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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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feststellte, dass sie ihr Handy ausgeschaltet hatte? Und wie würden ihre Eltern reagieren, wenn sie heute Abend nicht nach Hause kam?
    Aber darüber durfte sie jetzt nicht nachdenken. Alles, was sie im Moment tun konnte, war, sich still zu verhalte n – sehr, sehr stil l – und verzweifelt zu hoffen und zu beten.
    Icarus Scratch wechselte ständig die Sender des Autoradios, gab Kommentare zu den Songs ab, die gespielt wurden, beschimpfte andere Autofahrer und sang gelegentlich mit seiner unerträglich hohen Falsettstimme falsch mit.
    Nachdem er im Radio nichts gefunden hatte, was ihm gefiel, schaltete er es ab und verfiel in Schweigen. Aber es dauerte nicht lange, bis Scratch wieder anfing, Selbstgespräche zu führen.
    »Ich hätte ihm den Hals umdrehen sollen, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte«, murmelte er. »Hätte ich dieses verfluchte Haus doch niemals betreten!«
    Von wem spricht er? Und welches Haus hätte er niemals betreten sollen? Redet er von Crouch Hollow?
    »Aber das ist mal wieder typisch für mein verpfuschtes Leben. Armer, armer Icarus. Ein Pechvogel bist du. Nie läuft auch mal etwas glatt für dich. Ständig rackerst du dich für andere ab und hast selbst nichts davon.« Er seufzte und schwieg einen Moment, bis der nächste vor Selbstmitleid triefende Redeschwall aus ihm hervorbrach. »Wer hätte denn auch ahnen können, dass Daddy so ein Anwesen besaß? Wer hätte je gedacht, dass er es mir vererben würde? Und anfangs hat es sich ja auch großartig angehör t … aber dann! Wie dumm ich war! Ich hätte alles verkaufen sollen, ich hätte Millionen machen können! Aber nein! Icarus Scratch hat einfach nie Glück im Leben. Ich wette, das hat dieser blasenschwache, gehässige Greis von Anfang an so geplant. Ich wette, er wusste ganz genau, dass Grendel dort oben auf dem Dachboden hockte und nur darauf wartete, dass der arme, ahnungslose Icarus über ihn stolperte. Ich hätte ihm gleich den Hals umdrehen und das Haus verkaufen sollen. Dann wäre ich jetzt wenigstens reich!«
    Eine Weile war er wieder still, dann stieß er wütend hervor: »Ich kann nur hoffen, dass es das alles wert ist. Das ist nämlich mein verdammtes Geld, das in dem Laden steckt und in der verdammten Druckerei und dem verdammten Comic! Und was hab ich bis jetzt davon gehabt? Nichts! Keinen verdammten Penny! Wir drucken einen Comic und sorgen dafür, dass sich die Leute darum reißen, und was machen wir damit? Wir verschenken ihn! Und wer hat die ganze Arbeit? Wer muss ständig mit den verfluchten Zeichnungen hin- und herfahren, Tag für Tag im dunklen Laden stehen und dafür sorgen, dass niemand hinter unser Geheimnis kommt? Icarus Scratch! Ich kann nur hoffen, dass es die Mühe wert ist und dass Tall Jake sein Versprechen hält und mir gibt, was mir zusteht. Wir Scratches sind nämlich bekannt dafür, dass wir ein Elefantengedächtnis haben. Oh ja. Wir vergessen niemals! Tall Jake sollte wissen, dass man sich Icarus Scratch lieber nicht zum Feind macht!«
    Er schnaubte empört, sagte aber kurz darauf in versöhnlicherem Tonfall: »Ein Gutes hat die Sache immerhin. Wenigstens das Personal ist billig!« Er stieß ein keckerndes Lachen aus. Dann schaltete er das Radio wieder ein, fand einen Jazzsender, der ihm offensichtlich zusagte, und schwieg für den Rest der Fahrt.
    2
    Alicia konnte hören, dass es immer noch stark regnete. Irgendwann bogen sie von der Autobahn auf eine etwas holperigere Straße ab. Der Wagen fuhr viele Kurven und bremste immer wieder ab. Alicia nahm an, dass sie jetzt außerhalb der Stadt waren und über Landstraßen fuhren. Sie versuchte sich auf jedes Detail zu konzentrieren, um so viel wie möglich mitzubekommen, außerdem half es ihr, einen halbwegs kühlen Kopf zu bewahren und vor Panik nicht hysterisch zu werden.
    Auf einmal fuhr Scratch den Wagen rechts ran und zog die Handbremse. Alicia hörte, wie er sich im Sitz umdrehte, und spürte im nächsten Moment seine Hand auf ihrem Rücken! Ihr blieb beinahe das Herz stehen. Scratch griff nach seinem Mantel.
    Als Nächstes merkte sie, wie der Wagen leicht hin- und herschaukelte, und hörte, wie Scratch sich den Mantel ächzend anzog. Lautlos stieß sie den angehaltenen Atem aus. Er hatte sie nicht bemerkt! Sie konnte ihr Glück kaum fassen.
    Scratch stieg aus dem Wagen und schlug die Tür hinter sich zu. Alicia hörte Schritte und gedämpfte Stimmen. Sie nahm all ihren Mut zusammen, hob die Decke ein paar Zentimeter an und spitzte die

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