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Haut aus Seide

Titel: Haut aus Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Holly
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werden weitere folgen. In zehn Jahren wirst du sicher sagen, dass ich dich über den Tisch gezogen habe.«
    »Prinzip Hoffnung.«
    Er hätte sie am liebsten geküsst, so sehr zog ihn das Glitzern in ihren Augen an. Was für eine Frau. Wie sehr er sie vermisst hatte. Und wie sehr er sie begehrte. Philip hatte so oft von ihr geträumt, dass es fast wehtat. An die tausend Mal hatte er sich die Stunde in dem Taxi in Erinnerung gerufen – im wachen und im schlafenden Zustand. Es fühlte sich an, als hätte er sie schon immer begehrt. Als wäre sein Verlangen immer größer und heftiger geworden, bis es wie ein geheimnisvolles Aphrodisiakum die kritische Masse erreicht hatte und einfach nicht mehr wegzuleugnen war. Vielleicht hatte er sie ja
wirklich die ganze Zeit gewollt, diese Gefühle aber mit schlichter Sympathie verwechselt? Philip hatte sich in ihrer Gegenwart jedenfalls immer wohlgefühlt. Selbst wenn Bea schlecht gelaunt gewesen war, hatte er sich immer gefreut, sie zu sehen. Und wenn sie guter Laune war – so wie jetzt -, dann bedeutete ihm ihr Glück mehr als das eigene.
    Es war durchaus möglich, dass er nicht nur verliebt in sie war. Vielleicht – Philip legte unwillkürlich eine Hand auf die Brust -, vielleicht liebte er sie ja sogar! O Gott. Dafür war er noch nicht bereit. Die Wunden, die Eve ihm beigebracht hatte, waren längst nicht verheilt. Philip wusste nicht, ob er es ertragen könnte, wenn Bea ihn noch einmal so verletzen würde, wie ihre Mutter es getan hatte.
    »Hey.« Sie klopfte ihm leicht auf die Schulter. »Wie wär’s, wenn ich uns heute Abend von meinen unverdienten Einnahmen zum Essen einlade?«
    »Liebend gern, aber ich muss heute noch nach Rom fliegen. Ich besuche einen unserer Lieferanten.«
    »Ich hoffe, es gibt keine Probleme?«
    Er zog einen Schreiber aus dem Stiftehalter und trommelte damit auf seinem Oberschenkel herum.
    »Nein«, antwortete Philip, »aber ich habe lange nicht mehr meine Aufwartung gemacht. Und ich will nicht, dass Signor Amalfi denkt, wir hätten ihn vergessen.«
    »Ah, der Schuster.« Bea nickte wissend.
    »Ja.« Philip zwang den Schreiber zur Ruhe, indem er ihn in beide Hände nahm. Der alte Amalfi belieferte Meilleurs Amis mit einmaligen Schuhen. Manchmal kopierte er historisches Schuhwerk – wie jetzt für ihr Marie-Antoinette-Schaufenster -, manchmal schuf er
auch fantastische Eigenkreationen. Seine Schuhe waren nicht sehr bequem, unglaublich kostspielig und die absoluten Dauerbrenner in den Boutiquen.
    Um einen reinen Höflichkeitsbesuch handelte es sich jedoch nicht. Der Enkel und Buchhalter des Alten war ein praktischer Mensch. Angesichts Philips letzter Investitionen – der Filiale in Peking und der Umgestaltung der Boutique in Mailand – hatte der Juniorchef Besorgnis über die Zahlungsfähigkeit von Meilleurs Amis geäußert. In der Modebranche war Kredit etwas überaus Wichtiges, und es kam ab und zu vor, dass Philip die Waren erst bezahlen konnte, wenn er sie auch verkauft hatte. Da die Marge für Meilleurs Amis das Fünf- bis Sechsfache des Einkaufspreises betrug, war der Spielraum ausreichend und das Risiko noch akzeptabel. Und wenn nötig, konnte die Firma auch ohne die Schuhe von Amalfi leben oder ihn mit den Einnahmen aus anderen Verkäufen sogar gleich bei Erhalt der Ware zahlen. Doch das würde sich in Windeseile bei seinen anderen Lieferanten herumsprechen. Und wenn noch mehr von ihnen auf sofortige Bezahlung bestünden, würde die Firma in große Schwierigkeiten kommen. Da war es doch viel besser, das Problem im Keim zu ersticken, dachte Philip.
    Und genau das würde er tun, wenn es ihm gelang, mit dem alten Amalfi zu sprechen. Alberto war einst Sophie Clouets Liebhaber gewesen. Ihre Beziehung hatte sich jedoch nicht nur aufs Bett beschränkt, sondern zu einer für beide Seiten profitablen Geschäftsbeziehung gemausert. Genau daran würde Philip den Mann erinnern. Er würde erklären, wie heikel seine letzten Expansionsversuche waren, wie viel Zeit für Überlegungen und Entscheidungen aufgewendet wurden und auch, wie es um die zukünftigen
Gewinnaussichten stand. Das Geschäft lief gut, und es wuchs nun einmal. Meilleurs Amis war immer noch die beste Adresse, um seine Schuhe zu präsentieren. Der wichtigste Punkt aber war, Alberto Amalfi wissen zu lassen, wie sehr er sein Talent respektierte. Der alte Herr war ein Künstler, da musste Philip gar nichts vortäuschen.
    Es gab also keinen Grund, Bea mit seinem kleinen Rückschlag zu

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