Haut aus Seide
war’s auch schon. Er wohnte in der Luxussuite eines Aparthotels; all seine Mahlzeiten wurden ihm vom Zimmerservice gebracht. In Gedanken versuchte er, sich zu erinnern, ob er schon jemals einer anderen Frau als seiner Mutter beim Kochen zugesehen hatte. Aber ihm fiel niemand ein – sonst hätte er bestimmt schon vorher gewusst, wie erregend dieser Anblick sein konnte.
»Hast du auch irgendwelche Fotos von deiner Familie?«, fragte er Lela und biss in eine Karotte, die auf dem Küchentisch gelegen hatte.
Sie unterbrach das Rühren kurz. »Nein.«
Die Antwort fiel kürzer aus, als er angenommen hatte. Simon überkam ein kurzes Déjà-vu, und ihm lief ein Schauer über den Nacken. Legte er selbst nicht auch immer diesen abweisenden Ton an den Tag, wenn er gefragt wurde, weshalb er niemandem aus seiner Familie ähnlich sehe? Nein , dachte er, sie kann keine Waise sein. Solche Zufälle gab es im realen Leben nicht. Wahrscheinlich hatten sie und ihre Eltern sich einfach nur entfremdet. Oder Lela schämte sich für irgendetwas. Simon wollte gerade den Mund öffnen, um nachzuhaken, doch genau in dem Moment nahm sie einen großen Salatkopf und legte ihn auf das Schneidebrett.
»Hier«, sagte sie, »mach dich mal ein bisschen nützlich und zerkleinere den Salat.«
Er spürte genau, dass sie ihn damit von weiteren Fragen abhalten wollte, doch es fiel ihm unerwartet schwer, seine Neugierde im Zaum zu halten. Er wollte alles über sie erfahren, wusste aber gleichzeitig nicht, ob dieser Drang für seine Absichten unbedingt förderlich war.
Lela zündete die Kerzen an und legte eine saubere weiße Decke auf ihren wackeligen Tisch. Simons Rosen gaben eine perfekte Dekoration ab. Sie passten sogar zu dem guten, kaum angeschlagenen Porzellan. Vollauf zufrieden mit ihren Bemühungen schenkte sie Wein ein, tat ihm eine Portion Spaghetti auf und toastete das Knoblauchbrot. Ihre Geschichten aus dem College brachten ihn zum Lachen, besonders die Erzählungen über Bea. Die harten Züge seines Gesichts fingen langsam an, sich zu entspannen, sodass er irgendwann sogar den obersten Knopf seines Polohemds öffnete.
Trotz alledem machte der Mann sie immer noch nervös.
Simons Macht hatte nichts mit Anzügen oder Statussymbolen zu tun – sie kam allein aus ihm selbst. Sein ganzes Wesen strahlte diese Macht aus, und er hatte eine ungeheuer beeindruckende körperliche Präsenz. Sie konnte seine glatten, fest verpackten Muskeln unter dem Hemd erkennen. Auch seine Hände waren wundervoll – groß, aber sehr schön geformt. Lela ertappte sich mehr als einmal dabei, wie sie diese Hände dabei beobachtete, wenn sie mit dem Silberbesteck spielten. Die Farbe seines Hemdes betonte auf fast schockierende Weise seine au ßergewöhnlichen dunkelblauen Augen, und die Lippen waren von der Pastasoße so rot, als wäre er gerade geküsst worden. Jedes Mal, wenn er sie mit der Serviette abtupfte, musste Lela aufpassen, dass sie nicht zusammenzuckte.
Der Mann war ein äußerst konzentrierter Esser, der sehr sorgfältig kaute und jeden einzelnen Bissen zu genießen schien. Wenn er im Bett auch nur halb so akribisch war …
»Und?«, fragte sie, plötzlich sehr erpicht darauf, die Sache endlich voranzubringen. »Wollen wir langsam mal auf den Punkt kommen?«
Simon stellte sein Glas mit einem munteren Lächeln ab. War es ein Fehler gewesen, so lange zu warten, bis er sich wohlfühlte? Hätte sie ihn mehr auf die Folter spannen sollen? Aber diese Gedanken waren jetzt müßig. Sie musste einfach das Beste aus der Situation machen.
»Du hast dich also entschieden, mir Nachhilfestunden zu geben«, sagte er.
»Ach, bitte.« Sie strich sich das Haar aus der Stirn. »Dir ist doch völlig egal, ob ich dir was beibringe. Du willst mir doch nur an die Wäsche.«
Simon legte den Kopf schief und sah sie durchdringend an. Sein Blick wanderte vom Gesicht zu ihren Brüsten und wieder zurück. »Ich glaube, ich bin hier nicht der Einzige mit diesem Interesse.«
Zu Lelas großem Ärger spürte sie, wie ihre Wangen sich immer mehr röteten. »Ach, ich habe eigentlich immer Lust auf eine nette kleine Nummer, könnte aber auch problemlos darauf verzichten.«
Das waren zwar keine besonders schmeichelhaften Worte, aber Simon nahm sie nicht persönlich.
»Du hast mich doch ganz sicher nicht eingeladen, um mir das zu sagen. Du willst etwas von mir, und ich möchte gern wissen, worum es geht.«
»Es ist nicht das, was du denkst. Was ich will, steckt nicht in deiner
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