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Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66

Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66

Titel: Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Faith
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einen Finger unter sein Kinn und hob es an, damit sie dem Jungen in dieAugen sehen konnte.„Er ist dein Vater, Kico. Natürlich bist du ihm wichtig.“
    Stimmte das? Beim gemeinsamen Abendessen hatte Rafael Vega seinen Sohn kaum beachtet und wenn, dann hatte er ihn ermahnt. Vermutlich trauerte er noch um seine Frau und versuchte, seinen Schmerz mit Arbeit zu betäuben. Vielleicht ließ es ihn auch verzweifeln, dass seine schöpferische Ader versiegt war. Professor Melendez hatte so etwas erwähnt. Aber das war noch lange kein Grund, seinen eigenen Sohn mit Nichtachtung zu strafen.
    Wie nur konnte sie Kico aus der Reserve locken? „Du könntest ein Bild für mich malen“, schlug sie schließlich vor.
    „Ein Bild?“
    „Ja. Ich habe noch gar nichts von Janitzio gesehen. Als ich gestern Abend hier ankam, goss es in Strömen. Warum malst du mir nicht ein Bild von Janitzio oder dem See? Natürlich kannst du dir auch selbst ein Motiv ausdenken.“
    „Okay.“
    Sie lächelte. „Jetzt hast du Englisch gesprochen.“
    Kico ging nicht darauf ein.
    Sie gab ihm einen Zeichenblock und einen Kasten Buntstifte und ging zum Fenster, während er sich an die Arbeit machte.
    Der Nebel hatte sich etwas gelichtet. Bäume und Rasen erstrahlten in frischem Grün. Außer einigen scharlachroten Bougainvilleablüten, die über eine Mauer wuchsen, gab es keinen Farbtupfer im Garten. Auch der See war von diesem Fenster aus nicht zu sehen.
    Der Unterrichtsraum war spartanisch eingerichtet. Im Bücherregal fand sie nur Lexika und Geschichtsbücher, keinen Roman, kein Kinderbuch. Abgesehen von einer großen Wanduhr über ihrem Pult waren die Wände kahl.
    Julie nahm sich vor, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit im Dorf oder in Patzcuaro einige Dekorationsstücke zu kaufen, die den Raum etwas fröhlicher wirken ließen. Vielleicht konnte Kico sie begleiten und sich selbst etwas Geeignetes aussuchen.
    Der Junge beugte den Kopf über den Zeichenblock, biss sich auf die Lippe und betrachtete konzentriert sein Werk.
    Er ist wirklich ein süßer kleiner Kerl, dachte Julie zärtlich. Sie war froh, sich jetzt um ihn zu kümmern.
    „Ich bin fertig“, sagte er.
    „Darf ich mal sehen?“ Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben ihren Schützling, der ihr die Zeichnung reichte.
    Sie hatte ihm Buntstifte in vielen Farben gegeben, aber er hatte nur den schwarzen, braunen und grauen Stift benutzt. Die Zeichnung zeigte Kicos erstaunliches Talent, doch die triste Atmosphäre, die sie vermittelte, war erschreckend.
    Schwere schwarze Wolken hingen auf seinem Bild über dem dunklen, bedrohlich wirkenden See. Genau wie auf der gestrigen Überfahrt. Auf dem Wasser schaukelte ein leeres Boot auf einem Wellenkamm und drohte, jeden Moment unterzugehen. Am Ufer lag ein weiterer Kahn. Daneben stand ein Junge. Ein Junge ohne Hände.
    Entsetzt betrachtete Julie das Bild. „Das ist ausgezeichnet, Kico“, sagte sie schließlich. „Was für ein fürchterlicher Sturm.“ Sie tat so, als liefe ihr ein kalter Schauer über den Rücken. „Genau so ein Unwetter herrschte gestern auf der Überfahrt hierher. Ich hatte wirklich Angst.“
    Er nickte verständnisvoll.
    Sie rückte näher an ihn heran und legte einen Arm um seine Schultern. „Wer ist der kleine Junge, Kico? Bist du das?“
    „Si.“ Er kuschelte sich an sie.
    „Und du hast den Sturm beobachtet?“
    „Si.“
    Sie tat, als betrachte sie die Zeichnung nun genauer. „Du hast vergessen, deine Hände zu zeichnen.“
    Kico rückte von ihr ab. „Ich habe Hunger“, sagte er. „Wann gibt es Mittagessen?“
    Julie warf einen Blick auf die Wanduhr. Es war kurz vor zwölf.„Gleich. Wasch dich schon mal. Wir treffen uns dann in ein paar Minuten im Esszimmer.“ Zärtlich zerzauste sie sein Haar. „Okay?“
    Er nickte.
    Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand Julie auf und ging mit der Zeichnung ans Fenster. Eine außerordentliche Leistung für einen Siebenjährigen, aber auch sehr beunruhigend. Warum war das Boot auf dem See leer? Warum hatte der kleine Junge keine Hände?
    Besorgt schob Julie die Zeichnung in einen großen Umschlag, den sie im Lehrerpult gefunden hatte. Diese Angelegenheit war dringend. Sie musste Gelegenheit zu einem vertraulichen Gespräch finden, selbst wenn er dadurch in seiner Arbeit unterbrochen wurde. Darauf konnte Julie keine Rücksicht nehmen. Schließlich ging es um ihren kleinen Schützling. Julie beschloss, Rafael Vega nach dem Abendessen abzufangen,

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