Hawaii
seiner vollbekleideten Schwester. Aber bald war auch das vorübergegangen, und wenn er in den letzten Jahren gelegentlich über Geschlechtliches nachgedacht hatte, so schien es ihm immer, als sei es damit für ihn schon in der Mitte seiner Dreißigerjahre vorbei gewesen. Tehani Wahine - denn das war ihr voller Name, Miß Tehani von Bora Bora - hegte jedoch ganz andere Erwartungen. Man hatte ihr gesagt, daß Männer in Oberst Hales Alter diejenigen seien, die an geschlechtlichen Dingen am meisten Spaß fänden und am tüchtigsten darin seien. Und wenn sie bei Hale diese Erwartungen auch nicht bestätigt fand, so mußte sie doch zugeben, daß sie nie einen Mann kennengelernt hatte, der so schnell lernte wie er.
Es waren Tage träger, gleichgültiger Freuden. Er hatte es am liebsten, wenn sie ihren Sarong nachlässig um die Hüften band, so daß ihre Brüste frei blieben, und wenn ihr langes, schwarzes Haar mit Blumen besteckt war. Er konnte stundenlang auf dem Gurtenbett liegen und ihren Bewegungen zusehen. Manchmal sprang er dann mit einem Schrei des Entzückens auf, nahm sie in die Arme, überschüttete sie mit einem Regen von Küssen und trug sie auf das Bett. Einmal fragte er sie: »Ist es immer so auf Bora Bora?« Und sie antwortete: »Wir haben gewöhnlich nicht so viel guten Wein.« Da mußte er denken: In den anderen Teilen der Erde herrscht Krieg, in Hawaii streiten nervöse Menschen miteinander, und in New York überlegen sich die Mädchen: Soll ich es ihm heute erlauben? - Aber in Bora Bora gibt es Tehani. -Ebenso wie der General war er erstaunt, was ein Mann von vierundvierzig Jahren alles vermochte - wenn er die rechte Anregung erhielt.
Am vorletzten Tag flüsterte Tehani: »Sag den andern, daß du morgen nicht da bist«, und in der Morgendämmerung sprenkelte sie ihm Wasser aufs Gesicht und rief: »Steh auf und sieh dir den Fisch an.« Er war noch schläfrig, aber sie führte ihn vor das Haus, wo sie einen frischen Thunfisch ausgenommen und gesäubert hatte. »Das soll das beste Gericht werden, das du je gegessen hast«, versicherte sie ihm. »Es wird ein Bora Bora Poisson cru. Sieh zu, wie ich es mache, damit du, wenn du dich später einmal an mich erinnern willst, weißt, wie man es macht und mich darin schmecken kannst.«
Sie schnitt den Thunfisch in kleine Filets von zwei Zentimeter Dicke. Diese wurden in eine große Kalebasse gelegt, die sie zur Lagune hinuntertrug, wohin niemand kam, und mit frischem Salzwasser bedeckte. Dann nahm sie einen Stock und schlug drei Lemonenfrüchte von einem Baum. Die schnitt sie durch und drückte sie über der Kalebasse aus. Nun suchte sie einen geschützten Platz und stellte die Kalebasse in die pralle Sonne, damit der Fisch während des langen, heißen Vormittags im Sud dämpfen und gar werden sollte.
»Jetzt kommt der Teil, wo du mir helfen mußt!« rief sie fröhlich und deutete auf die schlanken Kokospalmen, die sich über das Wasser neigten. »Ich werde hinaufklettern, aber du mußt die Nüsse hier unten auffangen.« Noch ehe er sie zurückhalten konnte, hatte sie schon ihren Sarong hochgebunden, war an dem Stamm emporgesprungen und klomm nun in die Krone hinauf, wo die Nüsse hingen. Während sie sich mit der Linken festhielt, drehte sie mit ihrer Rechten eine besonders schöne Nuß los und warf sie mit großem
Schwung auf die Insel, wo Hale sie auffing. »Hurra!« rief sie fröhlich und pflückte eine weitere Nuß.
Nachdem sie auf die Erde zurückgeglitten war, holte sie einen derben Stecken und rammte ihn in die Erde. Sie zeigte ihrem Gefährten, wie man die Nüsse von der Bastschicht befreite, und als das geschehen war, schlug sie die beiden Nüsse
gegeneinander, bis sie aufplatzten und ihr Saft in eine andere Kalebasse rann. Dann rammte sie einen zweiten Stock in die Erde, diesmal aber in einem schrägen Winkel, und schabte nun die Nüsse mit langsamen, rhythmischen Bewegungen daran, bis sich das saftige, weiße Fleisch abschälte und auf die
Pandanusblätter fiel, die darunter lagen. Während ihre
goldbraunen Schultern bei dieser Arbeit im Sonnenlicht hin und her schwangen, sang sie:
»Für den Geliebten die Kokosnuß schaben, Das süße Fleisch für ihn abschälen, Salzen den Fisch.
Unter dem schwankenden Brotfruchtbaum, Unter dem reglosen Himmel Teil ich das süße Fleisch mit dem Geliebten.«
Als sie mit dem Schaben fertig war, achtete sie nicht weiter auf Hoxworth, sondern nahm das
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