Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
Lakai hat Jenkins angerufen. Er will mit Ihnen reden, unter vier Augen. Das war nicht meine Idee. Zu gefährlich. Selbst wenn Sie nur Handtücher tragen.«
»Was schlagen Sie vor?«
»Sie verabreden sich, aber wir tauchen dort auf, und dann nehmen wir Jenkins zu einer Fahrt im Lieferwagen mit.«
»Das wird Ott vermutlich nicht besonders gefallen.«
»Es ist nur eine Schutzmaßnahme. Er wird das verstehen.«
»Und Sie schützen Ihre Investition.«
»Nein, wir sind einfach gern mit Ihnen zusammen, Mr. G.«
Er gab mir den Namen eines Diners am Berlin Turnpike, einer klassischen vierspurigen Gewerbestraße, die früher, vor dem Bau der Interstate, der Nord-Süd-Highway gewesen war. Obwohl sie erste Anzeichen der Erholung zu zeigen begann, war sie nach wie vor Heimat von billigen Motels, Waffengeschäften und Prostitution. Little Boy nannte mir den Zeitpunkt des Treffens und die Nische, in die Jenkins sich setzen sollte, diejenige neben der Schwingtür zur Küche, die, wie er mir versicherte, nicht besetzt sein würde.
Ich akzeptierte den Plan ohne Änderungen, da ich keinen besseren hatte. Es war immer noch gefährlich, aber ich hatte begonnen, ihm zu vertrauen. Außerdem hatte ich vor langer Zeit gelernt, wie dumm es war, echte Profis zu korrigieren.
Ehe er auflegte, gab Little Boy mir Jenkins Handynummer.
Eine seidige junge Männerstimme meldete sich. »Ja, was gibt’s?«
»Jenkins?«
»Am Apparat.«
»Mr. Boyanov sagte, ich solle Sie anrufen.«
»In der Tat. Wir haben einige gemeinsame Interessen, über die wir reden sollten.«
»Das ist richtig«, sagte ich. »Aber ich bin nur interessiert, wenn eine gewisse Partei, deren Name nicht genannt wird, involviert ist.«
»Das hängt davon ab, welche Vorteile die Arrangements für denjenigen haben, dessen Namen wir nicht nennen.«
»Er kennt das Potenzial. Ich schätze, er schaut es sich gerade an.«
»Schätzen ist nicht ratsam, Bruder. Wir müssen reden.«
»Wie sicher ist Ihr Handy?«
»Beleidigen Sie mich nicht.«
»Aber wir nennen keine Namen.«
»Dafür sind Treffen da«, sagte er.
Ich gab Little Boys ausführliche Anweisungen weiter und meinte, ich würde mich erst zeigen, wenn er Platz genommen und mindestens zehn Minuten gewartet hätte.
»Geht in Ordnung«, sagte er. »Ich hätte auch Angst vor mir.«
Wieder zu Hause, weihte ich Natsumi ein.
»Du machst Fortschritte«, sagte sie.
»Stimmt. Eines Tages stelle ich dir Little Boy Boyanov mal vor. Wir könnten ihn und seine Frau zum Essen einladen.«
»Vertraust du ihm?«
»Nein. Aber seinem Eigennutz.«
»Und ich vertraue dir«, sagte sie.
»Das freut mich, ich gebe mir nämlich Mühe, dich über alles zu informieren«, erwiderte ich, »obwohl ich etwas ausgelassen habe.«
»Wirklich.«
»Warte hier.«
Ich ging in mein Schlafzimmer und holte eine Auswahl der hübschen Freizeitkleidung, die ich bei Preston Nestor erstanden hatte – eine braune Seidenhose, einen Kaschmirblazer und ein blau-weiß gestreiftes Baumwollhemd.
»Bist du eine heimliche Schwuchtel?«, fragte Natsumi.
»Das ist Teil eines groß angelegten Plans. Ich wollte dir nichts verheimlichen, ich wusste nur nicht, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln würden.«
Ich erzählte ihr, was ich erreichen wollte. Natsumi war sehr gut darin, ihre Gedanken hinter einer unbewegten Miene zu verbergen, aber jetzt blitzte etwas wie Überraschung oder vielmehr Unglauben in ihren Augen auf.
»Mit anderen Worten, du willst alles, was du seit deinem Erwachen aus dem Koma getan hast, wieder rückgängig machen«, sagte sie.
»Ja, mehr oder weniger. Ich weiß nur sehr wenig über Austin Ott, aber ich habe Theorien aufgestellt. Er hat ein funktionierendes Geschäftsmodell, dessen Basis persönliche Anonymität ist. Davon wird er nicht abweichen, gleichgültig wie verlockend die Gelegenheit ist. Jedoch wird er eine Möglichkeit finden, über hochrangige Mittelspersonen einzusteigen, wenn er überzeugt ist, dass es sich lohnt. Aber einen längeren Prozess kann ich mir nicht leisten. Mit jedem Tag, der vergeht, bekommt meine Unverwundbarkeit Risse. Und die werden immer tiefer, womit die Wahrscheinlichkeit eines tiefen Bruchs steigt. Ich muss die Dinge beschleunigen, aber es ist schwierig, aggressiv zu operieren, ohne meine eigene Anonymität zu riskieren.«
»Eine Zwickmühle«, bemerkte Natsumi.
»Ich muss meine Taktik ändern, sowohl strategisch als auch geographisch. Shelly Gross hat mir versichert, er sei nicht besser als
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