Head over Heels - Gaby Band 1 (German Edition)
jegliches Gefühl für Zeit und Raum.
Was ich getan habe , ist weder geplant gewesen, noch kann ich behaupten, dass ich mich dagegen verwehrt hätte. Das schlechte Gewissen nagt an mir. Ich habe sie einfach überfahren. Nicht dass ich sie für ängstlich halten würde. Doch da ich unseren Start ziemlich versaut habe, muss ich mich wohl mehr ins Zeug legen, als Ben es tun musste. Mit dem Gedanken, dass sie jetzt möglicherweise auf dem Weg zu Ben ist, mag ich mich überhaupt nicht anfreunden. Wobei mir diese Umschreibung meiner Empfindungen beinahe untertrieben erscheint. Ich würde Ben am liebsten alle Knochen brechen, um ihn als Gefahrenquelle auszuschalten.
Wenn ich einen starken Gegner habe, dann Ben. Ein Mann, der das absolute Gegenteil von mir ist. Im normalen Leben muss ich mich nicht mit Typen wie Ben messen. Ich muss keinen Gedanken an sie verschwenden, sondern kann mir meiner Wirkung sicher sein, sobald die Damen auf mich aufmerksam werden. Ben ist ein Seelentröster, ein Frauenversteher und laut Abigail ein Freund. Mit mir würde es wohl kaum gelingen, eine Freundschaft aufzubauen. Ich würde das gar nicht zulassen.
Außerdem sollte ich nicht hier in dieser blöden Bäckerei stehen und einem hübschen Gesicht nachweinen, sondern mich um wichtige Dinge kümmern. Jene Dinge, die mir neben Abigail den Schlaf rauben. Jene Dinge, deretwegen ich erst dazu bereit gewesen bin, mich mit ihr zu vertragen.
„Oh, sieh ihn dir an“, höre ich Parkers belustigte Stimme hinter mir und drehe mich mit einem Ruck um. Er steht im Türrahmen und winkt Adwin zu sich heran, der mir ebenfalls einen spöttischen Blick zuwirft. Die beiden sind mein Ruhepol, sie verstehen mich wie niemand anderer. Seitdem wir uns kennen, sind wir uns stets beigestanden.
Darum schmerzt es mich auch, sie nun belügen zu müssen. Nicht nur sie – meine Eltern, meine Geschwister, alle Menschen, die ich kenne. Wenn ich nicht wegen meines lasterhaften Lebens in der Hölle lande, dann wegen des beabsichtigten Betrugs.
„Oh Gaby, ich lade dich in die Bä ckerei meines Freundes ein, um dir zu zeigen, dass ich kein schwanzgesteuertes, kaltherziges Schwein bin. Ich hoffe für dich, Daniil, dass es auch funktioniert hat“, zieht mich Adwin auf und legt dabei seine Hand auf meine Schulter. „Konntest du Druck ablassen?“
Ich atme scharf aus . „Oder kamen wir gerade im entscheidenden Moment?“, wirft Parker ein.
Adwin lacht dreckig und wären sie nicht meine besten Freunde, lägen sie mit gebrochenen Knochen am Boden.
„Sehr witzig. Was macht ihr beide n eigentlich hier? Hatten wir nicht einen Deal?“
Parker zuckt die Sc hultern und lehnt sich an die Tischkante. „Wir haben uns Sorgen um dein Wohlergehen gemacht.“
„Außerdem wollte ich wissen, was Sache ist.“
Kopfschüttelnd gehe ich zum Kamin zurück und räume die Decken und Kissen weg, die ich eigens dort drapiert habe.
„W as hast du mit ihr vor?“, bohrt Parker nach. Er hat die Fähigkeit, Menschen innerhalb weniger Sekunden zu durchschauen. Scannt sie von oben bis unten und bildet sich dann ein messerscharfes Urteil. Es ist schwer, ihn eines Besseren zu belehren, und ebenso schwer ist es, mit ihm klarzukommen. Wir sind uns ähnlich, was wohl den Kitt unserer Freundschaft ausmacht.
Adwin hingegen ist sanfter, einfühlsamer und zutraulicher. Er versucht immer, es allen recht zu machen, weshalb ihn Frauen nur allzu oft ausnutzen.
Wir drei stammen aus denselben Verhältnissen und wissen, wie es sich anfühlt, wenn man aus der sprichwörtlichen Scheiße nach oben klettern muss. Es ist kein Platz für Freunde, Ehrlichkeit und Vertrauen. Es geht ums nackte Überleben. Wir haben damals unser gesamtes Erspartes, was nicht gerade viel gewesen ist, in das Seventiz gesteckt, in der Hoffnung, einen Clou zu landen. Wir hatten Ideen, sehr viele sogar, wobei wir einige schnell verwerfen mussten. Der jahrelange Kampf hat sich gelohnt und ich bin stolz, dass wir immer noch treue Freunde sind.
Parkers Frage hängt weiterhin im Raum, als ich mich aufrichte und die zusammengefalteten Decken auf einem der Tische platziere. „Was spielt das für eine Rolle?“, grummle ich.
Lieber führe ich ihn auf eine falsche Fährte, als dass er merkt, w ie wichtig mir die Verbindung mit ihr ist.
„Du weißt doch , wer sie ist.“
Ich beachte ihn nicht, sondern kippe die Reste meines Weines in mich hinein.
Parker lässt nicht locker, ve rfolgt mich mit seinen Augen. Heute irritiert mich dieser Blick
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