Haut aus Seide
Kopf. »Nein. Das Bild ist ganz du, Bea. Kontrovers und mit ein bisschen Witz versehen. Man sieht Schmerz, Hoffnung und geradezu wundervolle Menschlichkeit. Dieses Werk kommt aus deinem Herzen. Und so sollte es sein.«
Bei seinen Worten stiegen Béatrix die Tränen in die Augen. Nie hätte sie gedacht, dass er so ein klares Bild von ihr hatte und sie so bewunderte. Sie schaute auf den farbbeschmierten Fußboden. Philip strich federleicht mit seinen Fingerknöcheln über ihre Wange. Dann ließ er die Hand sinken. »Danke, dass du mich angerufen hast«, erklärte er mit tiefer Stimme. »Ich hatte schon Angst, du wolltest mich nicht wiedersehen nach dem … nach dem letzten Mal.«
»Ich hatte auch befürchtet, dass du mich nicht wiedersehen willst.« Das zuzugeben, erforderte ihren gesamten Mut. Er nahm ihre Hand und drückte sie. Als Bea wieder aufsah, war sein Blick immer noch auf ihr Gemälde gerichtet – fast, als wage er nicht, stattdessen sie anzusehen. Ihre Hand ließ er trotzdem nicht los.
»Was da zwischen uns passiert, verheißt nichts Gutes, Bea.«
»Ich weiß.«
»Wenn die Leute wüssten, dass wir was miteinander haben …«
»Würden sie glauben, dass du unsicher bist und versuchst, deine Position zu stärken, indem du mit der Clouet-Erbin schläfst.«
Er starrte sie erschrocken an, musste dann aber lachen. »Darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Aber da es auch nicht schlimmer ist als die Gründe, die mir einfallen, will ich mal nicht beleidigt sein.«
»Aber ich glaube diese Dinge ja auch nicht, Philip. Ich weiß, dass du dir alles hart erarbeiten musstest.«
Er nahm auch ihre zweite Hand und drehte sich dann zu ihr um, als wären sie Kinder bei einem Tanz. »Ich bin froh.« Seine Augen suchten die ihren, sein Blick war ernst. »Ich muss immer daran denken, was wir im Taxi getan haben. Das war das Unglaublichste, was mir je passiert ist.«
»Mir auch«, erwiderte sie, fragte sich gleichzeitig aber, ob sie es im selben Sinne meinte wie er. Was sie getan hatten, war für sie nicht so unglaublich gewesen wie die Tatsache, dass sie überhaupt etwas getan hatten. Dass Philip sie nach all den Jahren jetzt endlich wollte! Seine wunderschönen Augen hatten es nicht verraten, aber die
Zuneigung war offensichtlich immer da gewesen. Unmöglich zu sagen, wie tief seine Gefühle wirklich waren.
Nicht so tief wie meine , dachte sie. So viel konnte er gar nicht für sie empfinden.
Er deutete mit einem Kopfnicken auf das Bild. »Ich werde es kaufen und in der Zentrale aufhängen.«
Er nannte eine Summe, bei der sie große Augen bekam.
»Philip!«
»Das ist der übliche Preis, wenn ein Unternehmen ein Kunstwerk aufkauft. Es sei denn, du willst mir eine Extragebühr berechnen, weil ich es wage, dein Werk in ein Business-Ambiente zu hängen.«
»So ein Unsinn. Aber …«
Doch Philip hörte schon gar nicht mehr zu. Er rieb sich über sein markantes Kinn. »Ich glaube, ich werde auch die Presse verständigen.«
»Die Presse?!«
Sein Grinsen verriet Bea, dass er das Ganze überaus genoss. »Diese Aufmerksamkeit willst du Meilleurs Amis doch nicht vorenthalten. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass die Tochter einer berühmten Modeinstitution sich als begnadete Künstlerin entpuppt.«
Bea wurde vor Freude rot. »Ich könnte meinen Namen niemals so schamlos ausnutzen.«
Er umarmte sie. »Und ob du das kannst, Bea. Und du wirst es auch tun.«
Voller Schwung unterschrieb Philip den Scheck und schob ihn über den Schreibtisch. Er lächelte, als Bea ungläubig den Kopf schüttelte. Bisher war es selten vorgekommen, dass Philip Künstler persönlich bezahlte, denn
das gehörte nicht zu seinem Aufgabenbereich. Doch jetzt spürte er, welchen Spaß es machte, den Gönner zu spielen.
»Das ist eine Menge Geld«, sagte sie.
»Nicht mehr, als du wert bist.«
Bea zog eine Grimasse. »Deiner Meinung nach.«
»Ja, meiner Meinung nach.« Er grinste sie an und schien die Sache immer mehr zu genießen. »Ich war eigentlich versucht, das Geld von meinem Privatkonto zu nehmen und dein Gemälde bei mir aufzuhängen. Aber dann wäre ich der Einzige, der es genießen darf. Auf diese Weise kann die ganze Firma meinen Besitzerstolz teilen.«
Beas Grimasse wurde langsam zu einem Lächeln. »Es kommt mir leicht inzestuös vor, Geld von Meilleurs Amis zu nehmen.«
»Es ist ja auch leicht inzestuös.« Er umrundete den Schreibtisch und setzte sich auf die Tischkante. »Noch ist das dein erster, größerer Scheck. Aber es
Weitere Kostenlose Bücher