Kostenlose Bücher