Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66
Rafael küsste sie auf die Stirn und zog sie enger an sich. Wie zart sie war. Schuldbewusst nahm er sich vor, in Zukunft weniger rau mit ihr umzugehen.
Eine solche Szene wie am Nachmittag, als sie ungezügelt übereinander hergefallen waren, durfte sich nicht wiederholen. Er schämte sich, so die Kontrolle verloren zu haben. Was war nur in ihn gefahren?
Er nahm sich vor, sich von nun an besser zu beherrschen. Heute Nacht würde er sie nicht anrühren. Er musste ihr Zeit lassen, wollte sie nicht zu sehr bedrängen.
Julie seufzte sehnsüchtig, und er spürte ihren Atem an seinem Hals. Instinktiv hielt er sie fest an sich gepresst.
„ C’est l’amour “, hauchte die Sängerin ins Mikrofon. „Es ist Liebe.“
Sie setzten sich wieder an den Tisch und tranken einen Schluck Champagner. Am Ufer sahen sie Notre-Dame, hell erleuchtet und majestätisch.
„Paris ist wirklich eine wunderschöne Stadt“, sagte Julie verträumt und nahm seine Hand. „Danke, dass du mich hergebracht hast, Rafael.“
Mit leuchtenden Augen sah sie ihn an. Zärtlich streichelte er ihre Hand. Und in diesem Moment ahnte er, dass er seinenVorsatz brechen würde, heute Nacht nicht mit Julie zu schlafen.
Rafaels Agent Paul St. Jacques, bei dem sie am nächsten Abend eingeladen waren, wohnte in einem Penthouse in der Rue de Rivoli mit Blick auf die Tuilerien. Als Julie und Rafael eintrafen, waren die meisten Gäste schon gekommen. Julie hatte befürchtet, in dem eleganten neuen Outfit zu schick gekleidet zu sein, stellte jedoch beruhigt fest, dass dies nicht der Fall war. Die anderen Frauen hatten sich ebenfalls für eine feine Garderobe entschieden, die Männer trugen Smoking.
Ein klassisch in Schwarz mit einer weißen Spitzenschürze gekleidetes Dienstmädchen nahm ihr das Cape ab und führte Rafael und sie in den Salon, wo bereits gut zwanzig Gäste versammelt waren.
Ein großer, gut aussehender Mann, der mit einigen der Gäste zusammenstand, stürzte auf sie zu. „Rafael! Wie schön, dich zu sehen. Und das ist also deine Frau.“ Galant küsste er Julie die Hand und musterte sie bewundernd. „Du bist ein Glückspilz, Rafael“, sagte er. „Sie ist schön und zart wie eine Orchidee.“ Noch immer hielt er Julies Hand. „Kommen Sie, meine Liebe, ich möchte Sie meinen anderen Gästen vorstellen.“
Julie hatte Mühe, sich all die Namen zu merken: Henri d’Autriche, Monique, Claudette, Gaston Alais, Françoise und so weiter. Lächelnd reichte sie ihnen allen die Hand und sagte: „Enchantée.“ Das Wort für ‚sehr erfreut‘ hatte Rafael ihr vorhin noch schnell beigebracht.
Die Männer schüttelten Rafael die Hand, die Frauen küssten ihn auf die Wangen. Jemand drückte Julie ein Glas Champagner in die Hand, und eine attraktive Rothaarige sagte: „Oh, là là! Seht euch den Ring an! Der muss ja ein Vermögen gekostet haben. Aber Rafael war ja schon immer sehr großzügig zu seinen Frauen.“
„Madeleine, meine Liebe“, sagte der Mann neben ihr. „Fahr die Krallen wieder ein. Du könntest jemanden damit kratzen.“
Julie wandte sich ab. In diesem Moment gesellte Paul St. Jacques sich zu ihr, der die Szene beobachtet hatte. „Madeleine dürfen Sie nicht ernst nehmen. Sie war mit Rafael befreundet, als er damals hier in Paris gelebt hat. Aber das ist viele Jahre her. Wahrscheinlich erinnert er sich nicht einmal an sie.“ Er lächelte. „Kommen Sie mit auf die Dachterrasse, meine Liebe, ich möchte Ihnen gern die Aussicht zeigen.“
Paul St. Jacques war MitteVierzig, sehr schlank und elegant, hatte sorgfältig frisiertes graumeliertes Haar und einen gepflegten Schnurrbart. Bei Julie war es Antipathie auf den ersten Blick. Er sah zu gut aus, um wirklich sympathisch zu sein, und schien aalglatt.
Trotzdem ließ sie sich von ihm auf die Dachterrasse entführen. Der Blick war tatsächlich atemberaubend. Im Hintergrund erhob sich der Eiffelturm, sie machte den Invalidendom und die Champs-Elysées aus.
„Sind Sie zum ersten Mal in Paris?“, fragte ihr Gastgeber.
„Ja, dies ist mein erster Europabesuch.“
„Wie aufregend, alles zum ersten Mal zu sehen. Es freut mich, dass Sie zuerst nach Paris gekommen sind. Es ist die schönste Stadt der Welt.“
„Ja, das finde ich auch.“
Er kam näher. Sie konnte sein Eau de Cologne riechen – zu süß und zu viel für ihren Geschmack. „Ich wünschte, ich könnte Sie in Paris herumführen“, sagte er leise. „Vielleicht erlauben Sie es mir, wenn Rafael mit seinen Terminen
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