Havanna für zwei
damals in seiner Firma Juniorpartner gewesen und rein zufällig an ihre Schule abgeordnet worden, um eine Buchprüfung vorzunehmen. Er wusste noch, wie verärgert er gewesen war, das langweilige Schulprojekt am Hals zu haben. Doch als er mit der Arbeit beginnen wollte, das Lehrerzimmer betrat und Louise sah, die dort am Tisch saß und so heftig gestikulierte, dass ihre Armreifen klimperten, dankte er seinem Schöpfer.
Anfangs hatte sie ihn kaum registriert, doch als sie einmal mit dem Kopierer auf Kriegsfuß stand, war er ihr zu Hilfe geeilt. Als er ihr half, den Papierstau zu beheben und ihre Arbeitsblätter zusammenzuheften, freute sie sich so darüber, dass sie ihn spontan umarmte – und dann in ihre Klasse eilte.
Genau diese Impulsivität vermisste er nach vierzehn Jahren Ehe. Ihre mangelnde Spontaneität war auch der Grund dafür, dass er so viel Zeit im Yachtclub verbrachte.
Kevin kam zu der Stelle geschlendert, wo Donal ihr Boot abspritzte.
»Tut mir leid, ich komme zu spät!«
Donal nickte. Kevin kam immer zu spät. »Die Jungs haben mit angefasst, aber jetzt sind sie weggerannt, um sich Kleingeld für den Getränkeautomaten zu organisieren. Schnapp dir einen Schlauch. Wir haben das Gerät zum Kranen nur noch zwanzig Minuten.«
Kevin hatte sich Donal als Segelpartner ausgesucht, weil er so verlässlich war. Sie kannten sich seit dem Studium und hatten den Kontakt zueinander verloren, als sie sich in verschiedene Richtungen orientierten. Donal mit seinen glänzenden Noten hatte schon immer als Trainee bei einer großen Firma anfangen wollen. Kevin hingegen war glücklicher damit, einfach nur seinen Abschluss zu machen und in die Geschäftswelt einzusteigen, und hatte sich während des irischen Wirtschaftsbooms einen Namen gemacht. Doch die Geschäfte liefen nicht mehr so gut, und er war froh, Donal zum Partner zu haben. Dass er in diesem Jahr Schwierigkeiten hatte, seinen Anteil der Yachthafen-Gebühren und der Kosten für die Instandhaltung des Bootes zu zahlen, hatte er ihm bisher verschwiegen.
»Hast du am Samstagabend schon was vor? Judy wollte die neue Karte im Restaurant ausprobieren, außerdem hat sie Louise schon seit Santa Sunday nicht mehr gesehen.«
Santa Sunday war der Familientag im Yachtclub von Howth, zu dem die Scotts und die Harleys immer gemeinsam gingen, weil ihre Kinder etwa gleich alt waren. Judy Harley war eine patente, segelbegeisterte Mutter – ganz anders als Louise, die fürs Segeln überhaupt nichts übrighatte und nur widerwillig an den alljährlichen Törns nach Ireland’s Eye teilnahm – und das auch nur an sonnigen Sommertagen.
»Ich frage sie. Das wäre schön.«
»Um die neue Saison einzuläuten. Übrigens hat dieser Tony echtes Interesse, bei uns den Vorschotmann zu machen, und ich halte ihn für verlässlich.«
»Dann segelt Jeremy dieses Jahr nicht mit uns?«
»Er will sich eine Etchell kaufen«, informierte Kevin ihn. »Er will unbedingt Skipper sein, und Frank will sich an der Hälfte der Kosten beteiligen.«
»Aha!« Donal spritzte weiter das Boot ab. Die meisten Entscheidungen wurden von Kevin getroffen, sodass er sich manchmal vorkam wie ein Handlanger. Andererseits war es einfacher, kein großes Theater zu machen. Aber er mochte Tony nicht. Er war ein Angeber und würde jede Chance nutzen zu bestimmen, wo es langging.
»Gibt es außer Tony noch jemanden, der auf der Suche nach einer Crew ist?«
Donals Reaktion überraschte Kevin nicht. Er wusste, wie wählerisch er sein konnte, wenn es um seine Segelmannschaft ging. »Wenn du ein Problem damit hast, gebe ich auf der HYC-Website eine Anzeige auf, aber die Saison beginnt schon nächste Woche, und wir wären verrückt, jemanden abzulehnen, der segeln kann.«
Donal wusste, dass er recht hatte. Er schnappte sich eine Bürste und schrubbte kräftiger an den letzten Resten Seetang, die noch am Kiel klebten. Am liebsten hätte er mal so richtig auf den Tisch gehauen, aber vielleicht sollte er das in einem ganz anderen Zusammenhang tun.
Jack wurde zu Stephen’s Green geschickt, um über ein Oster-Straßenfestival zu berichten, was fast den ganzen Tag in Anspruch nehmen würde. Im Grunde hatte er gar keine Lust, aber Aoife war begeistert, dass er ganz bei ihr in der Nähe war. Sie hatten sich zum Mittagessen im Restaurant Sixty Six in der George’s Street verabredet, sobald sie mit ihrem Fotoshooting im Dubliner Schloss fertig war. Am Wochenende zu arbeiten war nervig, und obwohl er es nicht oft machen
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