Haveljagd (German Edition)
wartete darauf, dass sie die Arme vor der Brust verschränkte, wie sie es immer tat, wenn sie unsicher wurde. Und sie tat ihm den Gefallen. »Das komische Fach steht dir nicht«, sagte er und stellte seine leere Flasche auf den Boden. »Hast du schon mal daran gedacht, die Geschichte nicht nur einfach dem Spiegel oder dem Cicero anzubieten, sondern es damit auf deren Titelseite zu schaffen?«
Inka löste die Arme, zog ein Bein aufs Sofa und hielt es mit beiden Händen am Unterschenkel fest. Ein Stück ihres Slips wurde sichtbar. »Und dabei kannst du mir helfen?« Sie sah in seine Augen und bemerkte wohl, dass die sich in dem weißen Stoff des Höschens festgebissen hatten.
»Warum nicht?«, sagte er. »Kurt Becher war ein alter Schulfreund von mir.«
»Ah, ich verstehe«, sagte sie und setzte das rechte Bein wieder auf den flauschigen Teppich. »Step by step. Ich gebe dir meine Geschichte, und du erzählst mir etwas über Becher. Was aber, wenn ich schon alles über den alten Mann weiß?«
Das war zu plump und dafür war sie weder erwachsen noch ausgeschlafen genug. Er erhob sich, wobei der Schaukelstuhl heftig gegen die Stereoanlage kippelte.
»Dann gehe ich jetzt wohl besser wieder und lese deine Story im Kurier, falls sie wenigstens dort erscheint. Denn für den Spiegel brauchst du mehr. Da reichen bloße Vermutungen nicht aus, meine Liebe.«
Als er bereits auf ihrer Höhe war, griff sie seinen Arm und zog sich daran hoch. »Warte.« Ihre Augen tasteten jede Faser seines Gesichts ab. »Woher weiß ich, dass du nicht bluffst?«
Er schob ihre Hand von sich weg. »Step by step, Inka. Ich will den Mörder meines Freundes finden und du willst den Pulitzer. Also solltest du in Vorkasse gehen.«
Sie blickte über seine Schulter hinweg zur gegenüberliegenden Wand.
»Okay. Wir können es ja mal probieren«, sagte sie schließlich und setzte sich wieder. Auch Michaelis ging zum Schaukelstuhl zurück und ließ sich darauf fallen. Es krachte erbärmlich.
»Also.« Sie nestelte an einem Knopf ihrer Bluse herum. »Ich möchte wenigstens so etwas wie eine schriftliche Ehrenerklärung von dir haben.«
Er sah sie an und begann zu schaukeln. »Ich gebe dir mein Wort.«
»Dein Wort?«
Er nickte.
»Mehr nicht?«
»Nein.«
»Ja, Himmelherrgott«, polterte sie wenig charmant heraus. »Dann soll es so sein. Also, was willst du wissen?«
»Was wollte Kurt bei von Woltersbrück?«
Sie zog beide Beine auf das Sofa und setzte sich in den Schneidersitz. »Von Woltersbrück ist Staatsanwalt und damit Strafverfolger. Becher hatte ihn aufgesucht, weil …« Inka stoppte mitten im Satz. Das ließ Michaelis alle Antennen ausfahren und ihre Mimik genauestens studieren.
»… er glaubte, zu Unrecht angeklagt zu sein«, fuhr sie schließlich fort, und Michaelis wurde das Gefühl nicht los, als habe Inka gerade in die große Trickkiste der gängigsten Ausflüchte gegriffen.
»Und weswegen angeklagt?«
Inka schluckte. »Kinderpornographie. Gegen Becher wurde ein Ermittlungsverfahren geführt, weil irgendwelche Internetbullen eine Spur bis zu seinem Computer verfolgt haben.«
Michaelis hob die Hand. Wollte Kurt darüber mit ihm reden? Er rieb sich die Arme, denn der Raum kam ihm trotz der geöffneten Fenster plötzlich unwahrscheinlich heiß vor. »Wie tief hing Kurt da drin?«
»In Brandenburg betrifft es in diesem Verfahren zwölf Personen. Darunter ist ein Polizist, ein Richter, ein Landrat und eben dein Freund Kurt Becher.«
»Aber Kurt wohnte in Berlin.«
»Sicherlich. Aber ins Internet ging er hier. Immer in seinem Blockhaus am Bohnenländer See.«
Michaelis kratzte sich am Kopf. Konnte das wirklich möglich sein?
»Wer ist deine Quelle?«
Inka gab keine Antwort.
»Die Quelle!«
»Werner … ich …« Sie lachte gestelzt.
»Du hast mein Wort. Schon vergessen?«
»Ein Bulle aus Potsdam. Ich habe ihn mal bei einer Pressekonferenz wegen einer anderen Sache kennengelernt und später in einem Berliner Tanztempel wiedergetroffen.«
»Und dieser Typ hängt jetzt in den Ermittlungen drin?«
»Ja. Er hat mir eine Liste mit Namen gegeben und wollte dafür das Alphamännchen sein.«
»Und war er’s?«
Sie antwortete nicht.
»Oh, oh. Du hast dir eigentlich mehr versprochen, aber der Bulle ist verheiratet, oder?« Das war keine Frage, das war Wissen aus Erfahrung.
»Ja, verdammt noch mal«, fuhr sie ihn an. »Und er hat es mir zunächst verschwiegen. Kann nicht wenigstens ein Kerl mal ehrliche Gefühle haben.«
Das
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