Haut aus Seide
Wange, ein Drücken des Arms. Philips britische Zurückhaltung hinderte ihn nicht daran, ein überaus liebevoller Mann zu sein. Heute Abend jedoch wirkte seine Berührung wie ein brennendes Streichholz, das in einen Ölfluss geworfen wird. Béatrix war nicht sicher, bis zu welchem Punkt sie das ertragen konnte.
Zu ihrer Erleichterung zog Andrew die Aufmerksamkeit auf sich, als er beim Anblick des großen Salons ein lautes, anerkennendes Pfeifen von sich gab.
»Das ist ja’ne tolle Bude«, sagte er und schaute nach oben, um den überbordenden Stuck der Decke und den
Kronleuchter mit den zweihundert handgeschliffenen Kristallanhängern zu bewundern. Dann hob er die Einkaufstüten in die Höhe. »Wir haben ein bisschen was zu essen mitgebracht. Wenn Sie mir die Küche zeigen würden, könnte ich mich gleich an die Arbeit machen.«
Philips Hand rutschte von Beas Rücken. Das Angebot schien ihn zu schockieren, aber seine guten Manieren gewannen sofort wieder die Oberhand.
»Natürlich«, erklärte er. »Gehen wir doch alle in die Küche.«
Nachdem der Wein geöffnet und die Lebensmittel ausgepackt waren, nahm der Abend langsam die Form einer Party an. Auf der einen Seite der großen Küche behandelten Andrew und Lela auf brutale Weise die Shrimps, und auf der anderen Seite wurde Béatrix angewiesen, Philips Kartoffeln zu Brei zu quetschen.
»Was ist denn eigentlich aus der Köchin geworden?«, fragte sie irgendwann.
»Was?« Philip hatte geistesabwesend in die Luft gestarrt. Um genau zu sein, hatte er auf ihre Brüste gestarrt, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass er das mit Absicht getan hatte.
»Madame Daoud. Die Köchin?«
»Oh.« Er schüttelte sich kurz und legte dann ein Würstchen in die glänzende Kupferpfanne. Sein Gesicht war von der Hitze bereits leicht gerötet. »Die hat gekündigt. Diese verrückten Reporter haben immer wieder versucht, sie zu interviewen. Ich bin noch nicht dazu gekommen, jemand Neues einzustellen.«
»Aber du lebst jetzt hier nicht nur von Rührei, hoffe ich.«
»Oh, nein.« Er erlaubte sich ein schüchternes, jungenhaftes
Grinsen, das so typisch für ihn war. »Normalerweise esse ich auswärts.«
Béatrix war gerade dabei, sein Lächeln zu erwidern, als Lela nach einem Gemüseschäler fragte. Mit einem merkwürdigen Gefühl der Zugehörigkeit griff sie in eine Schublade, um das Gerät herauszuholen. Ihre Kochtalente waren zwar auch nicht ausgeprägter als die ihres Stiefvaters, aber immerhin wusste sie, wo was lag.
Philip wartete, bis Lela sich wieder in ihre Ecke verzogen hatte, bevor er Béatrix leise fragte, ob sie Angst gehabt hätte, allein herzukommen.
»Natürlich nicht«, antwortete sie, verfluchte aber gleichzeitig das Blut, das ihr in den Kopf stieg. »Lela hat mich mit ihrem Besuch überrascht. Ich dachte, du würdest dich freuen, sie zu sehen.«
»Tu ich auch, aber …« Er lehnte seine Gabel gegen den Rand des breiten Edelstahlofens. »Ich hoffe, du weißt, dass ich dir keinerlei Vorhaltungen wegen heute Nachmittag mache. Wir waren beide daran beteiligt. Wir befinden uns beide irgendwie im Umbruch und … Also, ich wollte dir nur sagen, dass ich nicht sauer bin.«
»Ich bin auch nicht sauer«, erwiderte Béatrix.
Er starrte sie an, als hätte sie Suaheli gesprochen. Der leichte Roséton, den der Ofen auf Philips Gesicht gezaubert hatte, verwandelte sich in ein tiefes Rot. Sie konnte sich nicht vorstellen, was in seinem Kopf vor sich ging, doch ihre Antwort schien ihn aufgebracht zu haben.
»Gut«, kommentierte er, nachdem er sich etwas von ihrer Antwort erholt hatte. Dann nahm er erneut die Gabel zur Hand und kümmerte sich um die Würstchen. »Freut mich zu hören.«
Ausgerechnet diesen Moment suchte Andrew sich aus,
um Bea bei der Taille zu packen und sie hochzuheben. »Lela ist mit Umrühren beschäftigt. Wie wär’s, wenn du mich mal ein bisschen rumführst?«
Béatrix wusste nicht, wie sie sich gegen das Lächeln dieses Mannes wehren sollte. Das ging wahrscheinlich den meisten Frauen so. In ihren Adern rauschte das Blut – eine Folge von seiner und Philips Aufmerksamkeit. Béatrix führte ihn durch die Salons und Flure und machte ihn auf Familienschätze aufmerksam, die einst ständige Begleiter für sie gewesen waren. Das Esszimmer ließ ihn erstaunt blinzeln. Das Wandgemälde über der Täfelung zeigte Schäferinnen mit Reifröcken und goldenen Hirtenstäben, die von Schäfern mit Panflöten und Schafen, die wie herumtollende Wolken
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