Havoc
Malice. Nicht schlecht.«
»Wir müssen ab jetzt verdammt vorsichtig sein«, warnte Seth. »Das ist ein richtig übler Ort.« Er streckte die Hand aus und Justin reichte ihm das Stuhlbein.
»Schlimmer als die Oubliette?«, fragte er. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Hier sieht man wenigstens, wer einem den Kopf abbeißen will.«
Seth schlug ihm kopfschüttelnd auf die Schulter und gab ihm ein Zeichen mitzukommen. Justin hatte es mit seinem unerschütterlichen Humor mal wieder geschafft, ihm neuen Mut zu verleihen.
Vielleicht war er aber auch einfach nur erleichtert, wieder zurück zu sein. Er hatte Angst gehabt, der Übergang nach Malice könnte aus irgendeinem Grund geschlossen sein, sodass sie in der realen Welt festsitzen würden. Aber bis jetzt war alles nach Plan gelaufen.
Kady würde dich für verrückt erklären , dachte er. Du bist lieber im Haus des Todes als in Birmingham .
Aber genau das unterschied sie beide voneinander.
Im Haus des Todes war es ruhiger, als er es in Erinnerung hatte. Die Flure lagen völlig verlassen da. Gelegentlich war ein dumpfes Wummern von oben zu hören, aber sonst war alles still. Sie schlichen sich auf Zehenspitzen vorwärts und blieben an jeder Ecke stehen, um zu lauschen, hörten jedoch niemanden.
Sie sind alle draußen , dachte Seth. Genau wie Kady.
»Sind das Kanonen?«, fragte Justin, als zum wiederholten Mal dumpfe Explosionsgeräusche von oben zu ihnen herunterdrangen. »Kanonen?« Seth runzelte die Stirn. Dann hatte die Schlacht also schon begonnen. »Los, wir müssen uns beeilen«, drängte er.
»Weißt du überhaupt, wo wir genau hinmüssen?«, fragte Justin keuchend, während sie den nächsten Korridor entlangrannten. Überall in den Ecken lagen Knochen und die verwesten Überreste von Ratten.
»Die Laq hat gesagt, dass wir die Bombe im Maschinenraum verstecken sollen.«
»Ach so, okay. Dann müssen wir aber da lang.«
Seth blieb stehen und sah seinen Freund fassungslos an. »Woher weißt du das?«
»Ich höre die Maschinen. Das Geräusch kommt ganz deutlich von unten.«
Seth lauschte, konnte aber nichts hören. »Bist du dir sicher?«
»Sicher bin ich mir sicher. Du musst nur die Ohren spitzen, Alter.«
Im nächsten Augenblick packte Seth ihn, zog ihn in eine Türöffnung und hielt ihm den Mund zu. Sekunden später sah Justin mit aufgerissenen Augen, wie etwas im Gang an ihm vorbeischwebte, das über einen Meter breit war und aussah wie ein Stachelrochen mit breitem Maul und kurzen scharfen Zähnen. Es glitt geräuschlos an der Nische vorbei, in die sie sich pressten, und verschwand dann um die Ecke.
»Scheiße, ich hab das Vieh gar nicht kommen hören«, keuchte Justin, als Seth ihn wieder losließ.
»Du musst nur die Ohren spitzen, Alter«, sagte Seth grinsend. Justin stieß ihn in die Rippen.
Von jetzt an waren sie auf der Hut. Nach der Begegnung mit dem Wächter wussten sie, dass doch nicht alle Bewohner des Hauses draußen auf dem Schlachtfeld waren. In den Gängen irrten Zombies umher, die in Zwangsjacken steckten und über deren Köpfe Käfige gestülpt waren. Manche von ihnen schienen kaum etwas wahrzunehmen, andere blickten sich bei jedem Schritt lauernd u m – Seth und Justin versteckten sich vorsichtshalber vor ihnen.
Nach einer Weile kamen sie an einem riesigen Becken vorbei, das ringsum mit einem Metallgitter gesichert war. Es war zu dunkel, um etwas zu erkennen, aber das gurgelnde Atmen aus der Tiefe ließ keinen Zweifel daran, dass es von etwas Großem ausging. Sie zogen sich hastig zurück, als ein langer, glitschiger Fangarm aus dem Becken schoss und Seth zu packen versuchte.
Das Wummern der Kanonen auf dem Dach hörte nicht auf, aber Seth versuchte nicht darüber nachzudenken, in welcher Gefahr Kady, Tatyana, Scotty und Dylan schwebten. Er musste sich auf sein Ziel konzentrieren.
Plötzlich blieb Justin stehen und lauschte. »Da muss irgend-wo ein Aufzug sein!«, rief er. Gefolgt von Seth ging er dem leisen Summen nach, bis sie vor einem von Blutspritzern und öligen Fingerabdrücken verdreckten Lastenaufzug standen. Justin fuhr mit dem Zeigefinger über die Metallverkleidung und betrachtete angewidert seine Fingerkuppe. »Da hilft wirklich nur noch in die Luft sprengen«, murmelte er.
»Glaubst du, der Aufzug bringt uns in den Maschinenraum?«, fragte Seth.
»Es gibt nur eine Methode, das herauszufinden«, sagte Justin, griff nach dem Hebel und zog daran. Die Türen schlossen sich quietschend hinter ihnen und der Lift
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