Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66
verbringen.“
„Florida!“ Kico hüpfte vor Freude fast vom Stuhl. „ Qué fantástico! Besuchen wir dann die Seminole-Indianer? Und Disney World? Können wir …“
„Wir haben ja noch gar nicht entschieden, ob wir es einrichten können“, gab Rafael kühl zu bedenken. „Das hängt von meiner Arbeit ab.“
„Aber du kannst doch vorher und nachher arbeiten, Papa.“
„Du bist jetzt still, Kico. Iss dein Abendessen. Wir sprechen demnächst darüber.“
Schweigend sahen Julie und Kico einander an und widmeten sich bedrückt dem Essen.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Julie füllte etliche Dokumente aus, sie besuchte die kleine San Jeronimo-Kirche und bestellte Blumenschmuck für die kirchliche Trauung. Daran würde Rafael sicher nicht denken.
Der Friedensrichter sollte sie um zwölf Uhr mittags trauen. In der Kirche wollten sie fünf Stunden später heiraten.
Drei Frauen bewarben sich um die ehemalige Stelle von Alicia. „Die Entscheidung liegt bei dir“, sagte Rafael, als er die Termine für die Bewerbungsgespräche festgelegt hatte. „Such dir die Kandidatin aus, die du für am besten geeignet hältst.“
Die ersten beiden Bewerberinnen waren akzeptabel, aber die dritte war einfach perfekt. Eufrasia Ponce wohnte in Janitzio, war Anfang Fünfzig, hatte warmherzige braune Augen und einen hellbraunenTeint. Wie aus dem Ei gepellt erschien sie in blauem Trachtenrock und hellroter Bluse im Indiostil zum Bewerbungsgespräch.
In den vergangenen fünf Jahren war sie bei einer Familie in Morelia beschäftigt gewesen, wollte aber jetzt lieber in Janitzio arbeiten, um sich um ihren gebrechlichen Vater kümmern zu können.
Sie unterhielt sich auch kurz mit Eloisa und Juanita, die Julie ihr vorstellte und strahlte, als sie Kico sah. Julie entschuldigte sich kurz und rief aus dem Arbeitszimmer bei Eufrasias bisheriger Arbeitgeberin an.
„Sie ist ein Juwel“, versicherte Señora Sanchez ihr. „So jemanden werden wir nie wieder finden. Wir haben ihr eine Gehaltserhöhung angeboten, aber sie hat trotzdem gekündigt, weil sie in der Nähe ihres Vaters in Janitzio wohnen will.“
Julie bedankte sich für die Auskunft und suchte Rafael im Atelier auf.
„Ich habe doch gesagt, dass ich die Entscheidung dir überlasse“, sagte er, leicht verärgert über die Störung.
„Ja, aber ich finde, du solltest dir selbst ein Bild machen. Vielleicht hast du ja Einwände.“
Gemeinsam gingen sie in die Küche, er unterhielt sich mit Eufrasia und bat dann Julie, ihn kurz ins Esszimmer zu begleiten.
Rafael zog eine Augenbraue hoch. „Hast du ihre Referenzen überprüft?“
„Selbstverständlich.“
„Und sie ist dir sympathisch?“
„Ja.“
„Also gut, dann stell sie ein.“
Bereits am nächsten Tag nahm Eufrasia ihre Arbeit als Haushälterin bei ihnen auf.
Drei Tage später wurde das Brautkleid geliefert. Eufrasia brachte es ihr. Gespannt öffnete Julie das Paket und zog das kostbare Spitzenkleid heraus.
Bisher kannte sie es nur von dem Hochzeitsfoto ihrer Eltern, das daheim auf dem Klavier stand. Wie jung sie damals gewesen waren – ihre Mutter eine wunderschöne Braut, daneben der stattliche Bräutigam.
Tränen der Rührung und Verzweiflung liefen ihr übers Gesicht. Nun heiratete sie fern der Heimat und ohne familiären Beistand.
11. KAPITEL
Pünktlich um zwölf Uhr traf FriedensrichterTomásVicente Alemán am Freitagmittag auf der Hazienda ein, um Julie und Rafael zu trauen. Sie hatten beschlossen, das Atelier als hellsten und sonnigsten Raum zum Trauzimmer zu machen und an der großen Fensterfront standen Bodenvasen mit üppigen, prachtvollen Sträußen.
Nervös legte Julie ihre Hand in Rafaels, als die Zeremonie begann. Sie wiederholte die spanische Trauungsformel, die sie vor dem Gesetz zu Mann und Frau machte. Irgendwie kam ihr alles unwirklich vor. Sie hörte zu, sie sagte Ja, rang sich mit bebenden Lippen ein Lächeln ab und sah Rafael an.
Voller Hoffnung wartete sie auf ein aufmunterndes Lächeln, einen Ausdruck der Liebe, doch nichts geschah. Ihr frisch angetrauter Ehemann würdigte sie keines Blickes. Nicht einmal mit einem kurzen ermunternden Händedruck vermittelte er ihr, wie glücklich er war, nun mit ihr verheiratet zu sein.
Der Friedensrichter erklärte sie zu Mann und Frau.
Kico zog Julie an der Hand. „Bist du jetzt meine Mutter?“, fragte er leise.
Julie beugte sich zu ihm hinunter und nahm ihn in den Arm. Nach einem Kuss auf die Wange sagte sie: „Ja, Schatz, nun
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