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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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zu dem Teil der Geschichte Zugang? He?«
    »Das hab ich auch nicht gesagt.«
    »Es war seine Schuld. Er hat die Eichhörnchen vergiftet. Er wusste, dass meine Katzen das Gift fressen konnten, und er wusste, es würde mich aufregen. Hat es auch getan. Er hat gekriegt, was er verdient.«
    »Sie haben ihn mit einer Waffe bedroht?«
    »Mit einem Luftgewehr. Nicht gerade eine Kalaschnikow, oder?«
    »Ein Gewehr ist es trotzdem. Es kann eine Menge Schaden anrichten.«
    Ruth Lindermilk hob die Hand. »Nein. Sie werden mich nicht desavouieren. Kommt überhaupt nicht infrage, dass Sie hier ohne Anmeldung hereinplatzten und versuchen, mich zu desavouieren.«
    »Okay, okay«, sagte Flea beschwichtigend. Sie wollte zu dem Teleskop hinausschauen, aber sie wandte den Blick nicht von Ruth. »Das will ich ja gar nicht. Wirklich nicht. Ich versuche nur, mir ein Bild von Ihrer Lage zu machen.«
    »Wie groß soll das Bild denn noch sein? Sie haben die Briefe, die ich Ihnen geschrieben habe, oder?«
    »Ja. Ich... Verbringen Sie viel Zeit damit, die Straße zu beobachten?«
    »Die meisten Abende.«
    »Wann gehen Sie zu Bett?«
    »Spät.«
    »Wann ist spät?«
    Ruth verlagerte ihr Gewicht im Sessel. »Sind Sie hier, um mir zu helfen, oder nicht?« Herausfordernd zog sie die Brauen hoch. »Hmmm?«
    Fleas Blick richtete sich auf das Glas in ihrer Hand. Ruth Lindermilk ließ ihre Coke geistesabwesend im Kreis herumschwappen. Wie man es tat, wenn Alkohol drin war. Die Sache würde nicht einfach werden. Aber der Drink - sie hatte eindeutig ein Alkoholproblem. Das könnte nützlich sein. »Darf ich einen Blick durch die Kamera werfen?«, fragte sie. »Und durch das Teleskop?«
    Ruth antwortete nicht. Sie betrachtete Flea nachdenklich. Ihr Blick wanderte wieder zu der Combathose, dann zu der Ausweiskarte auf ihrem T-Shirt.
    »Ruth? Die Kamera?«
    Die Frau lächelte. »Natürlich dürfen Sie.«
    Flea stand auf und öffnete die Glastür. Sie traten beide hinaus in den strahlenden Tag. Der Tau im Gras und auf den Bäumen blitzte in der Sonne. Zwei Katzen folgten ihnen, und hockten sich auf die langsam trocknende Terrasse. Flea stellte sich auf die Zehenspitzen, kniff ein Auge zu und spähte durch den Sucher der Kamera. Sie war auf die Straße gerichtet. Nicht auf die Unglücksstelle, sondern ein Stück weiter, näher am Haus, wo sie ihren Wagen abgestellt hatte. Sie drückte auf die Taste für »Schnellansicht« und ließ die Bilder durchlaufen. Es waren nur ungefähr zwanzig Fotos: Katzen, ein Sonnenuntergang, ein Dachs, der Katzenfutter fraß. Alle schienen im Garten aufgenommen worden zu sein. Es gab kein Bild von ihr selbst neben dem Clio auf der Straße.
    Flea schaltete die Kamera wieder in den Aufnahmemodus, ging einen Schritt zur Seite und schaute durch das Teleskop. Es war ebenfalls auf die Straße gerichtet.
    »Können Sie damit umgehen?«, fragte Ruth Lindermilk.
    »Ja. Hier stellt man es scharf, oder?«
    »Es ist ein gutes. Marinequalität. Die Nachbarn sind wütend, weil ich es benutze.«
    Mit großer Geste justierte Flea das Teleskop. Sie schwenkte es über den Hang oberhalb des Rapsfeldes, den Weg an der Seite hinunter und am Straßenrand entlang, drehte es noch ein Stück weiter nach rechts und erfasste etwas Pinkfarbenes.
    Sie hob den Kopf. Ruth Lindermilk war ein Stück weit in den Garten hinausgegangen und stand jetzt da, die Hände in die Hüften gestemmt, und grinste ins Teleskop. Sie hatte einen abgebrochenen Schneidezahn in der oberen Reihe, neben dem Eckzahn. »Können Sie gut sehen?«
    »Ja.«
    »Und fällt Ihnen was auf?«
    »Nur Sie. Sie stehen im Weg.«
    »Aber irgendwas Besonderes an mir? Na los, sagen Sie schon, was Ihnen aufgefallen ist.«
    Dass du verrückt bist? Eine Alkoholikerin? »Was soll mir denn auffallen?«
    »Dass ich nicht blöd bin.« Sie kam zurück, drehte das Teleskop zur Seite und drückte den Deckel auf das Objektiv. »Das soll Ihnen auffallen.«
    »Ich versuche nur, meine Arbeit zu tun, Mrs. Lindermilk.«
    »Nein, das tun Sie nicht. Sie versuchen nicht, Ihre Arbeit zu tun, weil Sie nicht von der verdammten Stadt kommen. Sie sind nicht von der Straßenbehörde und auch nicht von der Stadtverwaltung.«
    »Selbstverständlich bin ich das.«
    »Glauben Sie, ich bin von gestern? Die haben Sie geschickt, stimmt's?« Sie drehte sich um und deutete zum Dorf hinauf. »Die Nachbarn verbünden sich gegen mich und wollen in meinem Haus herumspionieren. Na los, sagen Sie's schon. Sagen Sie: >Sie haben mich

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