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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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Bilderlagerhochbett. Das war mein Reich, auch wenn nicht abschließbar. Irgendwie konnte ich mich dort zurückziehen. Bloß schlafen hätte ich um diese Zeit nicht gekonnt. Erstens, weil mich das Schlafen zwischendurch depressiv machte. Wenn ich schlafen ging, dann richtig. Und dafür war ich zu überdreht, zu voll mit Adrenalin. Außerdem hätte mich jeder von da unten ständig anquatschen können. Ich legte mich einfach hin und inventarisierte mein Hochbettlager, das genauso aussah wie das Lager eines Verkaufsladens. Es stapelten sich hier lauter Verpackungen mit Ölfarben, Acrylfarben, Grundierungen, Pigmenten, Pinseln, Stiften, Schalen, Gefäßen, Behältern, Mappen, Alben, Büchern, Buchstaben, Folien, Skalpellen, Scheren, Messern, Blöcken, Rollen, Schachteln, Schatullen, Etuis, Kästchen, Hüllen, Umschlägen und vielem, vielem mehr. Ich besaß Unmengen feinster, luxuriöser, hochqualitativer Arbeitsmaterialien, mit denen ich leider nicht so viel anstellen konnte, weil ich mit dem Beschaffen und Loswerden dieser Dinge viel zu beschäftigt war. Manchmal wollte ich ganz schnell auf den Tausender kommen. Deswegen hatten sich bei mir beispielsweise massenhaft überteuerte Notenbücher für klassische Musik angesammelt, von denen bereits drei Stück um die eintausend Mark kosteten. Bedauerlicherweise kannte ich keine Musiker, denen ich die Bücher hätte schenken können. Ich fand es zu schade, die Bücher wegzuschmeißen oder zu übermalen, wie das Hilka Nordhausen mit den einzelnen ›Stern‹ - Ausgaben tat. Daher vertickte ich die Notenbücher antiquarisch an einen Wucherer. Er zahlte nur ein Fünftel des Preises, obwohl die Bücher nagelneu waren. Der Vorteil davon war aber, dass der Antiquar keinen Ausweis sehen wollte. In einem anderen Antiquariat bekam ich für Kunstalben mit gefälschtem Studentenausweis ein Drittel des Neupreises. Ich hieß bei diesen Transaktionen Ewelina Braunska. Natürlich hätte ich mich viel lieber Eva Braun genannt, das wäre aber zu direkt gewesen.
    Ich lag in meinem Hochbettlager, starrte auf die Decke und überlegte, ob ich mich heute mit James verabreden sollte. Ich kannte ihn aus der Dusche. Dort hatte ich ihn in meiner dritten Nacht am Lerchenfeld getroffen. Wobei ich ihn schon vorher vom Sehen gekannt hatte. Unter der Dusche waren wir uns dann nähergekommen. Bis dahin hatte ich gedacht, dass er eigentlich einer der Gastdozenten sei, weil er viel älter als ich und die meisten meiner Kommilitonen war. James studierte angeblich bei Jörg Immendorff. Was nicht unbedingt stimmen musste. Erstens, weil Immendorff noch nie am Lerchenfeld gesehen worden war. Wenn einer der berühmten Professoren schon mal da war, wusste darüber die ganze Schule Bescheid. Jeder redete nur noch davon, wer die Klassenräume des Promiprofessors frequentierte. Und zweitens deswegen, weil James keinen Schlüssel zu Immendorffs Klasse hatte. Er übernachtete zwar wie ich am Lerchenfeld, schlief aber in der Abspielstelle. Das kam mir spanisch vor.
    Ein paar Tage nach der gemeinsamen Dusche gab mir James ›Die Tigerin‹ von Walter Serner zu lesen. Das Buch handelte von der Liebesbeziehung einer Nutte zu einem Zuhälter. Die Story fixte mich an. Ich fühlte mich in meinem Element. Meinen Künstlernamen Lola Love interpretierte ich plötzlich vielschichtiger. Ich setzte mir in den Kopf, James zu meinem Zuhälter zu küren. Zumal er wie einer wirkte. Er trug wie sein angeblicher Professor viele große Ringe an den Fingern. Eines Nachts schliefen wir wieder mal miteinander, diesmal in meinen Gemächern. James sprach mich auf den vollgestopften Laden an. Nicht ohne Stolz verriet ich ihm, woher die Sachen kamen. Ich war mir nicht sicher, wie er reagieren würde. Vom Äußeren her konnte ich nicht einschätzen, ob er ein Hippie oder Punker war. Wie jeder von uns Künstlern kleidete er sich individuell, mehr nach dem Lerchenfeld-Kodex. Derzeit war das Motto ›Büro und Arbeit‹ angesagt.
    James war kein Hippie. James war ein Blender. Er tat so, als wüsste er über alles Bescheid. Und ich glaubte ihm. Die Story, wie er sich immer neue Schuhe besorgte, war grandios. Sobald seine Schuhe abgetragen waren, ging er in ein gut laufendes Schuhgeschäft, probierte mehrere Paare aus. Parallel schob er unauffällig seine alten Treter unter das Regal. Sobald der Verkäufer mit einem anderen Kunden beschäftigt war, spazierte James aus dem Laden raus. Der Trick beeindruckte mich natürlich. Ich verknallte mich auf der

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