Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
Sitz in Scottsdale, Arizona, 358 Jacaranda Boulevard, Suite 35 .
Die verbleibende Zeit benötigte ich vollständig für die Abholung des Goldes und die Fahrt zum Treffpunkt mit Little Boy. Ich versprach Natsumi, sie anzurufen, sobald ich mit dem Geld auf dem Heimweg war.
»Wenn du nichts hörst, ruf auf keinen Fall die Polizei. Es ist durchaus möglich, dass sie mich festhalten und versuchen, mich zur Preisgabe meiner Quelle zu zwingen. Es könnte eine Weile dauern, das zu klären.«
Die Nacht war eisig. Wir hatten Neumond, die Luft war knackig und knochentrocken, die Sterne kleine Nadelköpfe und die Milchstraße ein schwarzes Tuch, gesprenkelt mit schillernden Flecken.
Ich nahm meine eigene Waage mit zu Gerrys Werkstatt. Ehe ich die Wohnung verließ, sah ich im Internet den Preis nach und rechnete die Goldmenge aus, die ich einladen musste. Die mit Barren gefüllten Kartons brauchten auf der Ladefläche bemerkenswert wenig Platz.
Ohne den dichten Verkehr dauerte die Fahrt zur Bäckerei nur zwanzig Minuten. Auf dem Parkplatz standen zwei große SUV s und ein Lieferwagen. Alle schwarz. Im trüben Schein einer Laterne standen Männer herum oder lehnten am Lieferwagen und rauchten, die Schultern gegen die Kälte hochgezogen. Ich schaltete die Scheinwerfer aus, ehe ich auf den Parkplatz einbog.
»Hey, Mr. G.«, grüßte Little Boy. »Sie haben Mut, das muss ich Ihnen lassen.«
»Außerdem hab ich Ihre Ware. Haben Sie meine Bezahlung?«
»Darum sind wir ja hier. Kommen Sie mit in mein Büro, damit wir es hinter uns bringen.«
Er ging hinüber zum Lieferwagen, öffnete die Hecktüren und winkte mich hinein. Da es keine Möglichkeit gab, sicherzustellen, dass ich mein Geld während oder direkt nach Übergabe des Golds erhielt, öffnete ich einfach die Heckklappe und befahl dem nächsten Bosnier, es in den Lieferwagen zu transportieren. Ich sah zu, wie er und ein anderer Mann die kleinen Kartons hinüberschleppten. Als sie fertig waren, zogen sie sich wieder zurück, und ich folgte Little Boy in den Lieferwagen.
Er war bemerkenswert schön eingerichtet. Auf der einen Seite des Fahrzeugs standen zwei niedrige weiche Ledersessel, auf der anderen ein langes Sofa aus demselben Material, in der Mitte dazwischen ein großer runder Couchtisch. Der Teppich auf dem Boden und die Vertäfelung der Wände waren von zurückhaltender Eleganz.
Little Boy packte das Gold aus und stapelte die Barren auf den Tisch. Er nahm Waage und das Test-Set aus einem Fach vorn im Wagen und machte sich an die Arbeit. Ich wartete in einem Ledersessel, den man drehen konnte, und sah zu.
»Ich bin schon oft in Gold bezahlt worden, aber ich habe nie daran gedacht, selbst ins Geschäft damit einzusteigen«, erzählte Little Boy heiter. »Aber warum nicht? Klar, es ist schwer, aber man kann eine Menge Gold in sehr kleinen Päckchen verstauen.« Er schaute zu mir herüber. »Und es tut keinem weh. Nicht wie Drogen, Mädchen oder Glücksspiel oder das Klauen von Zigarettentransportern. Das sind nicht nur Sünden, sie sind auch schlecht für die Menschen.«
»Ich stimme Ihnen zu«, sagte ich. »Ich hoffe auf eine langandauernde Geschäftsbeziehung. Und falls meine Quelle sich erschöpft, suche ich eine andere. Es gibt kein Limit. Und für Sie sehr wenig Risiko, wenn überhaupt.«
Wir plauderten weiter und diskutierten schließlich über Profi-Basketball, ein Thema, von dem ich absolut keine Ahnung hatte. Glücklicherweise war Little Boy so geschwätzig, dass er eigentlich eher vor sich hin dozierte. Er verstummte erst, als der letzte Barren analysiert war. Er sah mich mit strenger Miene an.
»Mr. G., ich bin sehr enttäuscht von Ihnen.«
Ich spürte, wie mir das Herz bis zum Hals schlug.
»Warum sagen Sie das?«
»Das ist nicht die Menge, auf die wir uns geeinigt hatten«, sagte er mit einer wegwerfenden Geste auf die Barrenstapel. »Wofür halten Sie mich?«
»Die Menge ist korrekt. Sie müssen sich irren. Das kommt vor. Sie müssen noch einmal alles prüfen.«
»Ich habe sehr lange gebraucht, und jetzt wollen Sie, dass ich es noch einmal mache?«
Ich zeigte ihm den Zettel, auf dem ich das gesamte Gewicht der Barren addiert hatte, ehe ich sie in den Subaru lud.
»Und die liegen dort«, sagte ich mit zorniger, aber verhaltener Stimme. »Geben Sie mir Ihre Waage, dann beweise ich es.«
Little Boys Dauerlächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen.
»Ich habe nicht gesagt, dass etwas fehlt. Es ist alles da. Ich sage, dass die
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