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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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egal, ob er gestohlen wurde. Und dann tat sie etwas, was sie selbst überraschte: Sie zog am Griff und riss die Tür auf.
    »Was machst du da, Alicia?«, schimpfte sie leise mit sich selbst, als sie plötzlich aus dem Augenwinkel sah, wie Scratch aus dem Gebäude kam. Verdammt!
    Ohne zu überlegen, schlüpfte sie in den Wagen und zog die Tür hinter sich zu. Und dann überfiel sie Panik.
    Hast du den Verstand verloren? Scratch bringt dich um, wenn er dich hier drin entdeckt!
    Aber jetzt war es zu spät, um noch unbemerkt auszusteigen. Alicia war nicht gerade das, was man einen risikofreudigen Menschen nennt. Im Gegenteil. Sie war gern auf der sicheren Seite, lernte vor jeder anstehenden Prüfung gewissenhaft und hielt sich von allem fern, was verboten war. Bis jetzt jedenfalls.
    Was sollte sie nur tun? In ihrem Kopf arbeitete es fieberhaft, als sie etwas Weiches unter sich spürte. Die Decke! Schnell quetschte sie sich in den Spalt zwischen der Rückbank und der Rückseite des Beifahrersitzes und zog die alte Decke so über sich, dass sie darunter nicht mehr zu sehen war. Der Wollstoff dünstete einen widerlich beißenden Gestank aus, den sie aus dem Raubtierhaus im Zoo kannte. Ihr kam ein fürchterlicher Gedanke: Hatte Scratch unter der Decke womöglich das Monster versteckt, das Seth in jener Nacht verfolgt hatte, in der Lemar das »Reh« angefahren hatte?
    Sie kauerte sich zusammen und traute sich kaum zu atmen, während sie sich vorstellte, wie Scratch mit großen Schritten auf seinen Wagen zuging. Hatte er beobachtet, wie sie eingestiegen war? Würde er gleich die Tür aufreißen und sie herauszerren?
    Ihr Handy fiel ihr ein. Mit zitternden Händen klaubte sie es aus der Tasche, schaltete es aus und schob es wieder zurück. Dann hörte sie Schritte und erstarrte wie ein verängstigtes Kaninchen.
    Eine Tür ging auf. Alicia wusste nicht welche. Sie kniff die Augen zusammen und hielt den Atem an.
    Bitte mach, dass er mich nicht sieht! Bitte!
    Fast hätte sie aufgeschrien, als plötzlich irgendetwas auf ihrem Rücken landete. Aber es war ganz leicht und raschelte wie Stof f …
    Sein Mantel. Er musste seinen Mantel nach hinten geworfen haben.
    Als Nächstes hörte Alicia es knarzen, offensichtlich machte es sich der fette Icarus Scratch gerade hinter dem Steuer bequem. Er ächzte und stöhnte und fluchte über das Wetter, als er die Tür zuzog. Anschließend ertönte ein zischendes Geräusch wie von einer Getränkedose, die geöffnet wurde, und danach gierige Schluckgeräusche.
    Währenddessen kauerte sie halb tot vor Angst unter der stinkenden Decke und wünschte sich verzweifelt, sie wäre nie in dieses Auto gestiegen.
    Kurz darauf hörte sie, wie Scratch die Coladose in die Ablage in der Tür steckte und den Wagen startete. »Dann also zurück nach Crouch Hollow.« Seufzend löste er die Handbremse, setzte den Wagen zurück und fuhr vom Parkplatz.

In Crouch Hollow

    1
    Vielleicht waren sie erst eine Stunde unterwegs, vielleicht aber auch schon vier. Gefangen in diesem Wirklichkeit gewordenen Albtraum, hatte Alicia jegliches Zeitgefühl verloren. Sie wagte es nicht, sich zu rühren, traute sich kaum zu atmen. Sicher würde es nicht mehr lange dauern, bis Scratch sie hinter dem Beifahrersitz kauernd entdeckte. Wenn ihm während der Fahrt nichts auffiel, würde er sie garantiert finden, sobald sie ihr Fahrtziel erreicht hatten. Er würde nach seinem Mantel greifen und unweigerlich spüren, dass jemand darunter verborgen war.
    Aber bis dahin blieb ihr nichts anderes übrig, als sich so still wie möglich zu verhalten. Ihr ganzer Körper schmerzte von der gekrümmten Sitzposition und die Beine spürte sie schon gar nicht mehr. Trotzdem bewegte sie keinen Muskel und atmete, so flach sie konnte, um so wenig wie möglich von dem beißenden Raubtiergestank zu riechen. Aber das Schlimmste war die Angst, entdeckt zu werden. Sie raubte ihr fast den Verstand.
    Angespannt lauschte sie auf alles, was um sie herum vorging. Das Röhren des Motors verriet ihr, ob Scratch den Wagen beschleunigte oder abbremste. Anhand des Reifengeräuschs konnte sie erkennen, welche Beschaffenheit die Fahrbahn hatte, glatter Asphalt oder eher holperig und mit Schlaglöchern übersät. Nachdem sie losgefahren waren, glitten sie bald in gleichmäßigem Tempo dahin und Alicia ahnte, dass sie auf der Autobahn waren. Mit jeder Meile, die sie zurücklegten, entfernte sie sich weiter von zu Hause.
    Was würde Lemar machen, wenn er sie anrief und

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